
(Bild: Dall-E 3 / OpenAI)
- Die EU-Richtlinie CSRD stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung.
- Für das Geschäftsjahr, das im Jahr 2025 beginnt, müssen schon deutlich mehr Unternehmen als bisher die hohen Anforderungen erfüllen.
- Da die Berichtspflichten umfangreich sind und externe Berater bald knapp werden könnten, drängt die Zeit, das Thema anzugehen.
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung. Während der Finanzbericht jedoch längst gängige Praxis ist, betreten Unternehmen mit dem Nachhaltigkeitsbericht Neuland. Das bedeutet: Die erforderlichen Prozesse sind erst zu definieren und einzuführen, Systeme zu installieren und Daten zu sammeln, oft auch erst aufzufinden oder zu generieren.
Hinzu kommt, dass der Nachhaltigkeitsbericht deutlich umfassender ist als der Finanzbericht. Denn die CSRD betrifft mit den drei Dimensionen Umwelt (Environmental, E), Soziales (Social, S) und Geschäftsgebaren (Governance, G) das gesamte Unternehmen. Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts kann damit nicht allein von einer Person geleistet werden – etwa von einem Nachhaltigkeitsmanager –, sondern es braucht die Mitwirkung der Geschäftsführung, der Personalabteilung, des Einkaufs, des Supply-Chain-Managements und einiger mehr.
Was muss in den Nachhaltigkeitsbericht?
Worüber Unternehmen berichten müssen, ist in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) festgelegt. Für jeden dieser Standards sind sogenannte Datenpunkte spezifiziert. Das sind Aspekte, die potenziell im Nachhaltigkeitsbericht enthalten sein müssen. Insgesamt enthalten die ESRS rund 1.170 Datenpunkte.
Es werden zwei Arten von Standards unterschieden: grundlegende und spezifische. Die beiden grundlegenden Standards („Allgemeine Anforderungen“ und „Allgemeine Angaben“) müssen von jedem betroffenen Unternehmen berücksichtigt werden.
Die Datenpunkte der zehn spezifischen Standards müssen nur dann in den Bericht, wenn sie für das Unternehmen wesentlich sind. Diese spezifischen Standards sind den Dimensionen E, S und G zugeordnet.

Die meisten fallen in den Bereich Umwelt (E), das sind:
- Klimawandel mit 223 Datenpunkten
(z. B. Treibhausgas-Emissionen, Energieverbrauch) Umweltverschmutzung mit 71 Datenpunkten (z. B. Emissionen in Luft, Wasser und Boden, Schadstoffe) - Wasser- und Meeresressourcen mit 51 Datenpunkten (z. B. Wassereinleitung, Rohstoffe aus dem Meer)
- Biologische Vielfalt und Ökosysteme mit 122 Datenpunkten (z. B. Kosten von Biodiversität)
- Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft mit 87 Datenpunkten (z. B. Abfallmengen, Recyclingmaterialien)
Soziales (S) umfasst vier spezifische Standards:
- Eigene Arbeitskräfte mit 202 Datenpunkten (z. B. Gleichstellungsquote, Diskriminierungsvorfälle)
- Beschäftigte in der Wertschöpfungskette mit 70 Datenpunkten (z. B. Gehalt, Sicherheit am Arbeitsplatz) Betroffene Gemeinschaften mit 68 Datenpunkten
(z. B. Menschrechtsfragen und -vorfälle) - Verbraucher und Endnutzer mit 67 Datenpunkten (z. B. Strategien für den Umgang mit Kunden, Beschwerdemöglichkeiten)
Hinzu kommt Governance (G) mit einem spezifischen Standard:
- Geschäftsgebaren mit 55 Datenpunkten (z. B. Unternehmenskultur, Lieferantenbeziehungen)
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse
Wie erwähnt muss ein Unternehmen nur über die Datenpunkte der spezifischen Standards berichten, die für das Unternehmen wesentlich sind. Welche dies sind, ist anhand der doppelten Wesentlichkeitsanalyse zu ermitteln. Sie besagt, dass ein Aspekt dann wesentlich für ein Unternehmen ist, wenn es die Kriterien der ökologischen und sozialen Wesentlichkeit und/oder der finanziellen Wesentlichkeit erfüllt.
Inside-Out …
Bei der ökologischen und sozialen Wesentlichkeit geht es um Folgen der Unternehmenstätigkeit auf die Umwelt und die Gesellschaft – also Auswirkungen, die vom Unternehmen ausgehen (Inside-Out). Dabei spielt es keine Rolle, ob es diese tatsächlich gibt oder nur potenziell und ob sie positiv oder negativ sind.
Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein Anlagenbauer benötigt Energie. Damit hat er Auswirkungen unter anderem auf die Datenpunkte „Energieverbrauch“ und „Treibhausgas-Emissionen“ und er muss diese in seinen Nachhaltigkeitsbericht aufnehmen. Und da er selbstverständlich Mitarbeitende beschäftigt, sind zum Beispiel die Datenpunkte „Gleichstellungsquote“ oder „Diskriminierungsvorfälle“ wesentlich. Das gilt auch dann, wenn Mitarbeitende noch nicht diskriminiert wurden, dies aber potenziell passieren kann. Ebenso, wenn das Unternehmen sich öffentlich gegen Diskriminierung engagiert und dadurch positive Auswirkungen auf das Thema hat oder haben kann.
