modern factory skyline and mesh network concept

(Bild: metamorworks – stock.adobe.com)

  • Ethernet-APL gilt als logischer Nachfolger aktueller Feldbus-Geräte.
  • Anwender benötigen die Proxy-Funktionalität als Migrationspfad beim Übergang zu Ethernet-APL.
  • Die zügige Kommunikation zwischen Feld und Anwendungen bis zur Cloud schafft neue Geschäfts- und Lernmodelle.

Ethernet-APL bringt Konnektivität bis zu den Feldgeräten der Prozessautomatisierung. Das gelingt via 2-Draht-Verkabelung über Ethernet-APL-Switches mit einer Datenrate von 10 MB/s. Die Übertragung erfolgt eigensicher und ist damit bis in den Ex-Bereich möglich. Damit ist der Weg frei für das einfache Sammeln großer Datenmengen aus dem Feld, was sowohl ermöglicht, Anlagen zu verbessern als auch neue Geschäftsmodelle in der Verfahrenstechnik zu entwickeln. Doch die physikalische Übertragung ist nur ein Teil der Geschichte.


Das Potenzial von Daten nutzen

„Let the data do the work“ – war eine der Kernbotschaften der Hannover Messe 2024, eine der weltweit größten und einflussreichsten Industriemessen. Wenn wir diesen Slogan auf die Prozessautomatisierung (PA) übertragen, stellt sich die Frage: Wie können Hunderte bis Tausende Parameter aus komplexen Feldgeräten an die richtigen Stellen kommuniziert werden? Und wie lassen wir diese Daten für uns arbeiten?

Das Potenzial ist groß: Daten aus PA-Anlagen können durch erfahrene Spezialisten oder in Zukunft unter Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz (KI) interpretiert werden und als Basis dienen, um über Verbesserungen zu entscheiden. Das können Prozessanpassungen zu einer energie- oder ressourcenschonenden Produktion sein oder Maßnahmen, die die Produktqualität verbessern. Zusätzlich kann die Verfügbarkeit von Anlagen durch vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) erhöht werden. Basierend auf Datenmodellen und Wahrscheinlichkeiten ließen sich Geräte dadurch proaktiv ersetzen, statt auf reaktives Troubleshooting zurückgreifen zu müssen.

Der Status quo reicht nicht mehr

Angesichts der Vision einer besseren Produktion, die darauf basiert, Daten effektiv bis ins Feld zu sammeln, drängt sich die Frage nach der aktuellen Situation in der Prozessindustrie auf. Auch heute noch finden sich im größten Teil verfahrenstechnischer Anlagen analoge 4-20-mA-Leitungen. Erste digitale Ansätze entstanden in den 90er Jahren mit dem HART-Protokoll, das dem analogen Stromsignal überlagert wird. Damit wurde zusätzlich zur analogen Signalauswertung auch eine digitale Kommunikation mit 1,2 KB/s möglich. Dazu kamen dann die ersten digitalen Feldbusse mit intrinsischer Sicherheit wie Profibus PA und Foundation Fieldbus (FF) – diese vervielfachten den theoretischen Durchsatz zu und vom Feldgerät auf 31,2 KB/s.

Aber auch die Feldbusse bieten nur eine begrenzte Geschwindigkeit. Zusätzlich erfordern Netzwerkübergänge wie Profinet zu Profibus PA den Einsatz eines Proxys, was die Geräteintegration, Installation und Wartung aufwendig macht. Nicht zuletzt gibt es erste Bedenken hinsichtlich der Langzeitverfügbarkeit aktueller Feldbus-Geräte, da sich beispielsweise Profibus PA nicht mit ausreichend hoher Marktakzeptanz etabliert hat und Ethernet-APL hier als der logische und zukunftsträchtigere Nachfolger angesehen wird.

