Fördermittel von Staat und Bund

Steinig oder nicht? Wie schwer es wirklich ist, Fördermittel von Staat und Bund zu erhalten, das berichtet ein KMU aus der Kunststoffverarbeitung. (Bild: magele-picture – AdobeStock)

Wer hat denn an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät?“ Gerade in der digitalen Welt rasen die Entwicklungen mit einem immer schnelleren Tempo. Da ist es für klein- und mittelständische Unternehmen (KMUs) eine große Herausforderung, mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Dabei sollen Förderprogramme von Bund und Land helfen. Aber kann ein KMU den Aufwand für diese Förderprogramme überhaupt schaffen? Das Unternehmen Walther Wolf mit Sitz in Wendelstein hat es ausprobiert und mit einem Gesamtaufwand von zusätzlichen 100 Arbeitsstunden Förderungen von 100.000 Euro bekommen.
Das KMU aus der Kunststoffverarbeitung mit Werkzeugformenbau, Technikum, Gravieren und Messdienstleistungen hat derzeit 60 Mitarbeiter. Wie viele Betriebe steht auch dieses vor der Herausforderung des Fachkräftemangels. Automatisierung und Digitalisierung sind notwendige Maßnahmen, um den Personalmangel zumindest teilweise aufzufangen.

Wichtige Erfahrung: keine Digitalisierung wegen der Förderung!

Nur wenn Sie auch ohne Förderung Digitalisierungsmaßnahmen durchführen, wirkt sich die Förderung positiv im Unternehmen aus, denn gefördert wird immer nur ein Teil der Investition. Ist die Entscheidung zur digitalen Weiterentwicklung gefallen, so kommt die „Ist-Soll-Analyse“, mit der festgestellt wird, wo, was und wie die digitale Entwicklung stattfinden soll. Steht fest, welche Schritte im Unternehmen zu erfolgen haben, dann wird geprüft, ob und welche Förderprogramme greifen können. Die geplanten digitalen Maßnahmen werden nun an die richtigen Förderprogramme angepasst, wobei bei den meisten Förderprogrammen erst nach deren Beantragung oder gar der Genehmigung begonnen werden darf.

Bei einer „Ist-Soll-Analyse“, wird festgestellt, wo, was und wie die digitale Entwicklung stattfinden soll.
Bei einer „Ist-Soll-Analyse“, wird festgestellt, wo, was und wie die digitale Entwicklung stattfinden soll. Erst danach wird geprüft, ob und welche Förderprogramme greifen können. (Bild: Walther Wolf)

Was die Ist-Analyse zum Vorschein brachte

Bei der Ist-Analyse erfolgte schnell die Erkenntnis, dass fast jeder Prozess mit einer eigenständigen Software hinterlegt war. Die Daten wurden in jedem Ablauf neu abgespeichert und teilweise verändert. Zum einen entstand ein extremer Datenberg, und zum anderen waren die Daten durch die Änderungen in einzelnen Softwaresystemen insgesamt nicht mehr identisch. Eine weitere Erkenntnis aus der Ist-Analyse war, dass eine ganze Reihe der eingesetzten Software (und auch Hardware) veraltet war. Im gewerblichen Bereich haben Soft- und Hardware eine durchschnittliche Lebensdauer von drei bis maximal fünf Jahren, sofern alle Updates durchgeführt werden.
Überraschend war, wie sich aus der Ist-Analyse das Soll-Ziel praktisch schon abzeichnete. Mit einem über alle Prozesse durchgängigen ERP-System sollten die vielen Softwarepakete ersetzt werden. Durch den einen Datenpool kann die Gesamtdatenmenge deutlich verringert werden. Der Speicherbedarf reduziert sich auf die nur noch einmalige Speicherung des Datensatzes und kann für alle Prozesse auf dem gleichen und aktuellen Stand gehalten werden. Ein Index hilft dabei, die alten Datensätze zu archivieren und jeweils nur den neuesten Datensatz zur Bearbeitung anzuzeigen.
Gibt es eine Lösung für dieses Wunsch-Soll? Schließlich ist die Komplexität zwischen den einzelnen Prozessen sehr hoch. Managementprozesse wie Umwelt-, Arbeitsschutz-, Energie-, Qualitätsmanagement sind genauso zu beachten wie die unterstützenden Prozesse Arbeitszeiterfassung, Buchführung, Personalwesen und weitere. Gerade der Kernprozess, also die Produktion, hat von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung sehr anspruchsvolle und individuelle Anforderungen. Darunter finden sich Office-Anwendungen ebenso wie CAD-Konstruktion, CAM-Programmierung, Maschinensteuerung, Einkaufs- und Materialplanung, Kapazitätsplanung und andere.

