November 2011

Effizient filtrieren
  • Energieeffizienz beim Filtrieren beginnt bei der Auslegung des Prozesses und der Filterlösung.
  • Bei der Entstaubung und Produkttrennung aus der Gasphase geht der Trend zu immer größeren und kompakteren Filtern.
  • Gegenüber dezentralen Lösungen lässt sich die Entstaubung insbesondere mit zentralen Anlagen effizient bewerkstelligen.
  • Im Betrieb sollte der Druckverlust über die Standzeit möglichst konstant und möglichst niedrig sein. Dies setzt effiziente Abreinigungstechniken voraus.

Ob Druckluftfiltration, Entstaubung oder Fest-Flüssig-Trennung – Filtrationsprozesse kosten Energie. Denn strömt eine Phase – Gas oder Flüssigkeit – durch ein Filtermedium, entstehen Reibungsverluste, der sogenannte Druckverlust (Delta p). Und wenn sich im Verlauf des Filtrationsprozesses auf dem Filter eine Feststoffschicht aufbaut, wird der Druckverlust mit der Zeit immer größer. Um diese Verluste zu überwinden, müssen bei Flüssigprozessen Pumpen und bei der Abscheidung aus Gasphasen Gebläse die notwendige Energie liefern. Betrachtet man allein die in raumlufttechnischen Anlagen eingesetzten Ventilatoren, die ebenfalls dazu dienen, um Druckverluste an Filtern zu überwinden, wird geschätzt, dass diese in Europa zwischen 10 und 20 % der im industriellen und gewerblichen Bereich eingesetzten Energie konsumieren.
Gerade bei der Filtration von Druckluft und beim Abscheiden von Stäuben sind zum Teil enorme Volumenströme zu bewegen – mit dem entsprechend hohen Energieaufwand. Und hier wird aufgrund steigender Anforderungen immer mehr filtriert. „Aufgrund immer weiter sinkender Emissionsgrenzwerte sind heute hocheffiziente Filteranlagen gefragt“, verdeutlicht Theo Schrooten, technischer Leiter bei Intensiv-Filter die Situation. Kein Wunder also, wenn die Energiekosten von Filtersystemen immer stärker in den Blickwinkel der Prozessbetreiber geraten. Schrooten: „Die Minimierung des Energieverbrauchs der Gesamtanlage und damit auch des Filters, ist heute einer der wichtigsten Punkte bei der Entscheidung, welches Equipment eingesetzt wird. Darüber hinaus haben in der Industrie die zu entstaubenden Luft- und Gasmengen in den letzten Jahren erheblich zugenommen.“

Trend zur Nachhaltigkeit treibt
das Energiebewusstsein

Doch es sind nicht nur die steigenden Energiekosten, die das Thema Energieeinsparung treiben. „Auch die nachhaltige Produktion in der gesamten Prozesskette gewinnt immer mehr an Bedeutung“, stellt Heiner Carstensen, Geschäftsführer bei Donaldson Filtration Deutschland, fest und verweist auf die Selbstverpflichtung einiger Unternehmen der Chemieindustrie, ihren CO2-Footprint zu senken. Bei Donaldson hat man Anwendungen und Einsparpotenziale analysiert: Demnach lassen sich beispielsweise bei Filtern für Druckluftleitungen bei einer Durchflussleistung von 1.100 m3/h jährlich über 1.500 Euro an Energiekosten einsparen, wenn der Differenzdruck mit effizienteren Filtern um 200 mbar gesenkt werden kann.
Die Maßnahmen, mit denen sich die Effizienz von Filtrationsprozessen steigern lassen, sind vielfältig. „Generell lässt sich sagen, dass ein geringerer Differenzdruck an der Filterpatrone zu einem geringeren Energiebedarf führt“, erläutert Denis Ruf vom Produktmanagement im Bereich Luftreinhaltung bei Mahle. Was einfach klingt, hat in der Praxis zahlreiche Facetten. „Beim Thema Energieeffizienz muss man das Gesamtsystem sehen. Dazu gehören Abreinigungszyklen sowie konstante Betriebsbedingungen, damit der Energieverbrauch nicht über die Lebensdauer ansteigt“, verdeutlicht Dr.-Ing. Hans-Joachim Adlhoch, Prokurist bei Herding Filtertechnik. Und hier spielt neben der eingesetzten Filtertechnik die Prozessführung eine entscheidende Rolle: Wie können konstante Betriebsbedingungen erreicht werden? Lassen sich nasse und klebrige Stäube nur per Wäscher abscheiden, oder kommen auch Filterlösungen in Frage? Und: Wie sieht die Wärmebilanz des Prozesses aus? Kann beispielsweise durch den Einsatz von Heißgasfiltern auf Kühl- und Aufheizstufen verzichtet werden? Wie lässt sich die Abscheideleistung einer Filterstufe so weit steigern, dass die gewünschte Abluftqualität in einem einzigen Schritt erreicht werden kann?