Der APL-Switch Field PA hat eine Proxy-Funktion integriert.
Der APL-Switch Field PA hat eine Proxy-Funktion integriert. (Bild: Softing Industrial)

Technologie-Stack-Integration

Ethernet-APL wurde speziell für den Markt der Prozessautomatisierung entwickelt, mit einem starken Fokus auf die eigensichere Stromversorgung von Geräten in den Ex-Zonen und mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von10 MB/s. Unabhängig von der Übertragungsgeschwindigkeit vereinfacht Ethernet-APL die Kommunikation, indem diese nahtlos über Level-2-Ethernet-APL-Switches vom Feldgerät bis zur Anwendung erfolgt, ohne dass zusätzliche Gateways erforderlich sind. Bei den bisherigen digitalen Feldbussen fehlt dieses Prinzip der nahtlosen Kommunikation. Die oben beschriebene Proxy-Funktionalität bei diesen Feldbussen werden Anwender jedoch auch noch beim Übergang zu Ethernet-APL als Migrationspfad benötigen, beispielsweise bei Brownfield-Anwendungen, die Profibus PA verwenden.

Der APL-Switch Field PA von Softing hat diese Proxy-Funktionalität integriert. Bei der Implementierung hat der Hersteller auf seine Expertise im Bereich der Gateways zurückgegriffen. Beim PN-Gate PA beispielsweise hat sich die Proxy-Funktionalität als Schnittstelle zwischen Profinet und Profibus PA bewährt und konnte für den APL-Switch Field PA übernommen werden.

Mit dem APL-Switch Field PA können Anwender Profibus-PA-Geräte mit Ethernet-APL-Feldgeräten im Netzwerk kombinieren. Das ist dann wichtig, wenn die benötigten APL-Geräte für die vollständige Funktionalität der Anlage noch nicht verfügbar sind oder wenn bereits vorhandene Profibus-PA-Infrastruktur wiederverwendet werden soll. Für die reine Ethernet-APL-Anbindung ohne Profibus PA ist der APL-Switch Field auch ohne die Proxy Funktionalität erhältlich.

Wie oben erwähnt, stellen die physikalischen Eigenschaften von Ethernet-APL die notwendige Basis dar. Die umfassende Integration des gesamten Technologie-Stacks, wie etwa die Unterstützung für höhere Protokolle wie Profinet und Ethernet/IP sowie die FDI-Unterstützung, ist jedoch erforderlich, um die gesamte Bandbreite der Vorteile von Ethernet-APL vollständig zu nutzen:

  • schnelle Installation und Parametrierung
  • umfangreiche Diagnosemöglichkeiten
  • schnelle Reaktion auf unvorhersehbare Ereignisse
  • zuverlässige und automatisierte Dokumentation
  • einfacher Austausch von Feldgeräten
  • schneller Zugriff auf alle Feldgerätedaten
  • Langzeitverfügbarkeit von Equipment

Den Mehrwert transparent machen

Für den Erfolg einer Technologie ist es notwendig, dass Geräte und Infrastrukturelemente in entsprechender Stückzahl und idealerweise von mehreren Herstellern verfügbar sind. Hier ist im Jahr 2024 der Wendepunkt bei Ethernet-APL erreicht, was Umfragen bei den Herstellern von Infrastrukturkomponenten und Feldgeräten bestätigen.

Plug-Feste und Konformitätstest sowie Pilotprojekte mit zahlreichen Endanwendern in den letzten Jahren haben gezeigt, dass die Infrastruktur- und Feldgeräte-Elemente verschiedener Anbieter gut zusammenarbeiten. Mittlerweile haben Anwender eine breite Produktauswahl mit Second-Source-Optionen und können sich auf die Interoperabilität der Komponenten verlassen. Unabhängig davon laufen konkrete Analysen, um anhand von aktuellen Anwendungsfällen eine realistische Einschätzung der kommerziellen Vorteile herauszuarbeiten und damit den Mehrwert von Ethernet-APL transparent zu machen.


Basis für neue Geschäftsmodelle

Generell gilt: Die Möglichkeit, alle relevanten Feldgerätedaten mit hoher Geschwindigkeit an übergeordnete Anwendungen oder die Cloud zu übertragen, schafft die Grundlage, um Prozessanlagen effektiv zu verbessern. Die große Anzahl an verfügbaren Daten und die schnelle Kommunikation zwischen Feld und Anwendungen bis zur Cloud schafft nicht nur Geschäftsmodelle wie Predictive Maintenance, sondern bildet die Grundlage für zukünftige Lernmodelle mittels KI. Für all das bietet Ethernet-APL eine Basis. In Kombination mit einem Technologie-Stack eröffnen sich damit heute und in Zukunft Vorteile für alle Beteiligten in der Prozessautomatisierung.

Achema 2024, Halle 11.0 – C25

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