Feuchtigkeit in Dämmsystemen bringt Kosten und Risiken
Wirksame Dämmung ist ein zentraler Hebel für Energieeinsparung, CO2-Reduktion und Anlagensicherheit. Problematisch ist jedoch eindringende Feuchtigkeit: Sie verursacht erhebliche Wärmeverluste, Korrosion und im Extremfall Anlagenausfälle.
Feuchtigkeit in Dämmsystemen verursacht massive, oft unerkannte Energieverluste und erhöht das Risiko für Korrosion unter der Isolierung.
Ein integrierter Ansatz aus Audits, Spezifikationen, Qualitätssicherung und Sensorik bietet eine technisch wie wirtschaftlich überzeugende Lösung.
Für Betreiber von Chemieanlagen bedeutet dies schnelle Amortisation, deutliche CO₂-Reduktion und erhöhte Betriebssicherheit.
Laut einer Studie der European Industrial Insulation Foundation (EiiF, 2021) ließen sich durch verbesserte Dämmstandards in der europäischen Industrie jährlich rund 14 Mio. Tonnen Öläquivalent einsparen. Das entspricht etwa 40 Mio. Tonnen CO₂ – vergleichbar mit den Emissionen von mehr als 20 Mio. Pkw oder dem Energieverbrauch von 10 Mio. Haushalten. Während fehlende oder beschädigte Dämmung sichtbar ist, bleibt Feuchtigkeitseintritt oft verborgen. Er wird in klassischen Energieaudits kaum erfasst, führt aber bei offenzelligen Dämmstoffen zu gravierenden Effizienzverlusten und durch die Wirkung als Elektrolyt zu möglichen Korrosionsprozessen. Auch geschlossenzellige Dämmstoffe können Schwachstellen im Bereich von Durchdringungen, Rohrabhängungen, Durchgängen von Messfühlern und Kabeln oder Klebe-Verbindungen aufweisen. Feuchte stellt also im Allgemeinen ein Problem für industrielle Anlagenbestandteile dar.
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Engineering Summit 2026 – Save the date!
(Bild: Redaktion)
Mit dem Engineering Summit steigt am 15. und 16. September 2026 in Darmstadt wieder die wichtigste Veranstaltung des europäischen Anlagenbaus. Top-Speaker aus Industrie, Politik und Forschung liefern Impulse, Best Practices und kontroverse Debatten – ergänzt durch Networking-Sessions und eine Fachausstellung. Der Summit bietet damit einmal mehr die Plattform, um Trends zu setzen und Projekte der Zukunft auf den Weg zu bringen.
Das Ingenieur- und Sachverständigenbüro Reichinger hat diese Schwachstelle mit Praxismessungen bestätigt: Bereits wenige Minuten Regen können den Wärmeverlust eines beschädigten Dämmsystems auf das Achtfache erhöhen. Auch Stunden nach dem Regen ist der Verlust häufig noch doppelt so hoch wie im trockenen Zustand. Je nach Standort, Betriebsbedingungen und Ausführung kann dadurch über das Jahr 30 bis 50 % der Dämmwirkung verloren gehen.
Rohrleitung in einer chemischen Anlage:
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Medium: 160 °C Dampf für die Beheizung weiterer Anlagenkomponenten,
gemessener Wärmeverlust trocken: 207 W/m²,
nach 1 Minute Regen: ca. 8-fach höherer Wärmeverlust im Vergleich zum trockenen System,
nach 2 Stunden: weiterhin mehr als 414 W/m² (doppelter Verlust im Vergleich zum trockenen Zustand), langsam fallend,
Ergebnis dieses Anlagenabschnitts: ca. 50 % zusätzlicher Energieverlust pro Jahr.
Ursache war eine Kombination aus beschädigter Blechummantelung, fehlender Instandhaltung, regelmäßiger Feuchteeintritt und dadurch dauerhaft geschädigtem Dämmstoff.
Lagertank:
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ein stehender Lagertank (5 m Höhe, 5 m Durchmesser, 75 % Füllstand, 30 °C Betriebstemperatur),
ungedämmt: > 145.000 kWh/a Energieverlust, ca. 30 t CO ₂-Emissionen, ca. 11.000 € Wärmeverlustkosten,
mit Dämmung (Dach + Wand): Einsparung ca. 95 %, Amortisation < 3 Jahre,
bei 40 °C Medium: Einsparung > 14.000 €/a, Amortisation < 2,0 Jahre,
bei Innenaufstellung: Einsparung > 7.500 €/a, Amortisation < 3,5 Jahre.
Auch bei niedrigen Temperaturen und moderatem Füllstand sind die Verluste erheblich. Dämmung bisher ungedämmter Anlagenbestandteile mit Betriebstemperaturen, die von der Umgebungstemperatur abweichen, rechnet sich fast immer schnell.
Wärmeverlust nach einer lokalen Durchfeuchtung: Feuchteeintrag für die Vor-Ort-Analyse dauerte etwa eine Minute an. Auch nach zwei Stunden führt die verbliebene Feuchte zu einem doppelten Wärmeverlust (414 W/m2) im Vergleich zum trockenen System(207 W/m2).(Bild: Reichinger Ingenieure)
Vierstufiger Lösungsansatz
Ein praxisgerechtes Vorgehen zur Optimierung von Dämmstandards und Instandhaltung lässt sich in vier aufeinander abgestufte Stufen gliedern. Beginnend mit einer fundierten Bestandsaufnahme durch Tipcheck-Audits, über die Aktualisierung der zugrunde liegenden Isolier-Spezifikationen, bis hin zu konsequenter Qualitätssicherung und dem Einsatz moderner Sensorik entsteht ein durchgängiger Lösungsansatz. Jede Stufe baut auf der vorherigen auf und sorgt dafür, dass Maßnahmen nicht nur normkonform, sondern auch wirtschaftlich und nachhaltig umgesetzt werden.
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Gleichzeitig wird dem zunehmenden Fachkräftemangel begegnet: Mithilfe der Messsensorik können Arbeitskräfte gezielt dort eingesetzt werden, wo Handlungsbedarf besteht. Dadurch amortisieren sich die Systeme schnell und leisten einen direkten Beitrag zur Effizienzsteigerung und höheren Anlagensicherheit.
1. Stufe: Tipcheck-Audits
Systematische Identifikation thermischer Verluste mit Berechnung von Einsparpotenzialen, Amortisationszeiten und CO₂-Reduktionen. Ergebnisse können als Input in ISO 50001-Audits genutzt werden.
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Die Tipcheck-Methodik wurde von der European Industrial Insulation Foundation (EiiF) entwickelt und ist europaweit als Standardverfahren etabliert. Sie kombiniert normbasierte Berechnungen mit praxisnahen Vor-Ort-Messungen. Damit lassen sich Schwachstellen in Dämmsystemen schnell und nachvollziehbar quantifizieren. Für Betreiber bedeutet das eine fundierte, unabhängige Bewertung und eine belastbare Entscheidungsgrundlage für Investitionen.
2. Stufe: Aktualisierung von Spezifikationen und Werknormen
Viele Isolier-Spezifikationen in Industrieanlagen sind veraltet. Sie dienen jedoch als Grundlage für die Planung und Ausführung von Dämmmaßnahmen. Um heutige Anforderungen an Energieeffizienz und Sicherheit zu erfüllen, sollten aktuelle Normen wie DIN 4140 und DIN EN 17956 angewendet werden. Alte Dämmdickentabellen, die vor 2020 erstellt wurden, entsprechen häufig nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die Anpassung an die neuen Normen ermöglicht es, zeitgemäße Dämmdicken bei Neubauten und Erweiterungen umzusetzen, Energieverluste zu verringern und vorgeschriebene Abstände einzuhalten.
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In vielen Spezifikationen fehlen zudem klare Vorgaben zu regendichten Ausführungen oder diese sind fehlerhaft. Dadurch steigt das Risiko für höhere Wärmeverluste sowie für Korrosion unter der Isolierung (CUI). Wo wenig Platz ist, können zwar leistungsfähigere Dämmstoffe genutzt werden, wirtschaftlich lohnt sich dies aber oft nicht, da die Einsparungen zu gering bleiben, um höhere Investitionskosten aufzuwiegen.
Veraltete oder lückenhafte Spezifikationen lassen sich häufig an folgenden Punkten erkennen:
häufiger Einsatz von Silikonen als Standard-Dichtmittel bei Ummantelungsblechen,
Verweis auf die inzwischen ersetzte AGI Q 135,
fehlende Vorgaben zur Verwendung austenitischer Schrauben im Außenbereich.
3. Stufe: Qualitätssicherung
Abweichungen von Werknormen, Isolier-Spezifikationen oder Normen während der Montage – insbesondere unzureichender Schutz gegen Feuchtigkeit – können zu Schäden und höheren Energieverlusten führen. Eine unabhängige Bauüberwachung mit entsprechendem Fachwissen hilft dabei, eine fachgerechte und normkonforme Ausführung sicherzustellen. Qualitätssicherung bedeutet auch Schulung eigener Mitarbeiter: Nur wer Hintergründe versteht, erkennt Probleme in der Anlage. Nur wer während Niederschlägen auch mal die Regenjacke anzieht und in die Anlage hinausgeht, kann sich den Verlauf des Regenwassers ansehen und kritisch hinterfragen: Wo läuft es hin?
4. Stufe: Moderne Sensorik
Moderne KI-gestützte Sensoren überwachen Dämmsysteme dauerhaft und erkennen Feuchtigkeit, Leckagen und das Risiko von Korrosion unter der Isolierung (CUI) – auch in explosionsgefährdeten Bereichen. Sie werden außen auf der Ummantelung angebracht, ohne diese zu beschädigen. Die Daten werden automatisch ausgewertet und in Echtzeit in einem Dashboard angezeigt. So sehen Betreiber auf einen Blick, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht. Instandhaltungsmaßnahmen lassen sich dadurch gezielt planen, Schäden und Ausfälle vermeiden. Die Sensoren können auch in schwer zugänglichen Bereichen eingesetzt und etwa per Drohne auf Rohrleitungen oder Kolonnen befestigt werden. Batterien halten – abhängig von der Nutzung – bis zu zehn Jahre. Angesichts des Fachkräftemangels ermöglicht diese Technik einen effizienten Personaleinsatz.
Zusammengefasst zeigt sich: Mit dem 4-stufigen Ansatz aus Tipcheck-Audits, aktualisierten Werknormen, konsequenter Qualitätssicherung und moderner Sensorik lassen sich Energieeinsparungen von deutlich über 15 % in Bestandsanlagen erzielen, während gleichzeitig das Risiko von CUI und ungeplanten Stillständen sinkt. Zudem sind Dämmmaßnahmen in Deutschland oft förderfähig – einschließlich Material, Planung und Montage – mit Zuschüssen von 20 % bis 25 % für KMU und bis zu 200.000 Euro pro Vorhaben.
Feuchteprobleme treten nicht nur in Industrieanlagen auf. Auch bei Wärmepumpen im Wohnbau lohnt sich der Blick. Dort mindern sie die Effizienz und können Baukonstruktionen schädigen. Intakte, witterungsgeschützte Dämmung ist im Außenbereich stets unverzichtbar. Achten Sie einfach beim nächsten Spaziergang darauf und stellen Sie sich folgende Fragen: Welchen Weg würde das Regenwasser nehmen? Kann es einen Weg in die Fassade hineinnehmen? Ist eine Ummantelung des Dämmstoffs vorhanden sodass er vor UV-Einstrahlung der Sonne geschützt ist?
Und bedenken Sie: Silikondichtstoffe können sehr gut für Fugen im Badezimmer verwendet werden. Im Außenbereich, unter Einfluss von hohen Temperaturen und der UV-Einstrahlung der Sonne halten sie oft nur wenige Monate dicht. Schnell zeigen sich erste Risse beim genauen Hinsehen.