Unglücksursache

BASF-Großbrand: Falsche Leitung angesägt

Die Ursache für den Großbrand und die Explosion bei der BASF am vorvergangenen Montag könnte ein Irrtum bei Wartungsarbeiten gewesen sein. Polizei und Staatsanwaltschaft haben ermittelt, dass bei Wartungsarbeiten die Wand eines falschen Rohrs durchtrennt wurde.

Es brannten unter anderem Rohrleitungen mit den Produkten Ethylen und Propylen.
Laut Staatsanwaltschaft wurde am Brandort ein Winkelschleifer-Schnitt an einer nicht zur Wartung vorgesehenen Rohrleitung gefunden.

Wie die Staatsanwaltschaft Frankenthal gestern mitteilte, befand sich in dem Rohr brennbares Raffinat, das nach dem Schnitt mit einem Winkelschleifer ausgetreten war und zu brennen begonnen hatte. Die angeschnittene Rohrleitung war von den Wartungsarbeiten ausgenommen. Die Ermittlungen der Polizei konzentrieren sich deshalb nun auf den Ablauf der Wartungsarbeiten, die von einer Fremdfirma ausgeführt worden waren, sowie die Sicherheitsmaßnahmen. Die Klärung der Ursache erfordere aber noch umfangreiche weitere Ermittlungen – das betroffene Leitungsstück muss demnach unter „absolut sicheren Umständen“ herausgetrennt werden. Dazu seien von der BASF in Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden umfangreiche Reinigungsarbeiten notwendig.

Gestern war den drei Todesopfern des Unglücks mit einer Trauerfeier im BASF-Feierabendhaus gedacht worden. BASF-Vorstandschef Kurt Bock kündigte eine Überprüfung und weitere Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen an.

Aktuelle Pressekonferenz der BASF

In einer aktuellen Pressekonferenz haben heute früh BASF Vorstandschef Kurt Bock und Vorstandsmitglied Margret Suckale über den aktuellen Stand der Ursachenermittlung berichtet. Demnach wurden an einer Propylenleitung bereits am 13. und 14. Oktober von einer Spezialfirma für Rohrleitungsbau vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen ausgeführt. Am Montag, 15. Oktober, kam es dann zu einem Brand an der Rohrleitungstrasse, der um 11:20 bei der Werkfeuerwehr gemeldet wurde. Die Feuerwehr war drei Minuten später vor Ort, wiederum drei Minuten später kam es zu der schweren Explosion, möglichweise infolge des ersten Brandes. Mit hoher Wahrscheinlichkeit fand die Explosion in der Ethylen-Ferngasleitung statt. Diese Explosion hat dann an mehreren Stellen des Rohrleitungsgrabens Folgebrände ausgelöst. Dadurch wurden weitere Produktversorgungsleitungen beschädigt.

Schließlich kam es zum Austritt und Brand von Ethylen, Propylen, Butan-Buten-Gemisch, Pyrolysebenzin und Ethylhexanol. Das Brandbekämpfungskonzept sieht vor, diese gezielt abbrennen zu lassen. Erst um 21:30 Uhr konnte das Feuer gelöscht und der Rohrleitungsgraben mit einem Löschschaumteppich abgedeckt werden.

„Nach der heutigen, vorläufigen Einschätzung halten wir folgende Ursachenkette für möglich“, berichtete Suckale: „Bei den Sicherungsarbeiten hat die Feuerwehr der BASF einen Schnitt in einer Leitung neben der Propylenleitung festgestellt. Der Schnitt wurde nach Auskunft der Staatsanwaltschaft offensichtlich mit einer Trennscheibe vorgenommen. Die angeschnittene Leitung enthielt das Butan/Buten-Gemisch. Wir halten es für möglich, dass dieses Gemisch ausgetreten ist, sich dann an den von der Trennscheibe hervorgerufenen Funken entzündete, was zum ersten Brand führte.“

Dass es in diesem Jahr bereits zu 16 Unfällen – davon 6 meldepflichtigen – gekommen ist, begründete Suckale mit einer gestiegenen Anzahl turnusmäßiger Abstellungen und einer gestiegenen Anzahl von Anfahrvorgängen.

Dem Vorwurf, dass die BASF an der Sicherheit gespart habe, widersprach BASF-Chef Kurt Bock vehement. „Wir haben eine ausgeprägte Sicherheitskultur“. Das Unternehmen belegte dies mit kontinuierlich steigenden Aufwendungen für Instandhaltung, Ersatz, Nachrüstung und Modernisierung, die in Ludwigshafen diesem Jahr knapp 1,6 Mrd. Euro erreichen werden.

(as)

Bilderstrecke: Fakten zur heutigen Pressekonferenz der BASF

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BASF-Chef Kurt Bock gab sich auf der Pressekonferenz am 27.10.2016 sehr betroffen über das Unglück.
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Das Unglück passierte im Landeshafen Nord in Ludwigshafen.
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Mit diesem Chart trat das Unternehmen der Vermutung entgegen, dass die BASF an der Werkerhaltung gespart hat.
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Die Zahl der Arbeitsunfälle ist bei dem Chemiekonzern in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken.

Fakten zum Großbrand:

Landeshafen Nord am Standort Ludwigshafen / Inland port of Ludwigshafen North at the Ludwigshafen site
Ausgangspunkt für den Brand und die Explosion waren Arbeiten an einer Rohrleitungstrasse am BASF-Landeshafen Nord.
Landeshafen Nord am Standort Ludwigshafen / Inland port of Ludwigshafen North at the Ludwigshafen site
Es brannten unter anderem Rohrleitungen mit den Produkten Ethylen und Propylen.
Landeshafen Nord am Standort Ludwigshafen / Inland port of Ludwigshafen North at the Ludwigshafen site
Seit 1976 ist der BASF-Landeshafen Nord in Ludwigshafen Umschlagplatz für brennbare Flüssigkeiten wie Naphtha oder Methanol.
Landeshafen Nord am Standort Ludwigshafen / Inland port of Ludwigshafen North at the Ludwigshafen site
Die Ladung der anlegenden Tankschiffe erfolgt über Verladearme.
Landeshafen Nord am Standort Ludwigshafen / Inland port of Ludwigshafen North at the Ludwigshafen site
Jährlich legen über 2.000 Tankschiffe am Landeshafen Nord an.
Tanklager der BASF in Ludwigshafen / BASF’s central fuel storage site in Ludwigshafen
Im zentralen Tanklager werden flüssige Produktionsstoffe wie Methanol und Naphtha gelagert. Insgesamt lagern dort 212.000 m³ Flüssigkeiten und fast 40.000 m³ unter Druck verflüssigte Gase.
Steamcracker im BASF-Werk Ludwigshafen / Steam cracker at BASF`s Ludwigshafen site
Infolge des Brandes wurden zahlreiche Anlagen - darunter die beiden Steamcracker - im Werk Ludwigshafen heruntergefahren.
Steamcracker im BASF-Werk Ludwigshafen / Steam cracker at BASF`s Ludwigshafen site
Der Steamcracker II nimmt eine Fläche von rund 64.000 Quadratmetern ein - das entspricht 13 Fußballfeldern. Es ist die größte einzelne Anlage am Standort Ludwigshafen.
Stammwerk der BASF Gruppe – Ludwigshafen / Headquarters of the BASF Group – Ludwigshafen
Fast die Hälfte aller bei der BASF verarbeiteten Rohstoffe werden über den Rhein nach Ludwigshafen transportiert.
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Das BASF-Werk in Ludwigshafen ist der größte zusammenhängende Chemiestandort der Welt.

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