Chemieindustrie feiert starkes Comeback und peilt Umsatzrekord an
Mit einer starken Halbjahresbilanz hat sich die Chemie aus der Pandemie zurückgemeldet: Der Chemieverband VCI rechnet mit einem neuen Umsatzrekord und kräftig steigenden Preisen.
Die schnell anziehende Post-Corona-Konjunktur sorgt in der Chemie für eine hohe Anlagenauslastung.(Bild: werbefoto-burger-fotolia)
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Dass Produktion und Umsatz im ersten Halbjahr 2021 gegenüber dem ersten Corona-Halbjahr 2020 zugelegt hat, verwundert wahrscheinlich niemanden. Die Aussicht, dass 2021 jedoch das Rekordjahr überhaupt werden könnte, dagegen schon. Denn ausgestanden ist die Pandemie ja noch nicht – und auch Probleme in den Lieferketten sprechen nicht dafür.
Der Umsatz stieg dank guter Nachfrage im In- und Ausland sowie kräftig anziehender Preise (+ 4,7 %) für chemisch-pharmazeutische Produkte um 12 % auf 111 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Beschäftigten blieb unverändert bei 464.400. Besonders gefragt waren im Jahresvergleich Kunststoffe – so legte die Produktion von Polymeren im Halbjahresvergleich um 20,3 % zu. Arzneimittel, die im Frühjahr 2020 besonders stark gefragt waren, verzeichneten zuletzt ein Produktions-Plus um 1,4 %. Fein- und Spezialchemikalien zeigten ein Plus von 8,7 %.
„Zum zweiten Mal nach 2018 wird unsere Industrie in diesem Jahr die Schallmauer von 200 Milliarden Euro durchbrechen“, betonte VCI-Präsident Kullmann
Der VCI rechnet für das Gesamtjahr mit einem Produktionsanstieg von 4,5 % und einem Umsatzwachstum von 11 %. „Zum zweiten Mal nach 2018 wird unsere Industrie in diesem Jahr die Schallmauer von 200 Milliarden Euro durchbrechen und mit einem Umsatzrekord das Vorkrisenniveau deutlich übertreffen“, betonte VCI-Präsident Kullmann bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz des Chemieverbands am Mittwoch, 18.08.2021. „Das ist ein kraftvolles Comeback. Es zeigt eindrucksvoll, wie wichtig eine international wettbewerbsfähige Chemie- und Pharmaindustrie als Stabilitätsanker für unser Land ist.“
Investitionen auf Rekordhöhe: 9 Mrd. Euro angepeilt
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Eine Rekordzahl erwartet der VCI auch für die Investitionen der Unternehmen im Inland. Der Chemieverband geht davon aus, dass die Investitionen für Sachanlagen im laufenden Jahr von 8,4 auf knapp 9 Milliarden Euro steigen. Der Grund: Aufgeschobene Projekte aus dem Vorjahr werden nachgeholt und Kapazitäten ausgeweitet.
Wie der VCI in seiner Bilanz berichtet, profitierten nahezu alle Produktbereiche der Branche vom Aufschwung im ersten Halbjahr 2021. Besonders dynamisch legte die Grundstoffchemie zu: Die Produktion von Polymeren stieg um über 20 Prozent. Aber auch die Hersteller von Spezialchemikalien konnten ihr Produktionsniveau um 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausweiten. Die Produktion von Pharmazeutika verzeichnete ein Plus von 1,4 Prozent. Lediglich chemische Erzeugnisse für den Konsum wie Seifen, Wasch- und Reinigungsmittel verbuchten einen Mengenrückgang von 1,8 Prozent.
Die Kapazitätsauslastung der Anlagen stieg auf über 86 Prozent und lag damit deutlich oberhalb des für die Branche üblichen Niveaus. „Jedes fünfte Unternehmen stößt bei der Produktion an seine Kapazitätsgrenzen“, sagte Christian Kullmann, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI).
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Ranking: Die zehn größten Chemienationen
Platz 10: Italien - Der Umsatz der Chemieindustrie im Land beträgt 53,4 Mrd. Euro, damit trägt Italien 1,5 % zum weltweiten Umsatz der Branche bei. Einer der Konzerne, der daran beteiligt ist, ist Maire Tecnimont.(Bild: Maire Tecnimont)
Platz 9: Brasilien - Von Brasilien hat man vielleicht noch nicht als Chemie-Nation gehört, trotzdem erwirtschaftete das Land 2020 einen Umsatz von 53,9 Mrd. Euro. Damit hat es mit 1,6 % einen ähnlichen Anteil wie Italien am weltweiten Umsatz der Branche.(Bild: moonrun - Fotolia)
Platz 8: Taiwan - Der Inselstaat Taiwan macht mit einem Umsatz von 65,9 Mrd. Euro 1,9 % der weltweiten Chemiebranche aus.(Bild: JuergenL - AdobeStock)
Platz 7: Frankreich - Unser Nachbarland Frankreich schafft es mit 67,1 Mrd. Euro Umsatz im Chemie-Bereich kurz vor Taiwan, hat damit aber einen genauso großen Anteil am weltweiten Umsatz der Branche (1,9 %).(Bild: ThorstenSchmitt - Fotolia)
Platz 6: Indien - Die chemische Industrie in Indien, zu der viele Mineralöl-Konzerne gehören, erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von 92,5 Mrd. Euro. Das entspricht einem Anteil von 2,7 % an der weltweiten Chemiebranche.(Bild: Edelweiss - Fotolia)
Platz 5: Südkorea - Eines der bekanntesten südkoreanischen Chemieunternehmen ist LG Chem. Die Chemieindustrie im Land hatte letztes Jahr einen Umsatz von 101,8 Mrd. Euro, welches einem Anteil von 2,9 % am Weltmarkt Chemie entspricht.(Bild: openwater - Fotolia)
Platz 4: Japan - Ein weiterer asiatischer Inselstaat mischt unter den Top Ten mit. Die japanische Chemieindustrie hatte einen Umsatz von 144 Mrd. Euro, was mit einem Anteil von 4,1 % am Weltmarkt einhergeht.(Bild: Andrei Merkulov - Fotolia)
Platz 3: Deutschland - Im Olympia-Jahr kann Deutschland sich zumindest beim Chemie-Umsatz am Gastgeber Japan vorbeimogeln. Ein Umsatz von 160,3 Mrd. Euro und ein Anteil von 4,6 % an der weltweiten Chemiebranche bringen Deutschland Bronze. Einer der bekanntesten deutschen Chemiekonzerne ist die BASF in Ludwigshafen.(Bild: BASF)
Platz 2: USA - Made in USA ist ein Anteil von 12,3 % am weltweiten Chemiemarkt und das mit einem Umsatz von 425,8 Mrd. Euro im letzten Jahr.(Bild: VRD - Fotolia)
Platz 1: China - Mit einem Umsatz von 1.546,6 Mrd. Euro liegt China nicht nur weit vor den USA, sondern macht mit 44,6 % auch den Löwenanteil (oder Drachenanteil?) des weltweiten Chemiemarktes aus.(Bild: nui7711 - Fotolia)
Politischer Handlungsbedarf beim Strompreis
Politischen Handlungsbedarf sieht der Chemieverband bei der Unterstützung in der Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 sowie bei Standortfaktoren wie der Dauer von Genehmigungsverfahren, der Höhe der Unternehmenssteuern, dem Niveau der Forschungsförderung sowie vor allem beim Strompreis. Dieser sei durch höhere Brennstoffpreise, vor allem aber durch einen höheren CO2-Preis im EU-Emissionshandel stark gestiegen. Aktuell koste Strom die Unternehmen drei Mal so viel wie im Vorjahr. Das trifft besonders den Mittelstand hart. Kullmann: „Die kommende Bundesregierung muss alle staatlich bedingten Abgaben beim Strompreis prüfen und diese so weit wie möglich zurückfahren. Eine entscheidende Voraussetzung für die Branche, um neue klimaneutrale Technologien erfolgreich einzusetzen, sei ein Strompreis von 4 Cent pro Kilowattstunde.
Das sind die Zahlen zum VCI-Halbjahresbericht 2021
VCI Halbjahresbericht 2021 Entwicklung des Gesamtumsatzes der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland(Bild: VCI, Daten destatis)
Entwicklung der Produktion in den einzelnen Sparten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland(Bild: VCI, Daten destatis)
Kernindikatoren der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland(Bild: VCI, Daten destatis)
Prognose 2021 - Kernindikatoren der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland(Bild: VCI, Daten destatis)
Entwicklung der Strompreise in Europa(Bild: VCI)
Prognose 2021- Ergebnisse einer Mitgliederbefragung des VCI zu Investitionshemmnissen(Bild: VCI)
VCI-Präsident Christian Kullmann stellte den Halbjahresbericht des Chemieverbands vor. Bild Evonik(Bild: Evonik)