Zahlreiche Lösungen, um die
Energieeffizienz zu steigern

Um diese Fragen zu beantworten und die Energieeffizienz von Filtersystemen zu erhöhen, haben sich die Anbieter einiges einfallen lassen. Das geht bei der Auslegung los und hört bei Filteroberflächen und -medien noch längst nicht auf. So berichtet Dr. Hans-Joachim Adlhoch beispielsweise von einem Praxisfall, bei dem mit Hilfe einer Strömungssimulation eine Abzugshaube neu konstruiert wurde. In Kombination mit dem Einsatz eines hocheffizienten Sinterlamellenfilters sowie der Rückführung eines Teilstroms des gereinigten Gases konnte die Absaugluftmenge gegenüber konventioneller Auslegung halbiert werden. Die Folge: signifikante Energieeinsparungen.
Auch bei Intensiv-Filter bedient man sich Softwaretools, um die Effizienz von Filteranlagen bei der Auslegung und im späteren Betrieb zu erhöhen: „Unser Expertensystem Proexpertise ermöglicht es, durch Festlegung und Vergleich von Betriebsparametern von bestehenden und neuen Filteranlagen in Bezug auf die elektrische Energie einen optimalen Betriebspunkt zu ermitteln“, erklärt Theo Schrooten. „Aus Anwendersicht ist die Dimensionierung der Filter sowie die Auswahl des richtigen Mediums entscheidend. Man sollte hier nicht nach dem Motto „Viel hilft viel“ vorgehen, sondern gezielt die Qualitätsklasse „erfiltern“, die der jeweilige Prozess oder das jeweilige Antriebselement fordert“, weiß Heiner Carstensen. Um einen möglichst niedrigen Druckverlust zu erreichen, kommt es neben der richtigen Dimensionierung der Filter und der Strömungsführung im Filtergehäuse vor allem auf die Auswahl des richtigen Filtermediums an.
Bei der Entstaubung und Produkttrennung aus der Gasphase geht der Trend zu immer größeren und – um Aufstellfläche zu sparen – immer kompakteren  Filtern. Bei Schlauchfiltern, wie sie von Intensiv-Filter angeboten werden, bedeutet dies immer längere Filterschläuche: „Während des letzten Jahrzehnts wurden als Stand der Technik für z. B. Prozessfilter in der Zementindustrie Schlauchlängen von acht Metern etabliert. Schlauchlängen von über acht Metern sind der heutige Stand der Technik“, berichtet Schrooten.
Herding setzt zur Entstaubung auf kompakte Sinterlamellenfilter. Häufig lässt sich mit diesen die Effizienz erhöhen, indem „historisch gewachsene“ und auf mehrere Stellen verteilte Filtersysteme zentral zu einer Entstaubungsanlage zusammengefasst werden. „Zentralisierte Staubentsorgungssysteme sparen gegenüber Einzelaustragsystemen Aufwand und reduzieren das Risiko“, erklärt Dr. Hans-Joachim Adlhoch. Gerade im Hinblick auf die Energieeffizienz ist die Abscheideleistung des Filters ein wichtiges Auswahlkriterium: Kann durch den Einsatz eines hocheffizienten einstufigen Filtersystems auf die Abscheidung in mehreren Stufen verzichtet werden, ist der Gesamt-Druckverlust deutlich geringer. „Unsere Filter weisen bereits in der ersten Stufe Hepa-Qualität auf“, verdeutlicht Adlhoch. Um thermische Energie zu sparen, hat der Hersteller Heißgasfilter entwickelt, die Temperaturen bis 450?°C standhalten und es damit erlauben, auf eine Zwischenkühlung zu verzichten. Außerdem ermöglichen es Pre-Coatierungssysteme, dass auch zum Verkleben neigende Stäube und Aerosole trocken abgeschieden werden können.
„Mit unserer Powercore-Technologie können Anwender den Bauraum um bis zu 70 Prozent reduzieren und Energie sparen“, stellt Andreas Kiy, Director IAF Central & East Europe, Donaldson, fest und verweist ebenfalls auf die hohe Oberflächen-Filtrationsleistung des auf Nanofasern basierenden Filtermaterials (Ultra Web).
Bei Mahle sieht man einen Trend zu Polyester- und Zellulosemedien mit verschiedenen Veredelungen sowie speziellen Faltenbeabstandungstechniken, mit dem Ziel einer hohen Beständigkeit und großen Filterflächen.

