Der Ursprung hierfür findet sich in der wiederum ganz trockenen Tatsache dass Unternehmer angehalten sind, ihre Emissionen zu reduzieren. Und das ganz unabhängig davon, ob diese nun eine Chemieanlage oder eine Fluglinie betreiben. Und da Reisende – ob nun aus privatem oder geschäftlichem Antrieb – immer mehr Kilometer im Flugzeug zurücklegen, ist die Luftfahrtindustrie auf der Suche nach alternativen Treibstoffquellen. Die Tatsache, dass die Versorgungssicherheit mit fossilen Rohstoffen in den vergangenen Jahrzehnten gleich mehrfach auf der Kippe stand und diese auch politisch immer mehr ins Abseits geraten, tut ihr Übriges. Auf der Suche nach einer Alternative fündig geworden zu sein glauben nun einige bei dem, was wir umgangssprachlich oft als Seegras bezeichnen. Wobei dieser Begriff im Grund falsch ist: Algen sind kein Pflanzen, sondern als eukariotische Lebewesen klassifiziert.
Bisheriges Spannungsfeld: entspannt
Bereits im Jahr 2013 gründeten Airbus (damals noch EADS) und die TU München das Projekt „Algenflugkraft“. Ziel war – und ist – die Erforschung von Mikroalgen und sich hieraus ableitende Lösungen zur Herstellung von Biokerosin. Der Charme von Algen: Im Gegensatz zu Gewächsen wie Mais, aus denen ebenfalls Biokraftstoff zu gewinnen ist, besteht hier kein Spannungsfeld „Tank gegen Teller“. Sie wachsen auch in Salzwasser und verbrauchen daher keinen fruchtbaren Boden. Pestizide übrigens auch nicht. Gleichzeitig ermöglichen die Mikroalgen einen zehn- bis hundertfach höheren Biomasse-Ertrag pro Anbaufläche als Landpflanzen. Stolze 150.000 Algenarten haben Meeresforscher bis heute entdeckt. 5.000 davon sind bisher ansatzweise charakterisiert, und für gerade zehn Arten konnten Wissenschaft und Forschung bisher kommerziellen Nutzen finden. Nutzungspotenzial ist also auf jeden Fall noch vorhanden.
Algen im Weltbürger-Test
Das fanden wohl auch die Projektpartner, und so eröffnete Mitte Oktober 2015 das Algentechnikum auf dem Ludwig Bölkow Campus in München, in dem Verfahren zur effizienten Produktion von Biokerosin und chemischen Werkstoffen entstehen sollen. Den Forschern stehen in dem 10 Mio. Euro teuren Gebäude insgesamt drei Räume zur Algenkultivierung zur Verfügung, in denen sie die lichttechnischen und klimatischen Bedingungen für praktisch jeden Ort der Welt erzeugen können. Denn wichtig ist nicht nur eine Alge zu finden, deren Eigenschaften sich für die Weiterverarbeitung anbieten: „Niemand kann voraussagen, ob eine Alge aus der Südsee unter den Lichtbedingungen in Deutschland genauso produktiv ist wie in ihrer Heimat. Genauso wenig weiß man, ob hier in Bayern erfolgreiche Kandidaten unter den Lichtbedingungen der Sahara noch genauso erfolgreich wären. All diese Fragen können wir jetzt in unserem Technikum testen“, erklärt Thomas Brück, Professor für Industrielle Biokatalyse an der TU München. Bis es dann auf den Flughäfen der Welt nach Algen riecht, werden aber wohl noch einige Jahre ins Land ziehen. 1510ct609
Hier gelangen Sie zur Seite des Fachgebiets Biokatalyse der TU München.
Und hier zur Seite des Ludwig Bölkow Campus.
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