
Die Versuchsanlage zur Elektrifizierung von Steamcrackern von Dow und Shell in Amsterdam. (Bild: Shell)
Das Spalten von Kohlenwasserstoffe in ihre chemischen Grundbausteine ist ein energieintensiver Prozess, bei dem bislang große Mengen an Kohlendioxid entstehen und emittiert werden. Grund dafür sind die fossil beheizten Spaltöfen. Gemeinsam mit Shell hat sich der Chemiekonzern Dow deshalb im Juni 2020 vorgenommen, die Steamcracker elektrisch zu beheizen. Nun haben beide Projektpartner in Amsterdam eine Versuchsanlage dafür in Betrieb genommen.
Im Laufe des nächsten Jahres soll die Versuchsanlage dazu dienen, ein theoretisches Elektrifizierungsmodell zu testen, das für die Nachrüstung heutiger gasbefeuerter Steamcracker-Öfen entwickelt wurde. Die von der Anlage erzeugten Daten werden zur Validierung des Modells verwendet und ermöglichen es dem Elektrifizierungsprogramm, in die nächste Phase einzutreten: die Planung und den Bau einer Multi-Megawatt-Pilotanlage, die vorbehaltlich der Investitionsförderung 2025 in Betrieb gehen könnte.
Thomas Casparie, Senior Vice President des Geschäftsbereichs Chemikalien und Produkte von Shell in Europa, sagte dazu am 16.06.: "Wir haben heute einen großen Schritt nach vorne gemacht, um zur Dekarbonisierung eines der zentralen Prozesse unserer Industrie beizutragen und gleichzeitig das Ziel von Shell zu unterstützen, bis 2050 ein Netto-Null-Emissions-Energieunternehmen zu sein. Ich freue mich auf die Ergebnisse der Versuchsanlage und auf die Fortsetzung dieser wichtigen Zusammenarbeit mit Dow."
"Dieser Meilenstein zeigt, dass kohlenstoffarme Produktionstechnologien in Reichweite sind", sagte Keith Cleason, Vice President Dow Olefins, Aromatics and Alternatives business. "Die Zusammenarbeit mit Shell hat das Potenzial, die Art und Weise, wie unsere Industrie in den kommenden Jahrzehnten Produkte herstellt, neu zu gestalten.
Im vergangenen Jahr hatte das Programm, an dem die Niederländische Organisation für Angewandte Wissenschaftliche Forschung (TNO) und das Institut für Nachhaltige Prozesstechnologie (ISPT) beteiligt sind, von der niederländischen Regierung eine Finanzierungszusage über 3,5 Millionen Euro erhalten.
Elektrifizierung hat großen Hebel für die Treibhausgasreduktion der Chemie
Die Förderung erfolgt im Rahmen des MOOI-Programms (Mission-driven Research, Development and Innovation subsidy). Steamcracker spielen auf dem Weg hin zu einer CO2-armen Chemieproduktion eine zentrale Rolle, denn Schätzungen zufolge summieren sich die aktuellen Kohlendioxid-Emissionen der globalen Chemieindustrie alleine aus Steamcrackern auf 300 Mio. t/a. Pro Tonne Ethen, das in Steamcrackern zum Beispiel aus dem Leichtbenzin Naphtha erzeugt wird, entstehen 692 kg CO2-Emissionen. Vor allem aufgrund der fossil befeuerten Spaltöfen: Die Spaltung des jeweiligen Kohlenwasserstoffs in einem Steamcracker geschieht unter Zugabe von Prozessdampf bei ca. 800 bis 850 °C. Kurze Verweilzeiten und ein durch Dampfzugabe geringer Partialdruck in Kombination mit einer schnellen Abkühlung des Spaltgases verhindern, dass die Spaltprodukte zu größeren Molekülen reagieren. Hier erfahren Sie alles zu den Grundlagen des Steamcrackens.
Der größte Effekt in Bezug auf die Emissionen von Treibhausgasen ist allerdings durch die Beheizung mit nachhaltig erzeugtem Strom anstelle fossiler Brennstoffe zu erwarten. Die Technologien dazu sind noch nicht vorhanden, werden aber derzeit von verschiedenen Kooperationspartnern (Dow/Shell oder BASF/Sabic/Linde) untersucht und entwickelt.
Multi-Megawatt-Pilotanlage geplant
Im nächsten Schritt wollen die beiden Unternehmen eine Multi-Megawatt-Pilotanlage bauen, die vorbehaltlich der Investitionsunterstützung 2025 in Betrieb gehen könnte. TNO soll dabei fundierte Kenntnisse im Bereich der Hochtemperatur-Wärmeübertragung einbringen und dabei helfen, innovative elektrische Technologien zu identifizieren, die in der Industrie eingesetzt werden könnten.
Im März 2021 hatte auch der Chemiekonzern BASF bekannt gegeben, gemeinsam mit Sabic und Linde an einem elektrisch beheizten Steamcracker-Ofen zu arbeiten. Entsprechende EU-Fördermittel vorausgesetzt, soll am Standort Ludwigshafen eine Multi-Megawatt-Demonstrationsanlage gebaut werden, die bereits 2023 in Betrieb gehen könnte. Den Bericht zu dem Vorhaben von BASF, Sabic und Linde finden Sie hier.
Engineering Summit 2022 adressiert Dekarbonisierung

Wie die Dekarbonisierung und der Trend zur Nachhaltigkeit den europäischen Anlagenbau verändern wird, ist Thema des kommenden Engineering Summit, der vom 20. bis 21. Juli 2022 in Darmstadt stattfinden wird. Unter dem Motto „Welcome to the new realities in plant engineering“ werden Führungskräfte aus dem europäischen Anlagenbau die aktuellen Entwicklungen der Branche diskutieren.
Im Zentrum steht die Frage, welche Chancen die globale Energietransformation für die Branche bietet. Denn klar ist: Ohne den verfahrenstechnischen Anlagenbau können Wasserstoff-Wirtschaft, Umstellung der Metallurgie-, Chemie- oder Zementindustrie auf grünen Strom und eine klimaneutrale Mobilität nicht gelingen. Gleichzeitig schaffen neue Verfahren und Prozesse enorme Chancen für technologie-getriebene Anlagenbau-Unternehmen, gleichzeitig allerdings auch enorme Herausforderungen im Hinblick auf eigene Investitionen zur Technologieentwicklung und Abwicklungskompetenz. Mehr Informationen unter www.engineering-summit.de
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