
(Bild: Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF)
Der Ausgang möglicher Beschränkungen der "Ewigkeitschemikalien" durch die ECHA ist noch nicht vollständig absehbar. Dennoch wollen viele Anwender und Compoundeure bereits jetzt „PFAS-freie“ Compounds entwickeln und anbieten. PFAS-haltige Additive sind vor allem im Bereich der Verarbeitungshilfsmittel sowie tribologischer und flammgeschützter Compounds im Einsatz. In diesen Anwendungen erfüllen die fluorhaltigen Additive bestimmte Funktionen und sind häufig schwer zu substituieren, oftmals sind Kompromisse unerlässlich.
Am Beispiel flammgeschützter Compounds ist es einerseits die Funktion als Antitropfmittel. Hier wird häufig PTFE für Polyamide, Polycarbonate, PC/ABS, Polybutylenterephthalat eingesetzt. Anderseits werden hocheffiziente Flammschutzmittel, wie Perfluorobutansulfonat in Polycarbonaten oder fluorhaltige Farbpigmente zum Einfärben von Compounds eingesetzt. Hierbei handelt es sich zudem meist um niedermolekulare PFAS-Verbindungen, die Forschende des Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF als nochmals sensibler einschätzen als die hochmolekularen PFAS wie PTFE. Unabhängig davon, ob die PFAS nieder- oder hochmolekular sind, sind Substitute nötig. Vielfach sind diese Substitutionen nicht 1:1 möglich, da das spezielle Eigenschaftsportfolio und das chemisch-physikalische Verhalten der Fluorverbindungen für die entsprechende Wirkweise verantwortlich ist. Im vorgeschlagenen Verbundprojekt CompoPFAS wollen die Frauhofer-Wissenschaftler darum am Beispiel flammgeschützter Compounds die Wirkweise der Fluorpolymere und ihrer möglichen Substitute besser zu verstehen, und daraus die Entwicklung neuartiger flammgeschützter Compounds ermöglichen.
Projektschwerpunkte & Vorgehensweise
In dem Projekt sollen zunächst die wesentlichen Schwerpunkte aus dem Kreise der Teilnehmer erfasst werden. Es werden dabei die für die Teilnehmer relevantesten Kunststoffe bzw. Polymertypen (z.B. PA, PC, PBT) definiert und die Schwerpunkte (Antitropfmittel, Flammschutzmittel und/oder Pigment) für das Vorhaben präzisiert und fokussiert. Auf Basis dieser Informationen werden bekannte Wirkzusammenhänge der fluorhaltigen, zu substituierenden Vertreter (Antitropfmittel, Flammschutzmittel, Pigmente) aus der Literatur zusammengetragen und bewertet. Daran anschließend wird die offene und Patentliteratur hinsichtlich berichteten, fluorfreien Alternativmaterialien durchsucht und eingeordnet. Soweit verfügbar, werden insbesondere berichtete Zusammenhänge zwischen Struktur und Wirkweise bzw. Wirkmechanismus sowohl für die fluorhaltigen Zusammensetzungen als auch für mögliche, berichtete Substitute zusammengetragen und bewertet. Aus diesen Recherchen werden aussichtsreiche Ansätze und Formulierungen abgeleitet, die in der folgenden Projektphase iterativ auf Wirksamkeit überprüft werden. Zudem erfolgen Untersuchungen zur Wirkweise der gefundenen Substitute im Vergleich zu ihren fluorhaltigen Pendants, um Struktur-Eigenschaftsbeziehungen ableiten zu können.
In bis zu vier aufeinanderfolgenden Compoundier- und Spritzgusskampagnen (à 12 Compounds) werden mögliche Zusammensetzungen im Vergleich zu fluorhaltigen Referenzen hergestellt und charakterisiert. Der Fokus liegt vor allem auf dem Brandverhalten nach UL-94, LOI, ggf. ergänzt durch Cone Kalorimetrie an ausgewählten Compounds und einzelne Zug-Dehnungs-Untersuchungen (je nach anfänglich gesetzten und abgestimmten Schwerpunkten ggf. auch Farbe und Glanz). Zur Abklärung der Wirkweise der Flammschutzmittel werden weitere Untersuchungen wie die thermogravimetrische Analyse (TGA) oder Mikroskopie (z.B. Rasterelektronenmikroskopie) eingesetzt. Schließlich werden den Teilnehmern Handlungsempfehlungen zu möglichen Substituten, deren Bestandteilen, deren Wirkweise und möglichen Einschränkungen ausgesprochen.
Interessenten finden den Kontakt zur Projektleitung sowie Teilnahmebedingungen auf der Informationsseite des Instituts zum Verbundprojekt CompoPFAS.