Chemie steuert Chemie

Namur setzt auf autonome Anlagen

Die Chemieindustrie in Deutschland und Europa steht unter Druck. Damit ihr nicht das Licht ausgeht, müssen Anlagen zumindest in Teilen zu „Dark Factories“ werden: Die autonome Anlage stand deshalb im Zentrum des Anwendertreffens der Prozessautomatisierer, der Namur-Hauptsitzung.

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Werden Chemieanlagen zu „Dark Factories“? Das wohl nicht, aber wenn es nach der Namur geht, sollen sie sich künftig weitgehend autonom steuern und selbst optimieren.

    • Um Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, setzt die Namur auf autonome Anlagen.
    • Bis zu 5 % geringere Betriebskosten und 20 % Einsparung bei Automatisierungskosten sind möglich – wenn Basisautomation und KI zusammenspielen.
    • Die Technologie ist bereit – was fehlt, sind Tempo, Mut und ein klares Transformationsziel auf Betriebsebene.

Alle 76 Sekunden rollt in Peking ein SU7 vom Band – produziert von Xiaomi in einer hochautomatisierten Fabrik, in der kaum noch ein Licht brennt. Nicht etwa aus Spargründen, sondern weil dort kaum noch Menschen arbeiten. Eine „Dark Factory“, wie sie im Lehrbuch steht. Ganz anders im Porsche-Werk in Zuffenhausen, wo der vergleichbare Taycan gefertigt wird: Hier leuchten die Hallen noch hell, denn der Mensch ist hier noch das zentrale Element der Fertigung. Der Kontrast könnte kaum größer sein und wirft eine unbequeme Frage auf: Wie lange können es sich Hochtechnologiestandorte wie Deutschland noch leisten, nicht auf Autonomie zu setzen?

Olaf Abel, VP Operations Basic Petrochemicals beim BASF-Standort Ludwigshafen: „Viele stehen vor der Entscheidung: investieren oder schließen.“

Auch in der Chemieindustrie stellt sich diese Frage. Explodierende Energiepreise, globale Überkapazitäten, schwindende Margen und der Fachkräftemangel setzen die Branche unter Druck. „Viele stehen vor der Entscheidung: investieren oder schließen“, brachte es Olaf Abel von BASF im November auf dem alljährlichen Anwendertreffen der Prozessautomatisierer, der Namur-Hauptsitzung, auf den Punkt.

Dunkel wird es in Chemieanlagen aus Sicherheitsgründen nie sein – aber die Ähnlichkeit zur „Dark Factory“ nimmt zu. Die Anlagen müssen intelligenter werden: selbstoptimierend, lernfähig und resilient – um in Europa überhaupt noch wirtschaftlich betrieben werden zu können. Die autonome Anlage ist keine Zukunftsvision mehr, sondern eine Frage des Überlebens. Denn die Chemieindustrie in Europa steckt in der Krise. „Seit vier Jahren arbeitet die Branche mit einer Auslastung, die unterhalb der Profitabilität liegt“, sagte Tobias Schlichtmann, der Vorstandsvorsitzende der Namur und SVP Strategic Projects bei der BASF, zu Beginn des Treffens der rund 650 Prozessautomatisierer Ende November. Gründe dafür gibt es genug: Hohe Energie- und Rohstoffkosten gehören dazu. Besonders toxisch für die hiesigen Produzenten ist jedoch die Kombination dieser Nachteile mit globalen Überkapazitäten und dem Exportdruck von Wettbewerbern aus China und den USA. „Viele stehen vor der Entscheidung: investieren oder schließen“, berichtete Olaf Abel, VP Operations Basic Petrochemicals beim BASF-Standort Ludwigshafen. „Prüfkriterium ist dabei die Erwartung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit.“

 Autonome Prozessanlagen – nur der nächste Hype?

