LNG-Import

(Bild: Höegh LNG)

Was ist LNG?

LNG steht für Liquid bzw. Liquefied Natural Gas, also flüssiges oder verflüssigtes Erdgas. Wo keine Transportmöglichkeit per Pipeline besteht, ist das Verflüssigen eine effiziente Alternative für den Gastransport. Das Erdgas wird hierfür entschwefelt und gereinigt, und anschließend abgekühlt. Bei Temperaturen unterhalb von rund -160 °C wird es flüssig; die exakte Temperatur hängt dabei von der Zusammensetzung des Erdgases ab. Der Siede- und Kondensationspunkt des Hauptbestandteils Methan liegt bei -161,5 °C. Erdgas im flüssigen Zustand nimmt gut 600mal weniger Volumen in Anspruch und lässt sich entsprechend effizienter in geeigneten Tankschiffen lagern und transportieren.

Warum brauchen wir LNG-Terminals?

Um wegfallende Gaslieferungen aus Russland zu ersetzen. Bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine hat Deutschland hat seinen Gasbedarf nahezu ausschließlich mit russischem Gas gedeckt. Diese Versorgung per Pipeline im Zuge des Konflikts mit Russland ist durch wechselseitige Sanktionen zum Erliegen gekommen. Der russische Staatskonzern Gazprom gibt außerdem „technische Gründe“ an, aus denen etwa durch die Ostsee-Pipeline Nordstream 1 kein Gas mehr fließt. Die umstrittene Leitung Nordstream 2 hat den Betrieb gar nicht erst aufgenommen. Gas aus anderen Quellen gilt als die schnellste und sicherste Möglichkeit, die Energieversorgung sicherzustellen und Engpässe zu vermeiden.

Was machen LNG-Terminals?

Ein Ersatz für die Versorgung per Pipeline sind Gaslieferungen per Schiff. Diese Gastanker liefern jedoch kein Gas, sondern LNG, das sich nicht direkt in das deutsche Gasnetz einspeisen lässt. Das verflüssigte Gas muss zunächst wieder in den Gaszustand umgewandelt werden. Das klingt zwar recht einfach, aber bei diesem Prozess sind genau wie bei der Verflüssigung große Druck- und Temperaturunterschiede im Spiel. Aus diesem Grund benötigen LNG-Tankschiffe spezialisierte Anlegestellen, die über geeignete Anschlüsse und Lager sowie Einrichtungen verfügen, um LNG zu „regasifizieren“, also in nutzbares Gas umzuwandeln. Als Anleger kommen feste Terminals oder schwimmende Spezialschiffe in Frage.

Was bedeutet FSRU?

FSRU steht für Floating Storage and Regasification Unit, also eine Schwimmende Einrichtung zur Lagerung und Regasifizierung. Dabei handelt es sich um Spezialschiffe, die über die nötige Infrastruktur eines LNG-Terminals verfügen und an denen Gastanker anlegen können. FSRU sind in der Regel über Rohrleitungen mit dem Festland verbunden und bewegen sich während des Betriebs nicht. Für die deutschen LNG-Terminals dienen gecharterte FSRU als Lösung, weil sie wesentlich schneller einzurichten sind als der Neubau eines fest installierten Terminals.

Wo stehen die deutschen LNG-Terminals?

In Deutschland sind derzeit vier LNG-Terminals geplant. Davon hat das erste in Wilhelmshaven bereits den Betrieb aufgenommen. Das dort installierte Schiff „Hoegh Esperanza“ ist eine FSRU mit einer Lagerkapazität von 170.000 m3 Gas und soll 5 Mrd. m3/a ins deutsche Gasnetz pumpen. Betreiber ist der Energiekonzern RWE, der das Schiff im Auftrag der Bundesregierung von der norwegischen Reederei Hoegh chartert.

Für das geplante LNG-Terminal in Lubmin an der Ostsee ist das Schiff „Neptune“ bereits vor Ort. Die für Dezember 2022 geplante Inbetriebnahme dieser FSRU hat sich jedoch verzögert. Weitere geplante Standorte für schwimmende LNG-Terminals sind Stade und Brunsbüttel, auf gegenüberliegenden Ufern der Elbe

Was spricht gegen LNG-Terminals?

Erdgas ist ein fossiler Energieträger, und trotz aller Argumente zum „sauberen“ Erdgas setzt es nach wie vor Kohlendioxid-Emissionen frei. Der Ausbau der Infrastruktur für fossile Energiequellen widerspricht dem Bestreben nach klimafreundlicher Energieversorgung und gesenkten Treibhausgas-Emissionen.

Umweltverbände kritisieren außerdem die Belastung der küstennahen Lebensräume durch ins Meer geleitete Biozide. Diese sind erforderlich, um die Terminals beispielsweise gegen Algenbewuchs zu schützen und so die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Gegen den Betrieb des LNG-Terminals Wilhelmshaven hat die Deutsche Umwelthilfe wegen des im Terminalbetrieb eingeleiteten Chlors eine Klage eingereicht.

Welche Alternativen zu LNG gibt es?

Da wären zum einen erneuerbare Energien wie Solar-, Wind und Wasserkraft. Diese erfordern allerdings eine gänzlich andere Infrastruktur als die bestehenden Gasnetze. Daneben gibt es noch andere Energieträger der Zukunft, die ebenfalls über Tankschiffe transportiert werden können und ähnliche Terminals erfordern. Dazu gehören Wasserstoff, Ammoniak und sogenannte flüssige, organische Wasserstoff-Träger (Liquid Organic Hydrogen Carrier, LOHC). Hier finden Sie weitere Details zu diesen Energieträgern. Dem massiven Ausbau zur Produktion und Nutzung von Wasserstoff in zahlreichen Projekten haben wir außerdem eine Fokusseite gewidmet.

Können LNG-Terminals auch Wasserstoff verarbeiten?

Nein. Wasserstoff ist deutlich anspruchsvoller und reaktiver als Erdgas, und erfordert extremere Temperaturen und Drücke in der Handhabung. Anlagenbauteile wie Rohre, Dichtungen und Armaturen müssen darum aus speziellen, für Wasserstoff geeigneten Werkstoffen bestehen. Das Umrüsten eines LNG-Terminals auf Wasserstoff ist zwar theoretisch denkbar, kommt aber praktisch einem Neubau der Anlage gleich. Ähnliches gilt für die Umstellung von Gasnetzen.

Der Autor

Portrait Ansgar Kretschmer
(Bild: CHEMIE TECHNIK)

Ansgar Kretschmer wurde bei einer atmosphärischen CO2-Konzentration von rund 339 ppm geboren und hat sich in diesem Text um eine neutrale Darstellung bemüht, macht aber keinen Hehl aus seiner Meinung, dass fossile Energieträger am besten im Boden bleiben sollten: „Ich kann zähneknirschend akzeptieren, dass die Versorgungssicherheit möglichst schnell gesichert werden muss. LNG könnte ich darum als kurzfristigen Bestandteil einer Lösung hinnehmen, wenn der gleiche Enthusiasmus und ein vergleichbares Budget auch in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen würden. Davon ist in der deutschen und europäischen Politiklandschaft derzeit jedoch viel zu wenig erkennbar.“

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