… und Outside-In
Bei der finanziellen Wesentlichkeit werden Risiken und Chancen bewertet, die die ESG-Kriterien auf die finanzielle Situation eines Unternehmens haben – von denen das Unternehmen also betroffen ist (Outside-In). Der beispielhafte Anlagenbauer kann zum Beispiel einige Bauteile oder Rohstoffe via Containerschiff erhalten. Führt der Rhein aufgrund des Klimawandels häufiger Niedrigwasser, sodass die Schifffahrt beeinträchtigt oder gar unmöglich ist, kann das Unterbrechungen der Lieferkette und damit der Produktion zur Folge haben – mit den entsprechenden finanziellen Einbußen. Damit ist der Aspekt „Klimaschutz“ für den Anlagenbauer wesentlich und er muss ihn in den Nachhaltigkeitsbericht aufnehmen. Auch hier gilt dies nicht nur, wenn die Situation schon eingetreten ist, sondern auch, wenn die Möglichkeit besteht, dass sie eintritt.
Zusätzlich zu diesen Angaben müssen Unternehmen auch wissenschaftlich fundierte Ziele in ihren Nachhaltigkeitsbericht aufnehmen inklusive einer Strategie und Maßnahmenplänen, wie sie diese Ziele erreichen können.
Für welche Unternehmen gilt die CSRD?
Bereits ab dem Geschäftsjahr, das 2024 beginnt, sind verpflichtet: Unternehmen mit öffentlichem Interesse (PIE = Aktiengesellschaften, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen), die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
> 500 Mitarbeitende,
> 25 Mio. Euro Bilanzsumme,
> 50 Mio. Euro Nettoumsatz.
Ab dem 2025 beginnenden Geschäftsjahr sind außerdem verpflichtet: Alle Unternehmen, die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
> 250 Mitarbeitende,
> 25 Mio. Euro Bilanzsumme,
> 50 Mio. Euro Nettoumsatz.
Ab dem 2026 beginnenden Geschäftsjahr gilt die CSRD dann auch für kleinere Unternehmen mit öffentlichem Interesse (PIE = Aktiengesellschaften, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen).
Datenpunkte sind nicht nur Zahlen
Die Bezeichnung „Datenpunkt“ kann hier etwas irreführend sein. Denn es geht nicht immer nur um reine Zahlen, vielmehr werden qualitative und quantitative Datenpunkte unterschieden. Bei ersteren ist auszuführen, inwiefern der Aspekt das Unternehmen betrifft und welche Maßnahmen es unternimmt oder plant, um tatsächliche oder potenzielle Risiken zu minimieren. Bei den quantitativen Datenpunkten sind konkrete Werte oder Tabellen gefordert, etwa zum Energieverbrauch oder zu Abfallmengen.
Schritte zum Nachhaltigkeitsbericht
Wenn die wesentlichen Datenpunkte bestimmt sind, empfiehlt BFE, eine Gap-Analyse durchzuführen. Sie gibt Aufschluss über den aktuellen Reifegrad der nötigen KPIs und zeigt damit, in welchen Bereichen wie viel Aufwand für den Nachhaltigkeitsbericht nötig sein wird – eine gute Basis, um eine Strategie für das weitere Vorgehen und einen Zeitplan zu erstellen.
Daraufhin müssen in allen entsprechenden Bereichen die erforderlichen Daten und Angaben ermittelt werden. Sinnvollerweise werden hierfür auch gleich Prozesse definiert, sodass die Datenerhebung und das Datenmanagement bei der künftigen Berichtserstellung möglichst effizient ablaufen.
Sind diese Schritte abgeschlossen, empfiehlt sich ein Testlauf. Denn damit hat das Unternehmen die Möglichkeit, ohne Zeitdruck Lücken zu erkennen und Prozesse anzupassen. Der finale Nachhaltigkeitsbericht lässt sich dann umso schneller und einfacher realisieren. Dieser muss dann wie der Finanzbericht einem Wirtschaftsprüfer vorgelegt werden.
Fristen und Zeitplan
Den ersten Nachhaltigkeitsbericht müssen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden (weitere Details siehe Kasten) für das Geschäftsjahr vorlegen, das im Jahr 2025 beginnt. Das klingt noch nach ausreichend Zeit. Doch um die nötigen Datenerhebungen möglichst effizient durchführen zu können, sollten alle hierfür erforderlichen Prozesse schon zu Beginn des Geschäftsjahres 2025 definiert und alle Datenquellen bekannt sein. In Anbetracht der Fülle an geforderten Informationen sind dafür mehrere Monate einzukalkulieren. Allein die vollständige Erstbilanzierung der Treibhausgas-Emissionen über Scope 1, 2 und 3 – wie sie von der CSRD ebenfalls gefordert wird – braucht erfahrungsgemäß zwischen sechs und zwölf Monate.
Hinzu kommt, dass sich nun viele Unternehmen erstmals mit diesen umfangreichen, komplexen Themen auseinandersetzen müssen. Die meisten werden dabei auch auf externe Unterstützung zurückgreifen, sodass die Ressourcen bei Beratern wie BFE knapp werden könnten. Es ist also keine Zeit mehr, um das Thema CSRD auf die lange Bank zu schieben. Doch Unternehmen, die frühzeitig aktiv werden, können den CSRD-Pflichten gelassen entgegensehen.