
Die Carbon-Capture-Pilotanlage wurde an die Klärschlammverbrennungsanlage (KVA) von Infraserv Höchst angeschlossen, laut Betreiber eine der größten und modernsten ihrer Art in Deutschland. (Bild: Infraserv Höchst)
Die Container-große Pilotanlage ist an die Klärschlammverbrennung des Industrieparks Höchst angeschlossen und bezieht bereits aufgereinigtes Rauchgas von dort. Per Aminwäsche scheidet die Anlage rund 25 kg/h CO2 bzw etwa 500 kg/d ab. Der Testbetrieb soll zunächst für drei Monate laufen. In diesem Zeitraum will der Industriepark-Betreiber Infraserv Höchst vor allem Informationen über den Betrieb einer solchen Anlage sammeln.
Rauchgas wie es aus der Klärschlammverbrennung stammt ist ein anspruchsvoller Ausgangspunkt für Carbon-Capture-Verfahren. Die Zusammensetzung des Abgasstroms ist komplex und kann je nach verbranntem Material variieren. Daher werden im Pilotprojekt Daten zur Abtrennrate, der Reinheit des CO2, der Zersetzung des Waschmittels, mit dem das CO2 gebunden und abgetrennt wird, und des Energiebedarfs ermittelt. Außerdem steht eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Skalierung auf größere Maßstäbe auf dem Programm. GEA bietet bereits Lösungen mit einer Leistung bis 600t CO2/d an. Erste Ergebnisse sind vielversprechend: Bei einem CO2-Gehalt im Rauchgas von rund 10 % erzielt die Anlage eine Abscheiderate von etwa 98 %.
Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst, betonte die Bedeutung solcher Projekte: „Pilotanlagen dieser Art sind unverzichtbar, um das Verfahren zu testen und notwendige Daten zu sammeln.“ Dies sei die Voraussetzung dafür, perspektivisch eigene, größere Carbon-Capture-Anlagen im Industriepark Höchst betreiben zu können: „Wir wollen uns vorbereiten, wir wollen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir eine große Anlage bauen können, wenn es funktioniert.“ Carbon Capture sei ein wichtiger Bestandteil der Transformation des Industrieparks, um CO2-Emissionen zu reduzieren, fossile Ressourcen zu schonen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern
Gleichzeitig sondiert der Betreiber Möglichkeiten, abgeschiedenes CO2 im Sinne von CCUS, also auch „Utilization“, weiterverwenden oder vermarkten zu können. Bereits vor einigen Jahren wurde das an der Biogasaufbereitungsanlage des Industrieparks abgetrennte CO2 im Forschungsprojekt Ico2chem gemeinsam mit Partnern zu emissionsfreien Ölen und Wachsen weiterverarbeitet. Mittlerweile liefert Infraserv dieses CO2 an die größte Power-to-Liquid-Pionieranlage Europas von Ineratec, die jüngst in Betrieb genommen wurde. In dieser Anlage wird CO2 in Kombination mit Wasserstoff zu synthetischen Kraftstoffen, wie zum Beispiel E-Kerosin, umgewandelt.
Die Carbon Capture-Pilotanlage wird maßgeblich durch das von der EU geförderte Projekt IS2H4C (From Industrial Symbiosis to Hubs for Circularity) finanziert. In vier europäischen Regionen, unter anderem auch im Industriepark Höchst, werden Konzepte für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft entwickelt und modellhaft erprobt. Das Projekt setzt dabei auf industrielle Symbiosen, bei denen Unternehmen Ressourcen, Energien und Infrastrukturen teilen, um die Effizienz zu steigern und Emissionen zu reduzieren.