Ausbildung in der chemischen und pharmazeutischen Industrie - hier beim Bildungsdienstleister Provadis in Frankfurt-Höchst.

Ausbildung in der chemischen und pharmazeutischen Industrie - hier beim Bildungsdienstleister Provadis in Frankfurt-Höchst. (Bild: Provadis)

Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet die Gewerkschaft 631 angebotene Stellen und somit knapp sieben Prozent mehr. Da gleichzeitig aber auch die Quote der unbesetzen Stellen steigt, stagniert die Zahl der tatsächlich besetzten Ausbildungsplätze. Tarifvorstand Oliver Heinrich betont: „Wir verzeichnen das höchste Angebot an Ausbildungsplätzen seit 20 Jahren, seitdem der erste Tarifvertrag zur Ausbildung in Kraft getreten ist. Das ist ein positives Signal.“ Die Unternehmen boten in den vergangenen Jahren durchschnittlich 9.234 Ausbildungsplätze pro Jahr an. Ebenfalls auf einem Höchststand bewegt sich in diesem Jahr die unbefristete Übernahme der Auszubildenden: Wie schon im Vorjahr wurden 94 Prozent nach erfolgreichem Abschluss übernommen, 63 Prozent (2022: 59 Prozent) von ihnen unbefristet. „Das bedeutet, dass zumindest ein Teil der Unternehmen mehr und mehr versteht, dass sie die Beschäftigten, die sie haben, halten müssen“, hebt Heinrich hervor.

"Unternehmen müssen Ausbildungskapazitäten ausbauen"

Das allein reiche aber nicht: Auf 585.000 Beschäftigten in der Branche kommen insgesamt rund 25.000 Auszubildende in allen Jahrgängen zusammen. Genau so viele werden in sehr naher Zukunft demografiebedingt jedes Jahr aus dem Berufsleben ausscheiden. „Um diese Entwicklung aufzufangen, müssten die Unternehmen deutlich mehr ausbilden als jetzt", sagt Heinrich. "Wir brauchen deshalb eine noch größere Kraftanstrengung für mehr Auszubildende in der Chemieindustrie. Die Unternehmen müssen ihre Ausbildungskapazitäten ausbauen und mehr investieren." Eine Entwicklung ist aus IGBCE-Sicht in diesem Zusammenhang besonders bedenklich: Die Besetzungsquote der angebotenen Ausbildungsplätze ist weiter gesunken, die Nicht-Besetzungsquote liegt im zweistelligen Bereich.

„Die hohe Zahl nicht besetzter Ausbildungsplätze stellt einen traurigen Negativrekord dar“, so Alexander Bercht, im IGBCE-Vorstand für das Thema Jugend und Ausbildung zuständig. „Die Unternehmen müssen endlich ihre Hürden bei Einstellungs- und Bewerbungsverfahren abbauen, um leichter Auszubildende zu gewinnen.“ Durch unnötig schwere und mehrstufige Eignungstests verschärfe sich der Mangel an qualifizierten Beschäftigten, auf die die Betriebe dringend angewiesen seien, zusätzlich. Bercht betont: „Das kann sich die deutsche Wirtschaft nicht erlauben.“ Fokus und Kurs blieben daher klar: „Wir müssen und wir werden weiter gegenüber der Politik und vor allem gegenüber den Unternehmen für mehr Ausbildungsplätze kämpfen und dafür sorgen, dass diese auch besetzt werden!“

Regionale Unterschiede im Ausbildungsangebot

Die Förderprogramme „Start in den Beruf“ und „StartPlus“, speziell für kleine und mittlere Unternehmen, von IGBCE und Chemie-Arbeitgebern machen leistungsschwächere Schulabgänger*innen fit für die Ausbildung. Auch hier beobachtet die Gewerkschaft rückläufige Zahlen: Seit dem Start im Jahr 2000 haben „Start in den Beruf“ 5.925 junge Menschen die Programme durchlaufen. Im Förderjahr 2022/2023 wurden 245 Teilnehmende in 13 Unternehmen gefördert, 85 Prozent von ihnen schlossen die Maßnahme erfolgreich ab. Das Programm „StartPlus“ beendeten 23 Teilnehmenden erfolgreich. Durch das Programm „AusbildungPlus“, das die Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen stärken soll, wurden 73 junge Menschen in 23 Unternehmen gefördert. Die Programme werden aus dem paritätisch verwalteten Fond des Unterstützungsvereins der chemischen Industrie (UCI) finanziert.

Insgesamt sind gut 25.000 junge Menschen in einer Ausbildung in einem der etwa 50 Berufe in der pharmazeutisch-chemischen Industrie. Sie absolvieren zum Beispiel eine Ausbildung als Chemikant*in, Industriekauffrau*mann, Industriemechaniker*in, Elektroniker*in oder Fachinformatiker*in. Bei dem Ausbildungsangebot gibt es regionale Unterschiede: Viele Ausbildungsplätze entfallen auf die großen Chemie-Standorte am Nordrhein, in Rheinland-Pfalz und in Hessen.

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