Konstanter Differenzdruck: Auf die
Abreinigungstechnik kommt es an

Ist die Filteranlage installiert, sollte im Betrieb der Fokus darauf liegen, den Differenzdruck eines Filters über die gesamte Lebenszeit des Filters möglichst konstant zu halten. Dazu dienen unter anderem Abreinigungstechnologien, die in jüngster Zeit mehr und mehr perfektioniert werden. „Ziel einer effizienten Abreinigung muss es sein, wieder möglichst nahe an den Anfangsdifferenzdruck zu kommen“, verdeutlicht Denis Ruf. Bei Mahle werden beispielsweise einfach zu installierende konische Filterelemente mit einer Rotationsluftdüse kombiniert, die für eine gleichmäßige und effektive Filterabreinigung bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten sorgt.
Donaldson setzt bei seinen abgerundeten Powercore-Filter-Packs ein speziell darauf abgestimmtes Impulsabreinigungssystem ein, mit dem abgeschiedener Staub aus den wellenförmigen Kanälen hinausgeblasen wird. „Die Kombination aus Filter und Impulsabreinigung führt zu einer hohen Filterleistung bei geringen Druckverlusten“, erklärt Heiner Carstensen.
„Die installierte Abreinigungstechnologie und die Betriebsart spielen eine Schlüsselrolle, wenn sehr lange Filtermedien eingesetzt werden sollen“, erklärt Theo Schrooten und verweist auf unterschiedliche Injektortypen, mit denen die Reinigungsleistung bei Schlauchfiltern an die jeweilige Anwendung angepasst werden kann. Schrooten: „Bei der ,idealen Düse‘ ist die Auslass-Geometrie optimiert, um einen effektiven Jet-Pulse und die Ausbildung eines Freistrahls zu erreichen. Der zweistufige Coanda-Injektor leitet die Druckluft durch einen Ringspalt und erreicht hohe Druckgradienten und Beschleunigungskräfte sowie einen hohen Anteil an sekundärer Luft. Durch die Abstimmung der technischen Komponenten auf die Filtrationsaufgabe lassen sich Energieeinsparungen um 40  Prozent realisieren.“
Herding hat seine Sinterlamellenfilter als Starrkörper aufgebaut. „Dadurch werden zur Abreinigung lediglich Druckluft-Pulswellen von wenigen Millisekunden bei niedrigem Druckniveau benötigt. So reduziert sich der Druckluftverbrauch gegenüber konventionellen Systemen deutlich“, stellt Dr. Hans-Joachim Adlhoch fest.
Einen interessanten Ansatz hat Schenck Process mit seinem MCF-Filtersystem der britischen Tochtergesellschaft Clyde Process vorgestellt: Hier werden die eingesetzten Schlauchfilter nicht mit Druckluft (6 bis 7 bar), sondern mit großen Volumenströmen aber lediglich 0,5 bar Druck gereinigt. „Viel Luft bei niedrigem Druck einzusetzen,  ist viel günstiger als die Reinigung bei hohem Druck“, verdeutlicht Tony Hopkins, Verkaufsleiter bei Clyde Process. In der Praxis werden so je nach Anwendung gegenüber anderen Filteranlagen Einsparungen von 30 bis 50 Prozent erreicht.
Fazit: Der Energieeffizienz von Filtersystemen kommt in industriellen Prozessen bereits heute eine hohe Bedeutung zu und diese wird noch weiter steigen. Neben den Filtermaterialien, neuen Gehäusekonstruktionen und Abreinigungssystemen darf allerdings nicht vergessen werden, dass die richtige Auslegung und Prozessführung ebenfalls Schlüssel zur Energieeffizienz sind. Und: optimale Filterlösungen resultieren immer aus einer Betrachtung des Gesamtsystems und der Auswahl und Abstimmung der eingesetzten Filtertechnik auf die spezifische Anwendung.

