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Der VIK fordert eine Klimapolitik, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nicht gefährdet. (Bild: Yvonne Bogdanski – Fotolia)

Neben dem Wasserstoff-Papier präsentierte die EU-Kommission gleichzeitig auch eine Strategie zur Integration von Energiesystemen. Diese Energiestrategie ruht auf drei Säulen:

  1. Einem stärker „kreislauforientierten“ Energiesystem, dessen zentrales Bestandteil die Energieeffizienz ist. Erhebliches Potenzial bieten nach Ansicht der EU die Wiederverwendung von Abwärme aus Industrieanlagen, Rechenzentren oder anderen Quellen sowie die Energiegewinnung aus Bioabfall oder Kläranlagen.
  2. Einer stärkeren direkten Elektrifizierung der Endverbrauchssektoren. Da der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor am höchsten ist, soll nach Möglichkeit zunehmend Strom genutzt werden, beispielsweise für Wärmepumpen in Gebäuden, Elektrofahrzeuge im Verkehr oder Elektroöfen in bestimmten Industriezweigen. Ein Netz von 1 Mio. Ladestationen für Elektrofahrzeuge soll neben dem Ausbau der Solar- und Windkraft zu den sichtbaren Ergebnissen zählen.
  3. Für die Sektoren, in denen eine Elektrifizierung schwierig ist – wie beispielsweise auch in der Chemieindustrie – wird in der Strategie die Nutzung saubererer Brennstoffe‚ z. B. von erneuerbarem Wasserstoff, nachhaltigen Biokraftstoffen und Biogas, vorgeschlagen. Die Kommission werde ein neues Klassifizierungs- und Zertifizierungssystem für erneuerbare und CO2-arme Brennstoffe vorschlagen.

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Grüner Wasserstoff bekommt eigene Strategie

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Die Wasserstoff-Politik in Europa soll gemeinsam voranschreiten. (Bild: Yvonne Bogdanski – Fotolia)

Für den letzten Punkt hat die EU mit der Wasserstoffstrategie ein eigenes Konzept ausgearbeitet. Nach Überzeugung der Kommission kann Wasserstoff Sektoren mit Energie versorgen, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind, und die Energie speichern, um variable Energieflüsse aus erneuerbaren Energieträgern auszugleichen. Aber dies könne nur durch auf EU-Ebene koordinierte Maßnahmen des öffentlichen und privaten Sektors erreicht werden.

Der schrittweise Übergang zum grünen Wasserstoff erfordert laut EU einen stufenweisen Ansatz:

  • Von 2020 bis 2024 will man in der EU die Installation von für die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff bestimmten Elektrolyseuren mit einer Elektrolyseleistung von mindestens 6 GW und die Erzeugung von bis zu 1 Mio. t erneuerbarem Wasserstoff unterstützen.
  • Von 2025 bis 2030 müsse Wasserstoff dann zu einem wesentlichen Bestandteil unseres integrierten Energiesystems werden, indem in der EU für die Erzeugung von erneuerbaren Wasserstoff bestimmte Elektrolyseure mit einer Elektrolyseleistung von mindestens 40 GW installiert und bis zu 10  Mio. t erneuerbarer Wasserstoff erzeugt werden.
  • Von 2030 bis 2050 sollten schließlich die Technologien für erneuerbaren Wasserstoff ausgereift sein und in großem Maßstab in allen Sektoren, in denen die Dekarbonisierung schwierig ist, eingesetzt werden.

Um die Umsetzung dieser Strategie zu unterstützen, hat die Kommission die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff. Außerdem will die Kommission politische und regulatorische Maßnahmen vorschlagen, um Sicherheit für Investoren zu schaffen, den Einsatz von Wasserstoff zu erleichtern, die erforderliche Infrastruktur und Logistik zu fördern, die Instrumente für die Infrastrukturplanung anzupassen und Investitionen zu fördern,

VDMA sieht „wichtige Schritte für eine erfolgreiche Energiewende“

Für den VDMA sind beide von der EU aufgeworfenen Punkte – integrierte Energiesysteme und Wasserstoff – wichtig, denn der Verband ist überzeugt: Die Nachfrage nach innovativen klimafreundlichen Technologien wird weltweit steigen. „Es ist daher gut, dass die EU-Kommission endlich Fortschritte mit einer EU-Wasserstoffstrategie und einer Strategie zur Integration der Energiesysteme macht. Wir glauben, dass ein vollständig integriertes Energiesystem der Schlüssel für eine klimaneutrale Zukunft und wirtschaftlichen Erfolg ist“, sagt Matthias Zelinger, Klima- und Energiepolitischer Sprecher des VDMA. Der Maschinen- und Anlagenbau entwickelt hierfür seit Langem innovative Lösungen und sei ein Wegbereiter für ein vollständig integriertes Energiesystem.