Tobias Schlichtmann, Vorstandsvorsitzender der Namur: „Unsere Anlagen brauchen ein neues Niveau von Effizienz und Flexibilität.“

„Unsere Anlagen brauchen ein neues Niveau von Effizienz und Flexibilität“, begründet Tobias Schlichtmann deshalb den Wunsch nach autonomen Anlagen – also solchen, die Routineentscheidungen selbst treffen, Prozesse vorausschauend anpassen und auch bei wechselnden Rahmenbedingungen und in Teillast stabil produzieren können. Denn klassische Automatisierung stößt dort an Grenzen, wo Veränderungen im Markt, Rohstoffqualität oder Energiemanagement immer schneller und komplexer auf die Produktion einwirken.

Autonome oder teilautonome Anlagen – so die Erwartung der Namur – ermöglichen es, Produktionsprozesse dynamischer zu fahren, Lastspitzen abzufangen, Energie effizienter einzusetzen und Anlagen auch bei knapper Personaldecke stabil zu betreiben. Sie werden damit zur Antwort auf eine Vielzahl drängender Herausforderungen: volatile Märkte, regulatorischer Druck, Fachkräftemangel und das Ziel, nachhaltiger und resilienter zu produzieren. Olaf Abel bringt es auf den Punkt: „Wenn wir unsere Anlagen nicht intelligenter machen, produzieren bald andere für uns.“ Seine Vision: Die Anlagen der Zukunft stoßen weniger CO₂ aus und nutzen vermehrt nachhaltige oder recycelte Rohstoffe. Doch das erfordert hochautomatisierte Betriebe.

Um dieses Ziel zu erreichen, rücken die Prozessautomatisierer auch über Unternehmensgrenzen hinweg näher zusammen: Gemeinsam zeigten Tobias Schlichtmann, BASF, und Thomas Scherwietes, Enterprise Domain Architect bei Evonik, einen Transformationspfad auf, der einerseits dem aktuellen Kostendruck und andererseits der notwendigen langfristigen Transformation Rechnung trägt: kurzfristige Entlastungen, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und langfristigen Transformation hin zu sich autonom optimierenden Anlagen.

Thomas Scherwietes, Enterprise Domain Architect bei Evonik: „Autonome Anlagen sind kein Hype. Die Grundlagen für einen autonomen Betrieb sind bereits vorhanden!”

Doch ist die Vision realistisch oder nur der nächste Hype? Diese Frage beantwortete Danny Haubold, Head of Autonomous Production Plants, BASF: „Wir transformieren bei der BASF bereits eine hohe zweistellige Zahl an Anlagen in Richtung Autonomie.“ „Das ist kein Hype, sondern die Grundlagen für einen autonomen Betrieb sind bereits vorhanden!“, sekundiert Thomas Scherwietes.

Insgesamt ist die Chemie in Deutschland jedoch noch weit von einem autonomen Anlagenbetrieb entfernt. Auf der fünfstufigen Autonomie-Skala verorteten sich die meisten Teilnehmer des Namur-Workshops „Autonomie – warum sind wir noch nicht da?“ in Stufe zwei (teilautomatisiert). Olaf Abel nennt Gründe: „Die Basisautomatisierung ist unzureichend, die notwendigen Investitionen sind hoch und das Einsparpotenzial oft überschaubar. Es braucht Betriebsleiter mit einer klaren Vorstellung davon, wie ein Betrieb in drei bis fünf Jahren aussehen soll, sowie Mut und Disziplin bei der Umsetzung.“

 Basisautomation tut not

Bevor künstliche Intelligenz und betriebsübergreifende Regeltechnik das Szepter über die Chemieanlagen übernehmen können, muss zunächst einmal Grundlagenarbeit geleistet werden: Die Datenbasis muss stimmen – und die liefert in der Prozessindustrie in erster Linie die im Feld installierte Messtechnik.

Aus Sicht des Sitzungssponsors Krohne sind dafür drei Meilensteine notwendig:

  1. Connectivity – die nahtlose Integration aller Feldgeräte, Sensoren und Aktoren in ein durchgängiges Kommunikationsnetzwerk.
  2. Beyond Diagnostics – der standardisierte Datenaustausch, mit dem Effizienz im Gerätehandling vorangetrieben wird.
  3. Intelligence in Every Measure – das Gewinnen von Erkenntnissen, indem Anlagendaten mit Prozess-Know-how verknüpft werden.
Dr. Attila Bilgic, CEO von Krohne: „Im Moment gibt es keine technologische Hürde für die Meilensteine, allenfalls aber eine Macher-Hürde."

