Dass sich der Pumpenhersteller Grundfos in Deutschland auch im Industriesegment hohe Ziele gesteckt hat, wurde spätestens mit den Aquisitionen Hilge und Alldos und der Schaffung der Industriedivison vor rund 15 Monaten klar. Bislang dominierte das dänische Unternehmen vor allem den Wassermarkt. Doch auch in industriellen Anwendungen will der Anbieter bis 2012 in Deutschland Marktführer werden. Im CT-Interview erläutert Christine Wall-Pilgenröder, die seit 1. Januar 2008 die neu geschaffene Position als „Direktor Industriedivision“ bekleidet.

 

CT: Frau Wall, welche neuen bzw. veränderten Anforderungen sehen sie seitens der Prozessbetreiber in den verschiedenen Industrien und welche Auswirkungen haben diese auf Ihr Angebotsspektrum?

Wall: Der Anwender erwartet generell mehr Engineering- und Beratungs-Kompetenz. Der reine Komponentenlieferant ist weniger gefragt als der Solution Provider, der Anbieter von Problemlösungen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Industriekunden sich vielfach auf ihre angestammten Kernkompetenzen konzentrieren – mit der Konsequenz, dass internes Know-how bei Nicht-Kernkompetenzen wie der Pumpentechnik vielfach schwindet. Diese Kunden suchen dann Partner mit einem vertieften Verständnis für die Prozessabläufe in ihren Anlagen. Für uns bedeutet das: Wir müssen neben Pumpen und Systemen auch die Peripherie wie die Mess- und Regeltechnik beherrschen. Und wir brauchen Spezialisten, die sich permanent im Markt bewegen, die die einschlägigen Regeln und Vorschriften und vor allem die spezifischen Wünsche der Betreiber kennen.

CT: Wie wichtig ist es heute, den Investoren im Anlagenbau und in der Prozessindustrie mit einem breiten Angebot gegenüberzutreten?

Wall: Industrieunternehmen legen zunehmend Wert auf schlanke Beschaffungsprozesse. Das gilt auch bei Investitionen in neue Pumpensysteme bzw. deren Modernisierung. Viele Betreiber suchen nach Lösungen aus einer Hand, weil dadurch insbesondere die internen Abwicklungskosten sinken. Hinzu kommt bei Komplettanbietern als „added value“ eine höhere Qualität der Beratung, insgesamt eine kostengünstigere Planung und Abwicklung. Je breiter die Produkt-Basis ist, desto sicherer kann der Anwender von einer objektiven Beratung ausgehen.

Dem kommen wir mit unserer One-shop-Philosophie entgegen: Von der Unterwasserpumpe zur Wasserversorgung aus Tiefbrunnen, Dosier- und Kreiselpumpen für die relevanten Wasseraufbereitungsverfahren, Hochdruckpumpen für die Kesselspeisung und Druckerhöhungsanlagen für die Wasserverteilung sowie Pumpen zur Entsorgung der Abwässer ist unser Portfolio sehr breit angelegt. Ergänzt wird dieses Angebot durch Hygienic-Pumpen von Hilge und die Dosierlösungen bzw. Desinfektions-Technologien von Alldos.

 

CT: Seit rund 15 Monaten haben Sie die Vertriebsaktivitäten von Grundfos, Alldos und Hilge unter dem Dach der Industriedivision zusammengeführt. Welche strategischen Ziele verfolgen Sie damit?

Wall: Nach Schätzung des VDMA umfasst der weltweite Markt für Flüssigkeitspumpen einen Wert von etwa 26,4 Milliarden Euro. Als Weltmarktführer deckt Grundfos einen Marktanteil von 7,9 % ab. Da bleibt noch einiges zu tun! Wir wollen auch in Deutschland eine führende Position rund um Pumpen und Systeme einnehmen. In der Gebäudetechnik ist dieses Ziel schon erreicht worden. Um unser Potenzial in der Industrie und bei Kommunen besser ausschöpfen zu können, ist die Industriedivision in drei Segmenten aktiv: Mit „Industrielle Anwendungen“, „Food Beverage Pharma“ sowie „Wasser Abwasser“ sind wir nun schärfer als zuvor auf industrielle Anwender fokussiert. Unser Ziel ist es, bevorzugter Partner in den genannten Kernbereichen zu werden.

Wir haben das ehrgeizige Ziel, bis zum Jahr 2012 der in Deutschland führende Anbieter von Industriepumpen zu sein. Das ist aus unserer Sicht durchaus realistisch, denn wir decken schon heute wichtige Industrie-Segmente ab. Beispielsweise spielen wir eine führende Rolle bei Pumpen für die Bereiche Food, Beverage und Pharma. Und wir sind Marktführer bei Pumpen und Systemen in der Wasseraufbereitung.

