
Mit einer Produktionskapazität von 1,5 Mio. Tonnen Ethen pro Jahr ist der Steamcracker von Bourouge in Ruwais / Abu Dhabi der größte der Welt. (Bild: Linde)
Steamcracker sind in der Regel der Ausgangspunkt der Produktion (petro-) chemischer Grundstoffe. Beim Steamcracken (deutsch: Dampfspaltung) werden längerkettige Kohlenwasserstoffe wie Naphtha, aber auch Ethan, Propan und Butan, in kurzkettige oder ungesättigte Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Die in Europa betriebenen Steamcracker setzen überwiegend das in Erdölraffinerien aus Rohöl gewonnene Naptha als Rohstoff ein. Wesentliche Produkte des Spaltprozesses sind dabei Ethen (Ethylen), Pyrolysebenzin, Propen (Propylen), Methan, Butene, Butadien und andere. In den USA dagegen wird der Großteil dieser Anlagen dagegen mit Ethan betrieben. Ein Großprojekt für den Bau eines neuen Ethan-Crackers startete vor Kurzem in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Borealis investierte jüngst 4,5 Mrd. Euro für den Bau eines neuen Crackers am Standort Porvoo in Finland, der auch Recycling-Materialien als Rohstoff verarbeiten soll.
Wie arbeitet ein Steamcracker?
Die Spaltung des jeweiligen Kohlenwasserstoffs in einem Steamcracker geschieht unter Zugabe von Prozessdampf bei ca. 800 bis 850 °C. Kurze Verweilzeiten und ein durch Dampfzugabe geringer Partialdruck in Kombination mit einer schnellen Abkühlung des Spaltgases verhindern, dass die Spaltprodukte zu größeren Molekülen reagieren. Die Reaktion erfolgt in einem Rohrreaktor, dessen Rohrschlangen bis zu 80 m lang sein können. Das Rohr wird in einem Ofen durch Flammen beheizt, die Konstruktion des Rohrreaktors wird auf den Einsatzstoff (Feed) abgestimmt.
Der am Ende des Ofens austretende Produktstrom wird nach einer Öl- oder Wasserwäsche durch Rektifikation in verschiedene Fraktionen getrennt.
Wer betreibt die größten Steamcracker der Welt?
Große Steamcracker betreiben zum Beispiel
- Borouge (Joint Venture Borealis / Adnoc) in Abu Dhabi (1,5 Mio. t Ethen p.a.),
- BASF und Atofina in Texas (0,92 Mio. t Ethen p.A.)
- BASF in Antwerpen, Belgien (1,08 Mio. t. Ethen p.a.)
- BASF in Nanjing, China (1 Mio. t. Ethen p.a.)
- Sabic Europe, Geleen, NL (1,31 Mio. t. Ethen p.a.)
- Dow in Terneuzen, NL (565, 580 und 680 kt p.a.)

Welche Steamcracker sind in Deutschland in Betrieb?
- BASF in Ludwigshafen (zwei Steamcracker mit zusammen 620.000 t Ethen p.a.),
- Dow in Böhlen (565 kt Ethen p.a.)
- OMV in Burghausen (450 kt Ethen p.a.)
- BP Gelsenkirchen (1,073 Mio. t. Ethen p.a.)
- Ineos Olefins in Köln-Worringen (946 kt Ethen p.a.)
- Klesch in Heide (110 kt Ethen p.a.)
- LyondellBasell in Münchsmünster und Wesseling (400+305+735 kt p.a.)
- Shell in Wesseling (310 kt p.a.)

Warum sind Steamcracker für die Dekarbonisierung der Chemie wichtig?
Steamckracker spielen auf dem Weg hin zu einer CO2-armen Chemieproduktion eine zentrale Rolle. Sie sind der wichtigste industrielle Prozess zur Herstellung leichter Olefine. 90 % der CO2-Emissionen eines Steamcrackers entfallen auf die Beheizung des Spaltofens. Schätzungen zufolge ist Steamcracking ist für einen weltweiten Ausstoß von mehr als 300 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich. Pro Tonne Ethen werden durchschnittlich 11.470 MJ Energie eingesetzt und entstehen 692 kg CO2-Emissionen. Neben der Verbesserung des Wärmeübergangs und Maßnahmen zur Reduktion der Koksbildung ist vor allem der Einsatz nachhaltig erzeugter Energie ein Schlüssel zu einer erheblichen Reduzierung der CO2-Emissionen. Da Heiz- und Kühlvorgänge zentrale Elemente des Steamcracking-Prozesses sind, ist auch die Wärmerückgewinnung ein wesentlicher Hebel für die Einsparung von Treibhausgasen. Der größte Effekt in Bezug auf die Emissionen von Treibhausgasen ist allerdings durch die Beheizung mit nachhaltig erzeugtem Strom anstelle fossiler Brennstoffe zu erwarten. Die Technologien dazu sind noch nicht vorhanden, werden aber derzeit von verschiedenen Kooperationspartnern (Dow/Shell oder BASF/Sabic/Linde) untersucht und entwickelt. Erfahren Sie im CT-Bericht mehr zum Kooperationsprojekt Dow/Shell, hier geht es zur Meldung wie die Niederlande die Elektrifizierung der Steamcracker fördern und hier erfahren Sie wie es um die erste Versuchsanlage des Projekts steht.
Die BASF schätzt, dass sich durch die Umstellung der Spaltöfen von einer fossilen Befeuerung mit Erdgas auf eine Elektroheizung auf Basis regenerativ erzeugtem Strom (Grünstrom) rund 90 % der Treibhausgas-Emissionen eines Crackers vermeiden lassen. Lesen Sie im Bericht zur Kooperation BASF/Sabic/Linde wie Steamcracker in Ludwigshafen künftig mit grünem Strom betrieben werden sollen.
Warum haben Steamcracker Gasfackeln?
Gasfackeln sind ein wesentliches Sicherheitselement an Steamcrackern. Sie dienen dazu, überschüssige brennbare Gase, die bei Störungen oder im Anfahr- und Abfahrbetrieb entstehen, kontrolliert zu verbrennen. Da bei der Dampfspaltung hochreaktive Kohlenwasserstoffe verarbeitet werden, müssen unkontrollierte Gasfreisetzungen unbedingt vermieden werden. Die Fackelanlage gewährleistet, dass diese Gase thermisch sicher beseitigt werden – in der Regel durch eine offene Flamme, die weithin sichtbar ist. Neben dem Sicherheitsaspekt spielt auch der Umweltschutz eine Rolle: Durch die vollständige Verbrennung wird die Emission unverbrannter Kohlenwasserstoffe minimiert. Moderne Fackelsysteme sind zudem oft mit Dampfinjektionen oder Luftzufuhr ausgestattet, um eine rußarme Verbrennung zu ermöglichen.
Ein Beispiel ist die Gasfackel des Steamcrackers der BASF in Ludwigshafen: Zum einen dient sie, wie vorgeschrieben, als Sicherheitselement bei Störfällen. Doch nicht jedes Mal, wenn die Fakel brennt, ist eine Störung der Grund dahinter. Auch im Regelbetrieb kann das Abfackeln von Restgasen notwendig sein, etwa beim An- und Abfahren der Anlage oder während stattfindender Wartungsarbeiten. Da der Fackelbetrieb insbesondere nachts sehr auffällig ist und durch Licht und Lärm die Anwohner in der Umgebung beeinträchtigen kann, informiert das Unternehmen in der Regel auf seiner Website, wann die Fackel in Betrieb ist und warum.