Wie gut, dass die Prozessautomatisierer in den vergangenen Jahren bereits die technischen Grundlagen dafür gelegt haben: Kommunikation über Ethernet APL, der Zugang zu Wartungs- und Optimierungsinformationen via Namur Open Architecture, die Definition digitaler Zwillinge und der Aufbau von Verwaltungsschalen für Geräte und Anlagen und inzwischen auch übergreifende Datenstandards wie Process-X. „Wir haben im Moment keine technologische Hürde für die Meilensteine, allenfalls eine Macher-Hürde“, beschreibt Dr. Attila Bilgic, CEO von Krohne, die Situation.

Wie es in der Praxis gehen kann, erklärte Bilgic gemeinsam mit KI- und Plattform-Chefin Dr. Dagmar Dirzus im Sponsorenvortrag: Beim Spezialchemie-Hersteller Evonik werden in einer Technikumsanlage Daten aus einer Coriolis-Durchflussmessung per Profinet (Ethernet APL) und NOA zugänglich gemacht. Aus dem Spulenstrom des Messgeräts können Aussagen über Viskositätsänderungen oder Gasblasen gewonnen werden. Diese Rückschlüsse auf den Prozess lassen sich unabhängig von der klassischen Automatisierung gewinnen. „Wir werten alle Daten während der Experimente aus und nutzen die Erkenntnisse direkt, um die Prozesse schon im Versuchsstadium zu verbessern“, erklärt Thomas Scherwietes von Evonik. „Damit kommen wir unserem Ziel näher, dass Chemie Chemie steuert.“ Scherwietes ist sich sicher: „Um besser zu verstehen, in welchem Zusammenhang die sich ändernden Daten mit Änderungen am chemischen Prozess stehen und welchen Einfluss sie haben, bedarf es viel Analyse und Intuition. Hier kann KI zukünftig helfen, aus der großen Anzahl möglicher Abhängigkeiten diejenigen herauszuarbeiten, die für eine schnelle und zielgerichtete Prozessanpassung erforderlich sind.“ 

Auch Brownfield-Anlagen können autonom werden

Dr. Ulrich Christmann, Head of Global Automation and Digital Manufacturing bei Lanxess: „Auch eine Brownfield-Anlage hat mit konsequent vernetzter Instrumentierung und auswertbaren Daten das Potenzial zur autonomen Produktion.”

Ein weiteres Beispiel liefert der Chemiehersteller Lanxess. In einer bestehenden Produktionsanlage für den Kunststoff- und Lackrohstoff TMP werden via HART, Profinet und Ethernet-APL Daten gewonnen. Mithilfe dieser Daten lassen sich per KI komplexe Zusammenhänge beim Fouling von Wärmeübertragern analysieren. „Es ist uns gelungen, zusätzliche Prozessdaten aus zuvor blinden Bereichen der Anlage und auch umfangreiche Diagnosedaten aus den Geräten zu gewinnen. So entstanden nicht nur neue Einzelwerte, sondern durchgängige, kontextbezogene Prozessdaten“, berichtet Dr. Ulrich Christmann, Head of Global Automation and Digital Manufacturing bei Lanxess. „Erkenntnis steckt manchmal erst in der komplexen Korrelation von Daten”, resümiert Dagmar Dirzus. Für Ulrich Christmann ist klar: „Auch eine Brownfield Anlage hat mit konsequent vernetzter Instrumentierung und auswertbaren Daten das Potenzial zur autonomen Produktion.“

Doch nicht nur in der Anlagensteuerung zahlen sich die Datenströme aus. Auch bei wiederkehrenden Prüfungen von Sicherheitsfunktionen und deren Dokumentation können digitale Zwillinge und Verwaltungsschalen dabei helfen, manuelle Vorgänge zu automatisieren und die Bediener zu entlasten. Und weil Anlagen durch automatisierte (Teil-)Prüfungen weniger häufig abgefahren werden müssen, steigen Verfügbarkeit und Effizienz. Attila Bilgic sieht in der Auswertung der Daten aus Sicherheitseinrichtungen weiteres Potenzial: „In Zukunft sehen wir durch das Monitoring die Möglichkeit, Optimierungspotenziale der Sicherheitskreise KI-basiert aufzuzeigen.“

Hinzu kommt die Zeitersparnis beim Austausch defekter Geräte: „Da in der Verwaltungsschale die letzte Gerätekonfiguration vorliegt, wird sie direkt in das neue Gerät gespielt und die Anlage läuft in kürzester Zeit wieder – ‚plug and produce‘ im Wortsinn“, berichtet Bilgic.

Künftig könnten aus den Daten mehrerer Feldgeräte Softsensoren entstehen, die einen bisher unerreichten Einblick in das Prozessverhalten geben. Denkbar sind auch Chatbots, die direkt aus dem Messgerät heraus Prozessinformationen liefern. Damit wird die Messtechnik zu einem aktiven Bestandteil der Prozessintelligenz.

Fünf Prozent Betriebskosten sparen bei 20 Prozent geringeren Automatisierungskosten

Dr. Michael Krauss, Senior Manager Automation, BASF, präsentierte eine mit spitzem Bleistift aufgestellte „Bierdeckel-Rechnung“: Zwischen normal automatisierter und hochautomatisierer Anlage liegen 5 % Gesamtkosteneinsparung. Das entspricht etwa der Hälfte der Personalkosten einer durchschnittlichen Chemieanlage: „Automatisierung bewahrt einen Betrieb zwar nicht vor der Schließung, aber nicht zu automatisieren führt zwangsläufig dazu“, zitiert Krauss einen Betriebsleiter. Einen weiteren Effekt sieht Krauss in dem Trend, wenn Regelungstechnik zur Commodity wird – dadurch lassen sich nach seinen Schätzungen etwa 20 % der Automatisierungskosten sparen.

Der Einsatz künstlicher Intelligenz ist dabei ein wesentlicher Treiber: Ob als Brücke zwischen Modellprädiktiven Reglern und Handbetrieb oder in der Anomalie-Detektion – KI hat das Zeug dazu, kontinuierliche Verbesserungen disruptiv zu beschleunigen.

Namur-Hauptsitzung 2025 - neue Technologien schaffen Möglichkeiten für autonome Anlagen.

Dabei könnte Prozessanalysentechnik (PAT) in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen, denn im Gegensatz zu Messgrößen wie Druck oder Temperatur ermöglicht sie einen unbestechlichen Blick ins Reaktionsgeschehen und schafft damit die Grundlage für das Zielbild „Chemie steuert Chemie“. Anders als bei Softsensoren, bei denen mehrere Messgrößen gemeinsam interpretiert werden und die nur in einem engen Kalibrierbereich funktionieren, kann PAT in jedem Betriebszustand, also auch bei An- und Abfahrvorgängen, Regelgrößen liefern, wie sie im autonomen Betrieb benötigt werden. Doch PAT erfordert qualifiziertes Personal und ist teuer. In Zeiten, in denen sich Investitionen schnell rechnen müssen, braucht es dafür gute Argumente. „Der Business Case bestimmt den Umfang – nicht die Technologie“, erklärte Frank Grümbel von Lanxess im Workshop „PAT als Enabler für die Autonomisierung von Anlagen“ und schlug vor, genau zu kalkulieren: „Nur das messen, was für das Automatisierungsziel wirklich nötig ist.“

Mensch, Maschine – und Mindset

So sehr die technischen Fortschritte im Mittelpunkt stehen, zeigte die Diskussion auf der Hauptsitzung auch deutlich: Transformation ist nicht nur eine technologische, sondern vor allem eine menschliche Herausforderung. „Transformation scheitert immer dann, wenn die Menschen, die sie betrifft, sich nicht abgeholt fühlen“, mahnten Roger Kpenougou (Covestro) und Danny Haubold (BASF). Es gehe nicht nur um Rechenleistung, sondern um Vertrauen, Partizipation und die Bereitschaft, neue Kompetenzen zu entwickeln. „Wir brauchen eine neue Fehlerkultur, Offenheit und Lernbereitschaft – und Führungskräfte, die nicht nur Visionen haben, sondern als sichtbare Vorbilder agieren.“

Sebastian Mahler, Head of Process Control Technology, Covestro: „In der KI sehe ich das transformative Potenzial für die Prozessindustrie.“

In seinem Plenarvortrag unterstrich Namur-Vorstand Sebastian Mahler, Covestro, dass in der Krise der europäischen Chemie auch eine Chance liegen kann. Er zeigte auf, wie die Ölkrise der 1970er Jahre, die Finanzkrise 2008 und die Corona-Krise zu neuen Geschäftsmodellen führten. „In der KI erkenne ich gegenwärtig das transformative Potenzial für die Prozessindustrie“, so Mahler: „Wenn wir unseren Datenschatz erweitern und zugänglich machen, werden wir KI-gesteuerte Lösungen und neue Möglichkeiten erschließen. Und die exponentielle Entwicklung von KI lässt erahnen, wo wir in drei Jahren stehen werden.“

Langfristiger Transformationspfad

Tobias Schlichtmann verdeutlichte das aktuelle Dilemma der Chemie: Einerseits steht der Druck, Kosten zu sparen, andererseits die Notwendigkeit, zu investieren, um die Anlagen wettbewerbsfähig zu machen. „Mit Sparprogrammen schaffen wir es zwar, die Produktivität auf ein neues Niveau zu heben. Aber um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir Maßnahmen, mit denen wir die Produktivität kontinuierlich steigern. Sonst werden wir in zehn Jahren die nächsten Anlagen stilllegen müssen.“ Dies erfordert eine langfristige Transformation, die ohne disruptive Investitionsstufen gelingen muss.

Tobias Schlichtmann, Vorstandsvorsitzender der Namur: „Wir müssen bei der Implementierung an Geschwindigkeit gewinnen, damit sich die Investitionen schnell rechnen und die Profitabilität steigt.“

Technologische Hürden? Fehlanzeige, so der Konsens. Aber: Die Umsetzung hinkt oft hinterher. Tobias Schlichtmann brachte es auf den Punkt: „Wir müssen bei der Implementierung an Geschwindigkeit gewinnen, damit sich die Investitionen schnell rechnen und die Profitabilität steigt.“ Attila Bilgic von Krohne mahnte: „Wenn wir die Vision autonomer Anlagen mit der bewährten Geschwindigkeit vorantreiben, braucht sie eher 20 Jahre als 10. Das können wir uns nicht leisten! Um erfolgreich zu sein bzw. um wieder erfolgreich zu werden, muss das in spätestens fünf, besser noch drei Jahren betriebliche Realität sein.“

Die Tools sind vorhanden: Ethernet-APL, Namur Open Architecture (NOA), Verwaltungsschalen, digitale Zwillinge und nicht zuletzt MTP als Baustein für modulare Anlagenkonzepte. Doch deren breiter Einsatz steht teils noch aus. Die Devise muss also lauten: kein Alles-oder-Nichts. Statt der Schwarz-Weiß-Logik („autonom oder gar nicht“) sollen kleinteilige, wirtschaftlich tragfähige Umsetzungsschritte im Vordergrund stehen. „Wir haben den Baukasten – wir müssen nur anfangen zu bauen“, so Dagmar Dirzus.

Fazit: Bright Autonomy statt Dark Factory

Die Namur-Hauptsitzung 2025 hat deutlich gemacht: Die autonome Anlage ist keine ferne Zukunft, sondern ein realistisches Zielbild – wenn Technik, Organisation und Mensch zusammenspielen. Ob daraus „Dark Factories“ werden, ist unwahrscheinlich – aber die Vision einer „Bright Autonomy“, in der intelligente Systeme den Menschen nicht ersetzen, sondern unterstützen, ist zum Greifen nah. Die Bausteine sind da – Standards, Datenmodelle, KI-Ansätze, Use Cases. Was jetzt zählt, ist Tempo bei der Umsetzung. Denn in der globalen Industrie von morgen ist nicht entscheidend, wo das Licht brennt – sondern ob die Prozesse von selbst laufen.