Umsetzung von  Digitalisierungsmaßnahmen
Das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) hat eine Reihe von Beratungsunternehmen autorisiert, die bei der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen unterstützen. (Bild: Walther Wolf)

Warum externe Unterstützung sinnvoll ist

Bereits bei der „Ist-Analyse“ kann ein externer Berater für die Digitalisierung sinnvoll sein. Spätestens beim Erstellen der Soll-Konzeption und der Antragstellung wurden gute Erfahrungen durch die externe Unterstützung gemacht. Die Beratungsleistung wird vom Bund mit dem Förderprogramm „Go Digital“ unterstützt. Das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) hat eine Reihe von kompetenten Beratungsunternehmen autorisiert, die bei der Suche nach individuellen Lösungen für den Online-Handel, die Digitalisierung des Geschäftsalltags und den wachsenden Sicherheitsbedarf bei der digitalen Vernetzung unterstützen. Die Beratungsunternehmen übernehmen die Antragstellung für die Fördermittel, die Abrechnung und das Berichtswesen. Go Digital unterstützt ebenso bei der Einrichtung von Home­office-Arbeitsplätzen. Die Leistungen für einen Berater können Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (inklusive Handwerk) in Deutschland mit weniger als 100 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von höchstens 20 Mio. Euro beantragen.
Der Berater half bei der Festlegung der Digitalisierungsmaßnahmen, da neben einer neuen Serverstruktur inklusive der entsprechenden Hardware, deren Leistung von 1 GB auf 10 GB (vom Server zu den Switches) erhöht wurde, noch das richtige ERP-System zu finden war. IK-Office bietet mit dem „Mold-Manager“ ein ERP-System, das auf die verarbeitenden KMUs zugeschnitten ist. Die Möglichkeit zur Kapazitätsplanung und die Durchgängigkeit bis zur Maschine waren dabei die Vorteile gegenüber den weiteren angebotenen ERP-Systemen. Diese Möglichkeiten sind zwischenzeitlich auch bei anderen Systemen verfügbar.


Welche Fördertöpfe gibt es noch?

Kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von unter 10 Mio. Euro mit Sitz in Bayern können den Digitalbonus Bayern beantragen. Beim Digitalbonus Standard erhalten die Antragsteller einen Fördersatz von bis zu 50 % der förderfähigen Ausgaben, maximal 10.000 Euro. Beim Digitalbonus Plus erhalten die Unternehmen 50 % der förderfähigen Ausgaben, maximal 50.000 Euro, wenn ein entsprechender Innovationsgehalt in der Digitalisierungsmaßnahme vorhanden ist. Das Förderprogramm wurde bis 31.12.2023 verlängert.

An welchen Förderungen partizipiert wurde
An welchen Förderungen partizipiert wurde. (Bild: bmwi, go-digital, Digitalbonus Bayern, digital-jetzt)

Einsatz der Fördermittel

Wegen der Förderbedingungen wurden die beiden Investitionsbereiche aufgeteilt. Das ERP-System von IK-Office wurde mit 50.000 Euro (50 % der Investition, max. 50.000 Euro) vom Land Bayern über das Förderprogramm „Digital-Bonus Plus“ gefördert. Dabei war gerade die Entwicklung der durchgängigen ERP-Datenstruktur bis zur Maschine der notwendige Innovationsansatz, um die höhere „Plus“-Förderung zu erhalten. Bei der Standard-Förderung werden maximal 10.000 Euro gefördert; für die es keine gesonderte Innovation benötigt.
Die neue Serverstruktur mit der Leistungsanhebung von 1 auf 10 GB wurde vom Bund mit dem Programm „Digital jetzt“ gefördert. Die maximale Fördersumme beträgt auch hier 50.000 Euro und wurde nahezu ausgeschöpft. Die gesamte Förderabwicklung erfolgte, wie sollte es bei einem Digitalisierungsprojekt auch anders sein, über das Internet.
Beantragen können diese Förderung klein- und mittelständische Unternehmen in Deutschland aus allen Branchen (inklusive Handwerksbetriebe und freie Berufe) mit 3 bis 499 Beschäftigten, die entsprechende Digitalisierungsvorhaben planen, wie beispielsweise Investitionen in Soft-/Hardware und/oder in die Mitarbeiterqualifizierung. Die maximale Fördersumme beträgt 50.000 Euro und ist als prozentualer Zuschuss zu den entstandenen Kosten nach Anzahl der Beschäftigten absteigend gestaffelt. Das Förderprogramm läuft derzeit noch bis 31.12.2023.


Nächste Schritte: Kontrolle + Analyse


Alle geplanten, genehmigten und durchgeführten Maßnahmen müssen auf die Wirksamkeit geprüft und nachgewiesen und bei der Förderstelle eingereicht werden. Außerdem ist es für die eigene betriebswirtschaftliche Betrachtung wichtig zu wissen, ob die Investition erfolgreich ist und welche Verbesserungen möglich sind.
In der Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz finden sich derzeit 2.388 Beiträge (Förderprogramme) unter anderem die beschriebenen inklusive aller notwendigen Informationen. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit den Förderprogrammen zur Digitalisierung hat das Unternehmen weitere, wie F+E-Förderprogramme (Forschung und Entwicklung), Investitionsprogramme sowie Umwelt- und Energieprogramme, beantragt. Infolge der durchgeführten Maßnahmen besitzt der mittelständische Betrieb nun ein eigenes Messlabor und eine automatisierte Fertigungslinie mit 26 m Länge. Bei der dafür notwendigen Digitalisierung haben die Förderprogramme sehr gut unterstützt.

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