CT-Spotlight: Aussitzen ist auch keine Lösung
Die deutsche Industrie wartet auf bessere Zeiten – und verpasst die Gegenwart. Irgendwas ist immer, darum sind Mut und Ideen gefragt, um die chronische Unsicherheit der vernetzten Welt in Fortschritt zu verwandeln.
(Bild: Diane Diederich – stock.adobe.com)
„Für die Zukunft dieses Landes sehe ich schwarz.“ Ein fiktives Zitat, das sowohl jemand von der CDU nach den Kommunalwahlen in NRW gesagt haben könnte als auch der Geschäftsführer eines deutschen Chemiekonzerns. Dabei hatten wir uns doch murrend darauf geeinigt, dass zukünftig eher grüne Lösungen notwendig sind. Grün wie grüner Ammoniak oder grüner Wasserstoff oder erneuerbare Energie. Aber obwohl diverse solcher Projekte angekündigt sind, ist dafür nur selten schon die finale Investitionsentscheidung getroffen. Die Entscheider kommen nicht aus dem Quark – oder wollen es vielmehr nicht, denn eine Entscheidung zu treffen, ist mit dem Risiko verbunden, falsch zu liegen und sich unbeliebt zu machen. Bei ewigem Zaudern hingegen kann man sich hinter dem Einwand verstecken, besonders verantwortungsvoll zu sein, indem man versucht jegliche Unwägbarkeit – der Definition zum Trotz – abzuwägen.
Warten auf Godot
Aber im Volksmund heißt es nicht umsonst: „Irgendwas ist immer.“ Eine der negativen Konsequenzen der globalisierten Welt ist, dass der sprichwörtliche Sack Reis, der in China umfällt, nun doch Auswirkungen auf uns in Deutschland haben kann. In einer so vernetzten Welt passieren diverse Ereignisse parallel, die sich wiederum auf die Industrie hierzulande auswirken. Irgendwo anders werden immer bessere Bedingungen sein, irgendein Extremereignis wie Krieg oder eine blockierte Meerenge werden sich auf Lieferketten auswirken und irgendwo werden Personen in Machtpositionen sein, von denen selbst der kühnste Politthriller-Autor sich nicht hätte ausmalen können, diese dort hineinzuschreiben.
Macht man Entscheidungen also davon abhängig, kommt man zu nichts. Denn die guten alten Zeiten werden nicht zurückkommen, egal wie oft und lang darüber diskutiert wird, wie viel vorhersagbarer, einfacher und profitabler es war. Nimmt man diese Tatsache als gegeben an, kann man sich sagen, wenn ich die Situation nicht ändern kann, kann ich stattdessen meine Energie in Ideen fließen lassen, wie ich mit der Lage umgehe. Deutschland war mal das Land der Dichter und Denker, aktuell ist es eher das Land der Abwartenden.