VCI-Jahresbilanz 2021

Chemiebranche erzielt „beachtliches Ergebnis“

Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat 2021 eine starke Bilanz erzielt, berichtet der Branchenverband VCI. Trotz Corona-Pandemie, Lieferengpässen und zuletzt sprunghaft steigenden Energie- und Rohstoff-Preisen wuchsen nahezu alle Produktbereiche.

Chemikalien
Chemikalien waren 2022 wieder stärker gefragt.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Produktion um 4,5 %, der Umsatz legte dank kräftig gestiegener Erzeugerpreise (+ 8,5 %) um 15,5 % auf rund 220 Mrd. Euro zu, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) berichtet. Gleichzeitig zogen die Kosten für Naphtha um 70 % an und auch nachwachsende Rohstoffe, Metalle oder Mineralien waren um ein Vielfaches teurer als im Vorjahr.

„Vielfachem Gegenwind standgehalten“

Grundlage für das Ergebnis war, dass auf allen Kontinenten die industriellen Kunden der Branche ihren Erholungskurs fortsetzten. Entsprechend positiv entwickelte sich die globale Nachfrage nach Chemikalien, aber auch nach Impfstoffen aus deutscher Produktion. Die Zahl der Beschäftigten stieg leicht (0,5 %) um rund 2.000 Arbeitsplätze auf 466.500. „Unsere Branche hat vielfachem Gegenwind standgehalten und ein beachtliches Ergebnis erzielt. Das unterstreicht, wie wichtig eine starke Chemie für das Industrieland Deutschland ist. Ohne uns kommt keiner aus, aber mit uns kommen alle voran“, sagte VCI-Präsident Christian Kullmann.

Auch für das kommende Jahr erwartet der VCI eine positive Entwicklung der Branche. Der Chemieverband hält einen Anstieg der Produktion von 2 % und eine Zunahme des Umsatzes um 5 % auf 231 Mrd. Euro für möglich. „Trotz verschiedener Belastungsfaktoren rechnen unsere Unternehmen für 2022 mehrheitlich mit einem Plus im In- und Ausland. Vor allem in Übersee gehen sie von mehr Umsatz aus“, betonte VCI-Präsident Kullmann.

Entspannung ab Sommer 2022

Die Prognose des VCI berücksichtigt die Ergebnisse einer aktuellen Mitgliederumfrage. Sie belegt, dass sich die Geschäftslage in den letzten Monaten eingetrübt hat: 30 % der Unternehmen melden bereits leichte, 5 % sogar deutliche Einschnitte. Es fehlt zwar nicht an Aufträgen, aber die Engpässe bei Vorprodukten und Logistik haben sich weiter verschärft. Aufgrund der Lieferkettenprobleme mussten 35 % der Unternehmen ihre Produktion drosseln, 10 % haben Anlagen vorübergehend stillgelegt. Die Engpässe haben aber vor allem Folgen für die Kunden der Branche: Über 70 % der Unternehmen können Aufträge nur verzögert abwickeln, 39 % können sie gar nicht erfüllen. Mit einer Entspannung rechnen die Unternehmen erst im Sommer 2022, so der VCI.

