Zwar haben sich nach Auskunft der Chemiegewerkschaft IGBCE beide Seiten an den beiden Verhandlungstagen am Montag und Dienstag (21. und 22. März) in Hannover in einigen Teilbereichen aufeinander zubewegt. In den Kernfragen der finanziellen Ausgestaltung einer möglichen sogenannten Brückenlösung liegen die Tarifparteien jedoch immer noch „weit auseinander“.
Keine Einigung über „Brückenlösung“
Die Gewerkschaft hatte immer die grundsätzlich gute wirtschaftliche Lage der Chemiebranche betont, zuletzt aber angesichts der Unsicherheit in Folge des Ukraine-Krieges eine Übergangslösung ins Spiel gebracht. „Wir wissen nicht, ob wir uns auf ein konjunkturelles Horrorszenario einstellen müssen oder ob es zu einer schnellen wirtschaftlichen Normalisierung kommt“, hatte Verhandlungsführer Ralf Sikorski im Vorfeld der Verhandlungen erklärt. „Deshalb sind wir bereit, eine Brücke zu bauen über das Tal der Unsicherheit.“
Diesen Vorschlag bewerteten die Arbeitgeber immerhin als "Fortschritt für die Verhandlungen". Über die Ausgestaltung dieser Lösung konnten sich die Tarifparteien an den beiden Verhandlungstagen aber offenbar trotzdem nicht einigen. Sie wäre für die Arbeitgeber auch nicht ohne Auswirkungen: Die Gewerkschaft fordert auch für die Brückenlösung eine Kombination aus einer tabellenwirksamen, also dauerhaft geltenden Komponente und Einmalzahlung vor. Dies bei einer kurzen Laufzeit, um zunächst über die aktuelle Situation der ökonomischen Unsicherheit zu kommen.
„Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Eine Brücke wäre außergewöhnlich – sie trägt aber nur, wenn die Belastungen moderat und kalkulierbar sind", erklärte Hans Oberschulte, Verhandlungsführer des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC). "Im Kern geht es darum, wie wir dauerhafte Belastungen für die Unternehmen begrenzen und zugleich die Folgen der Inflation für die Beschäftigten dämpfen.“
Wie dies gelingen soll, ist aber offenbar noch strittig: „Die Arbeitgeber haben noch einen weiten Weg vor sich, um über die Brücke zu gehen, die wir gebaut haben“, so Gewerkschafts-Verhandlungsführer Sikorski. Bislang sprudeln die Gewinne der Konzerne weiter – ihre Beschäftigten aber leiden massiv unter der Inflation“. Die Tarifparteien hätten die gesellschaftliche Verantwortung, sie jetzt schnell zu entlasten.
Annäherungen beim Home Office
Abseits der Entgeltfragen haben sich die beiden Tarifparteien aber in Hannover bereits angenähert, heißt es aus Gewerkschafskreisen. Neben einer Kaufkraftsteigerung für die Beschäftigten fordert die IGBCE eine Erhöhung der Nachtschichtzuschläge auf einheitlich 25 %. Außerdem will die Gewerkschaft in der industriellen Transformation gute mobile Arbeit für die Zukunft gestalten und im Rahmen des Unterstützungsvereins der chemischen Industrie neue Fördermöglichkeiten zur Ausbildung Jugendlicher entwickeln, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Um eine Einigung zu erzielen, sollen die Tarif-Verhandlungen in der Chemie sollen nun am 4. und 5. April in Wiesbaden fortgesetzt werden.