Anlagen der Öl- und Gasindustrie

Anlagen der Öl- und Gasindustrie verfügen oft über Tausende von Messstellen, die sorgfältig zu kalibrieren und zu dokumentieren sind. (Bild: erikdegraaf – fotolia.com)

  • In den Anlagen der Öl- und Erdgasindustrie nehmen Vor-Ort-Kalibrierungen zu, um den Betrieb zu optimieren.
  • Ein tragbarer Multifunktionskalibrator reduziert den Kalibrieraufwand und macht diese Prüfprozesse effizienter, vor allem für die wichtigsten Messgrößen Druck und Temperatur.
  • Alle entscheidenden Komponenten für Prüfdurchgang und Dokumentation sind in dem eigensicheren Koffergerät vereint, darunter Referenzen, Elektromodul mit Langzeitbatterie, Hart-Kommunikator und Pneumatikpumpe.

Auf dem langen Weg von der Förderstätte zum Verbraucher muss Erdgas ein Metering Skid passieren. Dabei handelt es sich um eine Anlage zur eichpflichtigen Messung von Erdgas-Abgabemengen, quasi die offizielle Übergabe vom Erzeuger an den Abnehmer. Deswegen gelten bei diesem Verfahren, der sigenannten fiskalischen Messung, strenge Anforderungen an die Genauigkeit. Da der Erlös sich aus der im Metering Skid erfassten Mengenangabe errechnet, können bereits kleine Messfehler hohe Umsatzeinbußen verursachen. Der Öl- und Erdgasmarkt hat außerdem mit Preisschwankungen, Sicherheitsrisiken und der Reduzierung von Emissionen zu kämpfen. Verluste aufgrund ineffizienter Prozesse sind daher unbedingt zu minimieren.

Das „Hirn“ jedes Metering Skids ist ein Flow-Computer. Er verarbeitet die Daten sämtlicher Messgeräte der Anlage für die abschließende Mengenabrechnung. Weil Erdgas komprimierbar ist, spielt das Erfassen von Druck und Temperatur neben der eigentlichen Durchflussmessung und der Gaschromatografie eine entscheidende Rolle. Funktion und Messqualität der im Skid verbauten Messinstrumente sind regelmäßig zu überprüfen. Ihre Anwendung in der fiskalischen Messung unterliegt nationalen Normen und wird von staatlichen Aufsichtsbehörden und Industrieverbänden des jeweiligen Förderlandes kontrolliert. Die regelmäßige Kalibrierung der Druck- und Temperatursensoren im Rahmen dieser Prüfanforderungen geschieht in der Regel in der Anlage. Nachzuweisen ist dabei die konsistente Wiederholbarkeit der Prüfergebnisse und die Rückführbarkeit auf die zugeordnete Referenz.

Einzelnes Gerät spart viele Handgriffe

Multifunktions-Kalibriergerät CPH8000-P1
Das Multifunktions-Kalibriergerät CPH8000-P1 ist tragbar in einem eigensicheren Koffer untergebracht. (Bild: Wika)

Angesichts aller Rahmenbestimmungen für die Prüfprozesse ist ein vielseitiges Equipment notwendig. Die Kalibrierteams eines Global Players im Erdgasgeschäft nahmen deshalb in der Vergangenheit eine Reihe von Geräten mit in den Metering Skid, darunter Druck- und Temperaturkalibrator, Pneumatikpumpe, Widerstandsdecoder und Hart-Kommunikator. Jede Kalibrierung erforderte entsprechend viele Handgriffe und barg damit auch ein gewisses Maß an Fehleranfälligkeit.

Um die Prüfabläufe effizienter zu gestalten, wechselte das Unternehmen von der vielteiligen Ausrüstung zum Multifunktionskalibrator CPH8000-P1 von Wika. Das tragbare Koffergerät vereint alle entscheidenden Komponenten, die das Team vorher einzeln im Gepäck hatte. In seiner eigensicheren Ausführung mit Atex-Zulassung eignet sich das Gerät für sämtliche Bereiche in der Öl- und Gasindustrie, vor allem in Raffinerien mit Abertausenden Messstellen. Hier kommt der Kalibrator, der über einen großen Touchscreen leicht zu bedienen ist, in erster Linie für die Überprüfung von Drucksensoren, Widerstandsthermometern und Thermoelementen infrage.

Das Gerät misst darüber hinaus Strom, Spannung und Impulssignal und erfasst die Umgebungsbedingungen (Luftdruck, Umgebungstemperatur und Luftfeuchte). Es lässt sich modular aufbauen, sodass Performance und Ausstattung exakt auf die Anforderungen des Anwenders ausgerichtet sind. Der Multifunktionskalibrator verfügt über vier Messkanäle (Ein- und Ausgang). Bediener im Metering Skid können ebenso viele Prüfaufgaben parallel ausführen, auch mit unterschiedlichen Messgrößen. Der Verlauf der einzelnen Messungen lässt sich auf dem Display in numerischer oder grafischer Darstellung verfolgen.