 

CT: Neben dem Komponentengeschäft gewinnen Services an Bedeutung. Welche Aspekte sind besonders gefragt und wie wirkt sich der Boom im Anlagenbau auf dieses Geschäftsfeld aus?

Wall: Dass eine regelmäßige Wartung zum Werterhalt der Technik beiträgt, das wissen Industriekunden. Sie fragen schon immer entsprechende Services nach, bevorzugen zudem vielfach den Hersteller-Service gegenüber einem General-Serviceanbieter. Wir haben unser Serviceangebot ausgebaut und die Marke „Service Plus“ geschaffen. Die Idee: Der Betreiber kann Service-Dienstleistungen in Form von Modulen anfordern: Inbetriebnahme, Wartung, Einsatz eines Service-Technikers, Analyse bei Reparaturen, Life-Cycle-Cost-Optimierung, Volumenstrom-Messung, Schulungen. Der Betreiber kann auch gleich Nägel mit Köpfen machen und eine „Full-Service-Dienstleistung“ vereinbaren: Im Pauschalpreis sind sowohl der Austausch aller Verschleißteile als auch die zum Wartungszeitpunkt notwendigen Reparatur-Ersatzteile enthalten. Vorteilhaft sind hier die langfristig planbaren Instandhaltungskosten.

Was den Boom im Anlagenbau betrifft: Der findet ja überwiegend außerhalb Deutschlands statt. Grundfos ist weltweit mit mehr als 50 Gesellschaften vertreten. Ergänzt werden diese durch regionale und lokale Vertretungen. Internationale Anlagenbauer können also weltweit auf unseren Service zugreifen – gerade für den mittelständischen Spezialanlagenbauer mit begrenzten eigenen Personal-Ressourcen ist die Verfügbarkeit unserer Services ein wichtiger Gesichtspunkt. In Deutschland steht neben der eigenen Vertriebs- und Service-Mannschaft ein Netz von 30 autorisierten Service-Partnern und 15 Industriepartnern bereit. Sie sehen: Wir sind auch hier bestens gerüstet – der Anlagenbau möge weiter weltweit boomen!

 

CT: Frau Wall, wagen Sie einen Blick in die Zukunft? Was darf der Anwender hinsichtlich der Pumpentechnik noch erwarten?

Wall: Die Bedeutung der Energieeffizienz wird noch lange eines der zentralen Themen im Pumpenmarkt bleiben. Dafür sorgen die Politik mit der Energieeinsparverordnung ebenso wie der generelle Kostendruck auf Industrie und Kommunen. Die Verantwortlichen in allen Branchen wissen, dass sie sich intensiv um Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs kümmern müssen. Für die Pumpenhersteller bedeutet das: Drehzahlverstellbare Aggregate und insbesondere EFF1-Hocheffizienz-Motoren werden weiter an Bedeutung gewinnen. Zudem muss der Pumpenhersteller kompatible Lösungen zur Bus-Anbindung seiner Systeme an das zentrale Prozess- oder Gebäude-Leitsystem anbieten.

Relativ gesichert ist auch diese Prognose: Die Pumpen werden – über alle Standardisierungsbemühungen hinaus – immer individueller auf den Einsatzfall hin spezifiziert. Das ist kein Widerspruch, die Lösung liegt in der weiteren Modularisierung von Bauteilen. Für OEM-Kunden entwickeln wir immer wieder firmenspezifische Lösungen, an die sich kein anderer Hersteller herantraut. Stand-by-Aggregate („B-Pumpen“), wie sie heute noch in kritischen Bereichen der Prozessindustrie vielfach üblich sind, werden zukünftig ersetzt durch eine smarte Störungsfrüherkennung: Das Pumpen-Monitoring wird eine sich anbahnende Störung so früh erkennen, dass dem Betreiber ausreichend Zeit für angemessene Reaktionen bleibt.

Nach unserer Überzeugung ist dazu ein Grundproblem noch ungelöst: Es gibt zwar sehr viele Anbieter von Sensoren, die den Druck, die Strömung, die Temperatur oder Schwingungen messen. Was fehlt, das sind Systeme, die ein Messergebnis pumpenspezifisch interpretieren. Unsere Entwicklungsabteilungen sind hier auf einem vielversprechenden Weg.

 

„Wir haben das ehrgeizige Ziel, bis zum Jahr 2012 der in Deutschland führende Anbieter von Industriepumpen zu sein“
Christine Wall-Pilgenröder ist seit dem 1. Januar 2008 bei Grundfos in Deutschland Direktor der Industriedivision

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Grundfos GmbH

Schlüterstraße 33
40699 Erkrath
Germany