Schulterschluss der Industrie mit EU-Parlamentariern

Offener Brief an EU-Kommission: Chemie- und Industriekonzerne fordern massiven Grünstrom-Ausbau

22 Industriekonzerne, darunter Chemie-Größen wie BASF, Covestro, Borealis und Shell, haben gemeinsam mit EU-Parlamentariern die EU-Kommissionspräsidentin angeschrieben: In einem offenen Brief fordern sie den massiven Ausbau erneuerbarer Energien.

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In einem offenen Brief an Eu-Präsidentin von der Leyen fordern Industriekonzerne und Paralmentarier den Ausbau erneuerbarer Energieen in Europa.
In einem offenen Brief an Eu-Präsidentin von der Leyen fordern Industriekonzerne und Paralmentarier den Ausbau erneuerbarer Energieen in Europa.

In dem offenen Brief, welcher der EU-Kommission am 8.7.21 zugestellt wurde, stellen die Verfasser fest, dass eine erfolgreiche Transformation hin zur Klimaneutralität der Industrie grundlegend auf einem europäischen Ansatz beruhe, den Ausbau erneuerbarer Energien massiv zu beschleunigen. Die Parlamentarier und Industrevertreter fordern von der EU-Kommission, sie solle im "mehr Ehrgeiz und Entschlossenheit" zeigen, um das europäische Energiesystem fit für 2030 zu machen.

Die aktuelle Industriestrategie der EU greife hier zu kurz - aber es bestünde weiterhin die Chance, dies mit dem kommenden Gesetzespaket wieder gut zu machen. Die Unterzeichner sorgen sich, dass ohne einen stärkeren Fokus der EU-Politik auf Investitionen, um erneuerbare Energie für die industrielle Nutzung verfügbar zu machen, "riskieren wir nicht nur eine Verzögerung im Hinblick auf die Reduktion von Treibhausgasen, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Glaubwürdigkeit, gemeinsame eingegangene Verpflichtungen auch zu liefern.

Viele Unternehmen seien bereit, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen - und das sollte die EU-Kommission auch, so die Verfasser, zu denen 18 Parlamentarier unterschiedlicher Parteien sowie 22 CEOs aus der Industrie, darunter Air Liquide, Arcelor Mittal, BASF, Borealis, Covestro, Daimler, DSM, RWE, Shell, Solvay, Thyssenkrupp, Total und Vattenfall gehören.

Der offene Brief an die EU-Kommission im Wortlaut
Der offene Brief im Wortlaut.

Die Klimaziele von EU und Großkonzernen der Chemiebranche

EU-Parlament
Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken.
Bayer-Fabrik
Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen.
Lanxess-Klimagrafik
Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen.
Dow
Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln.
BASF
Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen.
Merck-Zentrale
Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren.
Lyondellbasell
Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren.
Henkel
Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Anlagenbau einer Düngemittel-Anlage
Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015.
Linde
Der Gaskonzern Linde plant bis 2028 seine Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018, um 35% zu reduzieren. Außerdem will das Unternehmen 1 Mrd. US-Dollar in Dekarbonisierungsprojekte investieren und den Kauf von CO2-armen Energien verdoppeln.