Aus Sicht des VDMA ist es wichtig, dass das integrierte Energiesystem auf marktwirtschaftlichen Grundsätzen aufgebaut wird. Klimaneutralität wird am besten in einem offenen Wettbewerb zwischen Energieträgern und bestehenden sowie innovativen technischen Lösungen erreicht. Regulierung sollte nicht bestimmen, welche Technologien verwendet oder welcher Energieträger in welcher Branche eingesetzt werden soll. Zelinger betont: „Die Wirtschaftlichkeit von Energieträgern muss durch den CO2-Preis und die Bedingungen der verschiedenen Anwendungen bestimmt werden. Ein technologieoffener, wettbewerblicher Ansatz ist innovationsfördernd und für uns eine gute Basis in einem wachsenden Weltmarkt.“

Ein neues, stark auf erneuerbaren Energien basierendes Energiesystem müsse sicherstellen, dass die Versorgungssicherheit auf dem europäischen Energiemarkt jederzeit gewährleistet ist. Energie müsse zu international wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen. „Eine vollständige Integration des Energiesystems kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie die bestehende Infrastruktur und ihre Vorteile berücksichtigt“, erklärt der Klima- und Energiepolitische Sprecher des VDMA. Der zunehmende Einsatz variabler erneuerbarer Energiequellen werde die Notwendigkeit von Speicheroptionen etwa für eine flexible Stromerzeugung erhöhen. Alle mechanischen und elektrochemischen Speichertechnologien spielten neben Wasserstoff und anderen Power-to-X-Lösungen (P2X) eine wichtige Rolle.

Erneuerbare Energieträger, einschließlich des sauberen Wasserstoffs (basierend auf grünem Strom und Elektrolyse), spielen eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, der EU zu helfen, ihr Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, weiß der VDMA. Der Verband ist jedoch der Auffassung, dass alle Technologien zur Herstellung von klimaneutralem Wasserstoff und davon abgeleiteten Gasen, Kraftstoffen oder Einsatzstoffen ausschließlich über ihre CO2-Gehalt bewertet werden müssen. „Wir unterstützen die Gründung der Clean Hydrogen Alliance als ein Forum für die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Industrie und Zivilgesellschaft, um den Weg zur industriellen Skalierung und zur Erreichung der Wettbewerbsfähigkeit von Wasserstofftechnologien zu beschleunigen,“ sagt Peter Müller-Baum, Geschäftsführer der VDMA-Arbeitsgemeinschaft Power-to-X for Applications. „Europäische Maschinenbauunternehmen sind Technologieführer für Wasserstoff- und andere P2X-Lösungen. Unser Ziel ist es, eine wettbewerbsfähige Industrie aufzubauen, die europäische und globale Märkte bedient, neue Arbeitsplätze schafft und bestehende erhält“, erläutert Müller-Baum.  Er fordert: „Eine zukunftsweisende europäische Wasserstoffstrategie muss aber auch für andere wasserstoffbasierte Gase, E-Fuels und Rohstoffe einen Entwicklungspfad beschreiben.“ Der VDMA ist der festen Überzeugung, dass das Ziel einer klimaneutralen und prosperierenden europäischen Wirtschaft nur mit den Vorteilen von P2X in allen Bereichen erreicht werden kann.

Auch Chemie- und Energieunternehmen stehen hinter dem Konzept

Das geplante Netz verbindet mit einer Länge von rund 130 km Erzeuger und Verbraucher in Niedersachsen und NRW. (Bild: Evonik)

Das Projekt Get H2 Nukleus: Ab 2023 soll ein öffentlich zugängliches Wasserstoffnetz Industrieunternehmen in Niedersachsen und NRW mit grünem Wasserstoff versorgen. (Bild: Evonik)

Auch die fünf Partner des Wasserstoffprojektes Get H2 Nukleus , namentlich Evonik, BP, Nowega, OGE und RWE haben die Europäische Wasserstoffstrategieausdrücklich begrüßt „Im Zusammenspiel mit der Nationalen Wasserstoffstrategie ist das Konzept der EU ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer europäischen Wasserstoffwirtschaft und damit für die Erreichung der Klimaziele“, sagt Bernhard Niemeyer-Pilgrim, Vorstandsmitglied von BP Europa.

 

Die deutsche wie die europäische Wasserstoffstrategie seien wichtige Grundlagen für das Projekt, das die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, dem Transport über 130 km Rohrleitungen und die Abnahme im Industriesektor plant. Aber: „Jetzt braucht es eine zeitnahe Umsetzung der geplanten Maßnahmen der deutschen und der europäischen Wasserstoffstrategien. Nur so kann die notwendige Investitionssicherheit für die an Wasserstoffprojekten beteiligten Unternehmen geschaffen werden“, sagt Thomas Basten, Leiter Pipelines der Evonik-Division Technology & Infrastructure. Die bisherigen Signale aus der Politik seien sehr positiv.

Die Produktion des grünen Wasserstoffs und die Belieferung der Kunden durch das Projekt sollen bereits 2023 starten. Die Partner des Get H2 Nukleus haben dazu einige Arbeitsschritte bereits angestoßen, um die CO2-Einsparungspotenziale von grünem Wasserstoff so frühzeitig wie möglich zu realisieren:

  • Die Baufeldvorbereitung und technische Planung der 100 MW Elektrolyseanlage in Lingen laufen.
  • Die Machbarkeitsstudie für die Errichtung der Wasserstoffeinspeisestation ist abgeschlossen.
  • Das Netzanschlussbegehren für die Einspeisung von grünem Wasserstoff in Lingen liegt vor.
  • TÜV-Studien für die erste der umzustellenden Leitungen liegen vor.
  • Vorbereitung von ersten Maßnahmen zur Umstellung bestehender Erdgasleitungen auf Wasserstoff werden getroffen.
  • Der Bau der Verbindungsleitung vom Chemiepark von Evonik in Marl zur Raffinerie von BP in Gelsenkirchen-Scholven beginnt im August 2020.
  • Die technische Planung der Herrichtung des Netzanschlusspunktes BP Lingen für die Abnahme des Wasserstoffs ist gestartet.
  • Der Austausch mit den Genehmigungsbehörden zur Leitungsumstellung, zum Leitungsneubau und zum Bau der Elektrolyse ist gestartet.

(jg)

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