- Trotz europaweiten Fortschritten beim Kunststoff-Recycling erschwert fehlende Infrastruktur den Weg zur Kreislaufwirtschaft, auch bei etablierten Verfahren wie dem PET-Recycling.
- Der Bedarf an Recyclingmaterial steigt weiter an, gleichzeitig steigen auch die Qualitätsansprüche an die bereitgestellten Kunststoffe.
Zwar gab es auch Fortschritte im Ausbau des Kunststoffrecyclings. Unzureichende Sammelstrategien und hohe Verschmutzungsgrade bei PET-Flaschen gefährden diese Teilerfolge jedoch, urteilen die Autoren der ICIS-Umfrage 2020 über die europäische Industrie für recyceltes Polyethylenterephthalat (R-PET).
Über die Umfrage
Die 2020 ICIS European RPET Umfrage wurde in 28 Ländern in Westeuropa im Zeitraum von April bis November 2020 durchgeführt. Zu diesen Ländern gehören die 28 EU-Mitgliedsstaaten, ohne Malta und Zypern, sowie Norwegen und die Schweiz. Der Hauptfokus der Studie lag auf der RPET-Industrie im Jahr 2019 mit Details zu jedem der Hauptelemente der Lieferkette: Sammlung, Recycling und Endnutzung. Der Bericht ist eine Gemeinschaftsarbeit, an der nationale Behörden, Compliance-Agenturen, Pfandrücknahmesysteme und Recycler beteiligt sind.
Marginale Verbesserung
Insgesamt verzeichnete die EU eine Recyclingquote von 46 % – ein Anstieg von 2 % gegenüber 2018. „Das ist eine marginale Verbesserung, aber immer noch wird weniger als die Hälfte der in den Markt gebrachten Flaschen recycelt“, sagt Helen McGeough, Senior Analyst of Plastic Recycling bei ICIS. „Angesichts der Tatsache, dass PET eines der am besten recycelbaren Polymere auf dem Markt ist und die Recycling-Infrastruktur reifer ist als bei anderen Polymeren, bleibt die Frage, warum dies nicht zu höheren Recyclingraten führt.“
Dass die Quote geringer ausfällt als möglich und erwartet, spiegele die umfassenderen Probleme wider, mit denen der Sektor konfrontiert ist. McGeough hebt hervor, dass die Sammel- und Sortierinfrastrukturen hauptsächlich von nationalen Regierungen verwaltet werden. Diese hätten nicht in Systeme investiert, um die zunehmende Abfallzusammensetzung zu bewältigen. Daher sind sie nun lediglich in der Lage, minderwertige Recyclate produzieren zu können. „Der Recycling-Sektor erbt Materialien mit sinkender Ausbeute, während die Endverbraucher eine noch höhere Qualität des R-PET-Outputs verlangen“, fügte McGeough hinzu.
Versäumnisse der Sammelstrategie
Das Sammelvolumen von Post-Consumer-PET-Flaschen erreichte in der untersuchten Region 2019 2,2 Mio. t. Das entspricht einem Anstieg von 5 % gegenüber 2018 und stellt die höchste Wachstumsrate seit mehreren Jahren dar. Der Anteil der insgesamt eingesammelten PET-Flaschen stieg jedoch nur um 1 % auf einen Wert von 64 %. Das bedeutet, dass mehr als ein Drittel der Post-Consumer-Flaschen gar nicht erst zum Recycling gesammelt wird. Die PET-Recyclingindustrie reagierte auf den Nachfrageboom nach R-PET-Angeboten im Jahr 2018 mit einer Kapazitätssteigerung von 11 %. Die Sammelquoten kamen diesem Kapazitätszuwachs allerdings nicht nach.
Obwohl mit der Zunahme an gesammelten Flaschen auch das Angebot an Material für das Recycling mengenmäßig zugenommen hat, stieg auch die Verschmutzung an. Die durchschnittliche Ausbeute in der Region lag darum 2019 nur bei 69,5 %, gegenüber 71 % im Jahr 2018. Laut McGeough ist dies „nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass die Exporte von PET-Abfällen nach China aufgrund des Importverbots für Abfälle zurückgegangen sind und andere asiatische Märkte nicht in der Lage oder nicht willens sind, Lieferungen anzunehmen und zu einer Müllhalde für den Rest der Welt zu werden.“ Diese typischerweise minderwertigeren Materialien sind inzwischen in den inländischen Abfallstrom aufgenommen worden und tragen zur allgemein verringerten Ausbeute bei.
Wichtige Marken kämpfen um Recyclingziele
Die wichtigsten Triebkräfte für den R-PET-Markt sind Versprechen seitens der Abfüller, beispielsweise große Getränkeanbieter, sowie die Gesetzgebung. Wichtig ist hier vor allem die SUP-Richtlinie, die einen Anteil recycelten Materials für Flaschen vorschreibt und das Angebot an Rezyklaten zunehmend in Richtung Flaschenproduktion drängt. Die Flaschenindustrie muss bis gemäß SUP-Richtlinie 2025 einen Recyclinganteil von 25 % in PET-Flaschen erreichen. Die Studie zeigt ein Wachstum der R-PET-Durchdringung des Marktes für Flaschen mit Lebensmittelkontakt auf 14,5 %, ausgehend von 10,7 % im Jahr 2018. Dies liegt immer noch mehr als 10 % unter dem vorgeschriebenen Ziel und weit unter den Ambitionen einflussreicher Marken, die weit über dieses Niveau hinausgehen und sich für einzelne Segmente bis 100 % Recyclingmaterial als Ziel gesteckt haben.
Der ICIS-Bericht zeigt, dass der Anteil des R-PET-Angebots, der vom Markt für Flaschen mit Lebensmittelkontakt beansprucht wird, im Jahr 2019 auf 32 % gestiegen ist, verglichen mit 25 % im Jahr 2018. Dies spiegelt einen gewissen Sog durch die Lieferketten bedeutender Getränkemarken wider, die den Ehrgeiz haben, nachhaltigere Verpackungen für ihre Produkte anzubieten. Grund dafür ist ein steigender Druck der Verbraucher aufgrund der extrem gestiegenen Aufmerksamkeit für die Kunststoffverschmutzung in der Umwelt. Dieser auch als „Blue Planet“-Effekt bezeichnete Trend nimmt auch weiterhin zu.
„Die Umfrage für 2019 zeigt Verbesserungen in vielen Aspekten der R-PET-Versorgung des Marktes“, fasst McGeough zusammen. „Allerdings gibt es immer noch Herausforderungen zu bewältigen, vor allem am vorderen Ende der Kette. Dazu gehören die verbesserte Sammlung in Bezug auf Qualität und Quantität, ein verbessertes Design für das Recycling und die Sortierung, um die Abfallraten zu reduzieren, und ein steigendes Angebot an R-PET höchster Qualität, um die dringende Nachfrage der Abfüller zu bedienen.“