Hart-Modul vereinfacht Kommunikation

Für die Wahl des neuen Equipments sprach neben der prüftechnischen Flexibilität das integrierte Hart-Modul. Das Messinstrumentarium im Metering Skid ist Hart-fähig. Der Kalibrator kommuniziert somit direkt mit den Geräten. Mit vorab aufgespielten Kalibrierroutinen lassen sich die Prüfabläufe automatisch steuern, was die Verfahren effizienter und zugleich sicherer und einwandfrei nachvollziehbar macht.

Zur Kalibrierung der Druckmessgeräte in der Anlage kann der Vor-Ort-Service auf drei interne und bis zu zwei externe Referenzsensoren zurückgreifen. Den notwendigen Prüfdruck erzeugt der Techniker mit einer integrierten Pneumatikpumpe, die sich über einen Präzisionsregler in kleinen Schritten einstellen lässt. Die Energie für alle Betriebsabläufe bezieht der Kalibrator aus einem entsprechend leistungsfähigen Elektromodul mit Langzeitbatterie. Das Modul versorgt zudem die Prüflinge und externen Referenzen mit DC-24-V-Spannung. Die eigensichere Ausführung des Kalibrators ermöglicht dies auch in Ex-Bereichen ohne Gefahr.

Das Kalibrierteam im Metering Skid nutzt die Stromquelle zudem, um die in der Anlage verbauten Widerstandsthermometer zu prüfen. Dazu werden die Temperaturtransmitter des Messgeräts demontiert. Der CPH8000-P1 simuliert anschließend einen kundenspezifischen Widerstandswert (= Temperatur) und übermittelt ihn an den Temperaturfühlereingang des Transmitters. Das Kalibrierteam stellt auf diese Weise fest, ob der Transmitter den elektrischen Ausgang des Sensors korrekt misst und ausgibt. Über eine vorprogrammierte Reihe zu simulierender Temperaturwerte kann der gesamte Messbereich des Prüflings abgedeckt werden.

Ein solches Simulationsverfahren lässt sich auch bei Thermoelementen anwenden, hier mittels mV-Signal. Geräte dieser Art werden vor allem in Prozessen mit hohen Temperaturen eingesetzt, zum Beispiel in Reaktoren und Öfen von Raffinerien. Dabei handelt es sich in etlichen Fällen um Thermoelemente mit SIL-Zulassung, die ausschließlich in situ zu prüfen sind. Die Simulationsmethode entspricht einer Funktionsprüfung, die vergleichsweise unaufwendig ist. Anlagenbetreiber nutzen sie in erster Linie an besonders sensiblen Stellen, um bereits vor einem Startup oder einem geplanten Shutdown mögliche Abweichungen detektieren zu können.

Dokumentation im mobilen Prüflabor

Die Verifizierung der ordnungsgemäßen Signalausgabe mittels Simulation entspricht jedoch keiner Temperaturkalibrierung. Diese vollzieht sich ausschließlich über eine entsprechende Referenz, wie zum Beispiel ein Kalibrierbad oder einen Blockkalibrator. Die im Metering Skid verbauten Widerstandsthermometer werden zu dieser Prüfung in ein Labor gebracht.
Bei SIL-Temperaturmessgeräten in Raffinerien, bei denen eine Temperaturkalibrierung zum Beispiel für die Re-Zertifizierung zwingend notwendig ist, muss dieser Vorgang wie erwähnt in situ erfolgen. Hierfür lässt sich aus der Kombination des CPH8000-P1 mit einem mobilen Blockkalibrator wie aus der CTD9000-Reihe von Wika eine effiziente Prüfanordnung zusammenstellen: eine Komponente für die Referenz, die andere für die Dokumentation.

Der Nachweis aller Kalibriervorgänge ist mit der Dokumentationsfunktion des Kalibrators automatisiert. Kalibrier- und Datenlogger-Vorgänge lassen sich aufgrund des großen internen Datenspeichers vor Ort aufzeichnen und überall abrufen. Die Daten können darüber hinaus zur Weiterverarbeitung an ein Notebook oder einen PC übertragen werden. Eine Report-Software ermöglicht es den Anwendern, im Gerät ihre spezifischen Kalibrierprotokolle zu konfigurieren.

Die Protokolle werden entweder direkt ausgedruckt oder in ein PDF-, Word- oder Excel-Format exportiert. Das Erdgasunternehmen kann mittels der elektronischen Dokumentation gegenüber den Aufsichtsinstanzen lückenlos belegen, dass die Messgeräte im Metering Skid regelmäßig überprüft wurden und zum entsprechenden Zeitpunkt im Rahmen ihrer Spezifikation funktioniert haben.

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WIKA Alexander Wiegand SE & Co. KG

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