Interview mit Dr. Cristoph Thiemig, Application Manager Microsoft Nadir

„Individuelle Lösungen sind der Schlüssel“
CT: Welche Anwendungstrends bzw. aktuellen Anforderungen der Betreiber bewegen derzeit die Flüssigfiltration?

Thiemig: Aus unserer Sicht sind es vor allem die sogenannten Membranbelebungsverfahren und Membranbioreaktor-Anlagen (MBR). In diesem Zusammenhang stehen besonders die Themen „Energieeffizienz“ im Vordergrund und die hohen Anforderungen in Bezug auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit. Das kann durch eine Reduzierung  der eingesetzten Chemikalien erreicht werden.

CT: Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Maßnahmen, mit denen die Energieeffizienz von Filtern gesteigert werden kann?
Thiemig: Der Schlüssel liegt in der Entwicklung individueller Prozesslösungen sowie in der Weiterentwicklung bestehender Produkte mit dem Fokus auf einem energieminimierten Betrieb.

CT: Welche aktuellen Lösungen und Services bieten Sie an, um die Energieeffizienz von Filteranlagen zu steigern?
Thiemig: Wir bieten das Membranbelebungsverfahren –  MBR-Verfahren – an, bei dem die getauchten Bio-Cel-Membranmodule die flächenintensiven Nachklärbecken ersetzen und das gereinigte Abwasser sicher von der Biomasse trennen. Mit dem eingesetzten Bio-Cel-Laminat sind wir in der Lage, den Durchschnittsfluss dauerhaft auf hohem Niveau zu halten. Durch feinblasige Crossflowbelüftung erreichen wir einen sehr hohen Sauerstoffeintrag, gleichzeitig führen wir den sauerstoffgesättigten Schlamm zurück, was niedrige Gebläseleistung ermöglicht. Außerdem ist es durch hydrodynamisch optimierte Laminattaschenränder möglich, die Crossflowbelüftung zu verringern und Gebläseenergie einzusparen. Eine weitere Maßnahme ist die Entfernung der sich bildenden Deckschicht mit MCP-Granulaten. Dadurch werden deutlich höhere spezifische Flüsse erreicht als bei konventionellen Verfahren. Das senkt den Investitionsbedarf, da weniger Membranfläche notwendig ist. Außerdem sinkt der Energieverbrauch des Gesamtsystems um 30 bis 50 Prozent.

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Unternehmen

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