Hilfe für die energieintensive Industrie?

Vom Industriestrompreis zum Stromkreispaket

Hat das Tauziehen und die lange Diskussion um den Industriestrompreis mit dem nun beschlossenen Strompreispaket der Bundesregierung nun ein Ende? Was spricht dafür und was dagegen? Wir haben Reaktionen zum Thema zusammengetragen.

Veröffentlicht Geändert
energiekosten
Das Strompreispaket soll das produzierende Gewerbe entlasten und international konkurrenzfähig halten.

Das Strompreispaket soll die produzierende Industrie steuerlich entlasten. Die Steuer wird auf. 0,05 ct/kWh herabgesetzt – darauf haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner geeinigt.

Der Kompromiss wurde von den einzelnen Stakeholdern erwartungsgemäß ganz unterschiedlich bewertet. Hier ein paar Stimmen:

Wolfgang Große Entrup
Als Vertreter der energieintensiven Industrie ist derVCIerwartunggemäß nicht wirklich glücklich mit dem gefundenen Kompromiss:"Wir begrüßen, dass sich die Bundesregierung in einem internen Kraftakt endlich auf einen Kompromiss geeinigt hat. Das Energiepaket löst aber nur einen kleinen Teil der akuten Probleme unserer Industrie. Die beschlossenen Maßnahmen erhalten nur den Status quo. Sie bringen keine zusätzlichen Entlastungen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen verbessern. Die dringend benötigte kurzfristige Brücke für energieintensive Unternehmen und damit der energiepolitische Befreiungsschlag bleiben leider aus. Die Maßnahmen werden den Wettbewerbsnachteil zu Regionen wie China oder USA nicht spürbar reduzieren. Deshalb muss die Politik weiter an der Zukunft des Standorts Deutschland arbeiten. Der geplante Chemiepakt bietet dafür weitere Chancen."VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup
Thilo Brodtmann
DerVMDAbegrüßt die gefundene Lösung, da sie der gesamten Industrie, vor allem auch dem Mittelstand zu Gute kommt:„Die Bundesregierung hat richtig entschieden, indem sie allen Unternehmen des produzierenden Gewerbes durch die Senkung der Stromsteuer entlastet. Dies hatte der mittelständisch geprägte Maschinen- und Anlagenbau immer gefordert. Eine solche Steuersenkung wird direkt wirksam. Die Entlastung wird somit in der Breite der Industrie ankommen.Die Entlastung für besonders große industrielle Stromverbraucher mit Hilfe einer ausgeweiteten Strompreiskompensation ist ein tauglicher Kompromiss. Hier kommt es aber auf die konkrete Ausgestaltung an – diese Maßnahme muss zielgenau erfolgen und darf die notwendige Transformation des Energiesystems und der Industrie nicht bremsen oder gar konterkarieren.Auch nach diesem Paket bleibt noch viel Reformbedarf: Das Strommarktdesign und die Netzentgelte müssen strukturell modernisiert werden, um die schnelle Veränderung des Energiesystems zu unterstützen und die Lasten fair zu verteilen.“VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann
Michael Vassiliadis
Wie der VCI weist auch dieIGBCEdarauf hin, dass die Probleme der energieintensiven Industrie mit dem Strompreispaket nicht gelöst sind:"Mit dem heute vorgelegten Strompreispaket erkennt die Bundesregierung erstmals geschlossen an, dass es bei diesem für die heimische Industrie so zentralen Kostenfaktor Handlungsbedarf gibt, und bringt Entlastungen in der Breite der gewerblichen Stromkunden auf den Weg. Das Maßnahmenbündel beantwortet allerdings die Zukunftsfragen der besonders energieintensiven Industrien noch nicht umfassend.Viele Elemente der Einigung wie die Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte, Strompreiskompensation oder der Super-Cap bringen zwar die Sicherheit, dass bestehende Entlastungsregelungen nicht wie geplant auslaufen und den Strompreis noch zusätzlich erhöhen. Eine nachhaltige Senkung der Strompreise für die im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen wird durch die vorgestellten Maßnahmen jedoch nicht erreicht. […]“Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft IGBCE
Simone Peter
DerBundesverband Erneuerbare Energienweist auf die Gefahr hin, dass eine Subventionierung von Strom aus fossilen Quellen Unternehmen dazu verleitet, die Umstellung auf Erneuerbare Energien zu vernachlässigen.„Es ist richtig, dass die Bundesregierung die Industrie in der gegenwärtigen Situation entlastet. Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Prozent ist zu begrüßen. Das kann dringend benötigte Impulse zur Elektrifizierung und Dekarbonisierung setzen. Der BEE fordert dies bereits seit Jahren als Entlastungshebel, zuletzt in seiner umfangreichen Studie zur Reform des Strommarktdesigns. Neben dem produzierenden Gewerbe sollte die Senkung auf alle weiteren Verbraucherinnen, Verbraucher und Gewerbe ausgeweitet werden, um grüne Technologien – von Wärmepumpen bis Speicher – stärker wirtschaftlich anzureizen. Diese Technologien spielen für die Dekarbonisierung der Sektoren eine wichtige Rolle.Die Fortsetzung der bestehenden Strompreiskompensation, mit der die Kosten für den Kauf von CO2-Zertifikaten ausgeglichen werden, ist abzulehnen. Fossiler Strombezug wird damit weiterhin subventioniert. Unternehmen, die sich bisher nicht für den Umstieg auf Erneuerbare Energien engagiert haben, werden zusätzlich entlastet. Unternehmen, die den Umstieg auf Erneuerbare bereits vollzogen haben oder derzeit vollziehen, gehen leer aus. Das sendet ein völlig falsches Zeichen.“Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE), Dr. Simone Peter
Peter Adrian
DieDIHKbegrüßt das Paket als längst überfällige Entscheidung und lobt es als Maßnahme zum Bürokratieabbau. Präsident Adrian bezweifelt allerdings, dass die Beschlüsse ausreichend sind.„Die Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe sei "eine überfällige Entscheidung", kommentiert Adrian die Einigung. "Schließlich muss Strom günstig sein, damit gerade auch mittelständische Industriebetriebe ihren Pfad zur Klimaneutralität gehen können." Gleichzeitig würden energieintensivere Unternehmen von erheblicher Bürokratie entlastet."Daher ist das Strompreispaket auch ein Baustein für den Bürokratieabbau. Die kleine Ausweitung und vor allem die Verstetigung der Strompreiskompensation sind ein wichtiges Signal für die extrem stromintensiven Branchen." Ob das Paket am Ende ausreiche, um für die gesamte Industrie wettbewerbsfähige Strompreise zu sichern, sei "allerdings zweifelhaft".“Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK)