Umweltwirkungen von Industrieverpackungen müssen besonders betrachtet werden, da nicht unbedingt der CO2-Fußabdruck der Verpackungsmaterialien entscheidend ist, sondern die Einsparungen, die sich durch den Schutz des Packgutes ergeben. Dies ist gut nachvollziehbar, wenn der CO2-Fußabdruck des Gesamtsystems aus Verpackung und Packgut betrachtet wird. Dieser durchläuft in Abhängigkeit vom Verpackungsaufwand ein Minimum: Wird zu viel Verpackungsmaterial eingesetzt, steigt der Gesamt-CO2-Aufwand; aber auch durch zu wenig Verpackung kommt es entweder durch Schaden am oder durch Schaden durch das verpackte Produkt zu einem starken Anstieg der Umweltwirkung. Das Minimum der Kurve zu erreichen, ist das Ziel einer ökologisch sinnvollen Verpackungsentwicklung.
Bei Industrieverpackungen führen die hohen Füllgutmengen sowie die oft hohe Wertigkeit der Industrieprodukte zu einem sehr hohen CO2-Fußabdruck des Packguts. Die Folge ist ein steiler Anstieg der Gesamt-Umweltwirkung, wenn das Produkt durch Unterverpackung geschädigt wird.
Einen guten Indikator, welchen Einfluss die Verpackung auf das Gesamtsystem Verpackung und Packgut hat, liefert der von der Hochschule München beschriebene Impact Quotient (IQ) in Prozent, der den Anteil der ökologischen Aufwendungen für die Herstellung der Verpackung relativ zum Füllgut angibt.
IQ = Ökologischer Aufwand Verpackung
Ökologischer Aufwand Packgut in %
Bei Industrieverpackungen kann für die IQ-Bestimmung anstelle des Einflusses des Packguts auch der potenzielle Schaden an der Umwelt eingerechnet werden, der beispielsweise entsteht, wenn Chemikalien in die Umwelt gelangen.
Der IQ-Wert gibt an, wieviel Prozent der verpackten Produkte vor Schaden geschützt werden müssen, damit die dadurch erzielte CO2-Einsparung größer ist als der Aufwand für die Herstellung der eingesetzten Verpackungen. Der Faktor „100/IQ-Wert“ beschreibt, wie viele Verpackungen der Umweltwirkung der eingepackten Produkte entsprechen.
Was bedeutet welcher IQ-Wert?
Kleine IQ-Werte bei Industrieverpackungen weisen darauf hin, dass dem Schutz des verpackten Produkts ein besonders hoher Stellenwert zukommt. Die Annäherung an das Minimum des Gesamt-CO2-Fußabdrucks muss dann entsprechend vorsichtig erfolgen. Die CO2-Emissionen durch einen möglichen Produktverlust durch Unterverpackung wären ansonsten schnell höher als die Emissionen der Verpackung selbst.
Im Graphen geben die IQ-Werte nicht die Lage des Minimums der Gesamtfußabdruck-Kurve an. Sie sind aber eine gute Unterstützung, um zu prüfen, ob es sinnvoll ist, den Aufwand für eine Verpackung zu steigern oder zu minimieren, um den Gesamt-CO2-Fußabdruck zu verbessern. Ob der Aufwand gesteigert oder minimiert werden sollte, kann mit den IQ2- und IQ1-Werten von zwei zu vergleichenden Verpackungen ermittelt werden. Dazu muss die Differenz aus den beiden IQ-Werten mit der erzielten Schadensreduktion in Prozent, die sich durch die verbesserte Verpackung ergibt, verknüpft werden.
Wann sollte der Verpackungsaufwand gesteigert/gesenkt werden?
Schadensreduktion in % > (IQ2% - IQ1%), Verpackungsaufwand steigern ist sinnvoll.
Schadensreduktion in % < (IQ2% - IQ1%), Verpackungsmaterial einzusparen ist sinnvoll.
Dabei kommt die Schadensreduktion in Prozent durch den erhöhten Verpackungsaufwand zustande, der IQ1-Wert ist der der einfacheren Verpackung und IQ2 der der aufwendigeren Verpackung.
Beispiel Zementverpackung
Am Beispiel Zementsack wird demonstriert, ob es bei Einbeziehung der Gesamtumweltwirkung sinnvoll ist, andere Industrieverpackungen einzusetzen. Dazu wurden die CO2-Emissionen für eine Auswahl von Industrieverpackungen – Kunststofffässer, Metallgebinde sowie für zwei verschieden ausgelegte Zementsäcke für 25 kg – verglichen. Der CO2-Aufwand der Industrieverpackungen wird vor allem durch deren Gewicht und deren Materialart bestimmt. Die Berechnungen für den gesamten Lebensweg cradle to grave der Verpackungen erfolgte mit dem an der Hochschule München entwickelten CO2-Verpackungsrechner mit dem Namen Sustainable Packaging Online Calculator (SPOC).
Die beiden Zementsäcke unterscheiden sich dadurch, dass Zementsack 2 im Vergleich zu Zementsack 1 noch eine PE-Folie enthält. Der CO2-Fußabdruck von Zementsack 2 ist damit um 30 % höher als der von Zementsack 1, jedoch hat Zementsack 2 dafür eine höhere Schutzwirkung. Wird nur die Umweltwirkung der Verpackung allein betrachtet, wäre Zementsack 1 besser als Zementsack 2.
Um zu erfahren, ob es sich lohnt, den Zementsack aufwendiger auszulegen, muss das Gesamtsystem Verpackung und Packgut betrachtet werden. Das erfordert, die IQ-Werte mit dem Packgut Zement anhand der obigen Formel zu berechnen.
Der IQ-Wert von 25 kg Zement in Papiersack 1 fällt aufgrund der hohen Füllmenge mit einem IQ von 0,41 % sehr niedrig aus. Dies bedeutet, wenn der Papiersack von etwa 240 verpackten Produkten nur eines vor einem Schaden bewahrt, hat der Papiersack weniger CO2 verursacht als durch den Produktverlust entstanden wäre.
Der Wechsel von Papiersack 1 auf den aufwendigeren Papiersack 2 ist ökologisch dann sinnvoll, wenn sich nach der IQ-Differenzformel die Schäden an den Zementsäcken durch die bessere Verpackung um den Betrag 0,14 % verringern. Eine Schadensreduktion um 0,14 % bedeutet, dass von 700 verpackten Säcken nur ein einziger weiterer Zementsack durch die aufwendigere Verpackung vor Schaden geschützt werden muss – das scheint gut realisierbar. Eine eindeutige Aussage, ob der Wechsel sinnvoll ist, erfordert die genaue Kenntnis der Schadensquote.
Für einen Wechsel auf ein Kunststofffass mit Deckel müsste nach der IQ-Differenzformel der Verlust um 23,1 % reduziert werden. Eine so hohe Schadensreduktion ist nicht möglich, da bereits bei den einfach verpackten Zementsäcken kein Schaden von 23 % entsteht. Das gleiche würde für die beiden Stahlfässer oder den collapsible Intermediate Bulk Container (CIBC) gelten, und ein Wechsel auf die deutlich aufwendigeren Fässer wäre daher beim Zement ökologisch nicht sinnvoll.
Umweltschaden äußert sich nicht in CO2-Fußabdruck
Dass sehr aufwendige Verpackungen dennoch ihre Berechtigung haben, ist am einfachsten an einem Extrembeispiel wie dem Castorbehälter nachvollziehbar. Die CO2-Emissionen bei seiner Herstellung liegen beim Castor über 100 t CO2 eq., aber er schützt dafür sein sehr gefährliches Packgut hervorragend.
Es würde sicher niemandem einfallen, um den CO2-Aufwand für die Verpackung einzusparen, den Castor gegen eine Bag-in-Box-Schwerwellpappe auszutauschen. Der ökologische Schaden, der entsteht, wenn eine einfache Wellpappe eingesetzt wird, fällt so hoch aus, dass der Schutz der Umwelt durch den Castor den Aufwand für seine Herstellung weit übersteigt. Über den IQ-Ansatz lässt sich dies jedoch nicht berechnen, da der Umweltschaden sich nicht als CO2-Fußabdruck äußert.
Insgesamt ist es sinnvoll, das Packgut in die Verpackungsauslegung einzubeziehen, wenn eine ökologisch optimale Industrieverpackung entwickelt werden soll – der Prozess ist aber auch anspruchsvoll und erfordert viel Wissen. Nur damit ist es möglich, die Verpackung unter großer Sorgfalt nicht zu überdimensionieren und das ökologische Minimum auf sicherem Weg aufzufinden. Der IQ-Wert ist dabei eine wertvolle Unterstützung, um die ökologisch sinnvollste Verpackung zu finden.