Die Zahlen im Detail und in Bildern

VCI-Gesamtbilanz 2021
Insgesamt zieht der VCI ein positives Fazit für 2021. Prägend für das Jahr waren Engpässe bei der Rohstoffversorgung, aber auch deutliche steigende Umsätze und Preise. (Alle
VCI-Präsident Kullmann
VCI-Präsident Christian Kullmann drückte es so aus: „Unsere Branche hat vielfachem Gegenwind standgehalten und ein beachtliches Ergebnis erzielt. Das unterstreicht, wie wichtig eine starke Chemie für das Industrieland Deutschland ist. Ohne uns kommt keiner aus, aber mit uns kommen alle voran.“
Folie Lieferengpässe
Die jüngste VCI-Mitgliederbefragung verdeutlicht die spürbaren Folgen von Lieferengpässen auf die Chemieindustrie.
VCI-Energiepreise
Als energieintensive Industrie war die Chemieindustrie von den hohen Energiepreisen besonders betroffen – mit Auswirkungen auf die Kunden.
VCI-Prognose 2022
Für's Jahr 2022 rechnet der Chemieverband mit weiterem Wachstum.
VCI-Forderungen
Doch der VCI hat für 2022 und die Folgejahre auch ein paar Forderungen für die neue Regierung im Gepäck: Für mehr private und öffentliche Investitionen brauche es schnellere und effizientere Genehmigungsverfahren. Der Verband begrüßt, dass die Koalition hier handeln und die Verfahrensdauer mindestens halbieren will.
EU-Chemikalienstrategie
Auf Zustimmung stößt beim VCI ebenfalls, dass sich die Bundesregierung konstruktiv in die Debatte um die EU-Chemikalienstrategie einbringen möchte. „Es ist gut und richtig, dass die Koalition bei diesem Thema auf Daten, Zahlen, Fakten und auf das wissenschaftlich seriöse Risikoprinzip setzen will“, sagte VCI-Chef Kullmann.
Erdgas
Auch die Rohstoffversorgung ist ein großes Thema: Erdgas ist für die chemische Industrie mit über 120 Terawattstunden im Jahr nicht nur der wichtigste Energieträger, sondern auch essenzieller Rohstoff: Knapp ein Drittel des Erdgases, das sie im Jahr verbraucht, geht als Rohstoff in die Produktionsanlagen. Für das Erreichen der Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts will die Branche Kohlenstoff im Kreis führen. Der VCI begrüßt daher, dass die Ampel-Regierung den Stellenwert des chemischen Recyclings anders ansetzt und als Recyclingoption in das Verpackungsgesetz aufnehmen will.

Probleme bereitet der Branche auch der rasante Preisanstieg bei Gas und Strom in den letzten Monaten: 61 % der befragten Unternehmen meldeten, dass die Energiepreise ihre Betriebsabläufe derzeit erheblich behindern. Die Unternehmen versuchen zwar die steigenden Kosten zeitnah an die Kunden weiterzugeben. Allerdings sehen sich 16 % dazu nicht in der Lage. 67 % gaben an, die Kosten zumindest teilweise weiterreichen zu können. „Die Lage dürfte noch eine Weile kritisch bleiben. Die Mehrheit unserer Unternehmen glaubt nicht an eine signifikante Entspannung bei den Energiekosten im kommenden Jahr“, erläuterte der Präsident des VCI.

Ausbau von Windkraft und Fotovoltaik unverzichtbar

Die neue Bundesregierung habe mit dem Koalitionsvertrag gute Ansätze zur Transformation vorgelegt, aber die Nagelprobe für das Dreierbündnis werde sein, diese in politisches Handeln umzusetzen. Nun müssten den Buchstaben auch Taten folgen, forderte Kullmann. Daher begrüßt der VCI-Präsident bei den Vorhaben zur Energiepolitik die angekündigte Abschaffung der EEG-Umlage Anfang 2023, um den Strompreis zu verringern. „Es ist allerhöchste Zeit, dieses Bürokratiemonster an die Kette zu legen“, unterstrich Kullmann. Davon profitiere vor allem der Mittelstand. In der Chemie summiert sich die EEG-Umlage auf rund 1,2 Mrd. Euro pro Jahr.

Ein massiver und deutlich beschleunigter Ausbau von Windkraft und Fotovoltaik ist auch aus Sicht des VCI unverzichtbar für das Ziel Klimaneutralität. Er müsse aber wegen des politisch forcierten Ausstiegs aus der Kohleverstromung durch die Errichtung moderner Gaskraftwerke begleitet werden. „Wir dürfen die Versorgungssicherheit, die wir rund um die Uhr, sieben Tage die Woche benötigen, nicht aufs Spiel setzen“, mahnte der VCI-Präsident.

Erdgas ist für die chemische Industrie mit über 120 Terawattstunden im Jahr nicht nur der wichtigste Energieträger, sondern auch essenzieller Rohstoff: Knapp ein Drittel des Erdgases, das sie im Jahr verbraucht, geht als Rohstoff in die Produktionsanlagen. Das entspricht rund 3,2 Millionen Tonnen oder 16 % aller Rohstoffe, die die Branche für die organische Produktion einsetzt. Für das Erreichen der Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts will die Branche Kohlenstoff im Kreis führen. Chemisches Recycling von Plastikabfällen ist dafür neben der direkten Nutzung von CO2 aus der Luft ein wichtiger Bestandteil der Strategie. Der VCI begrüßt daher, dass die Ampel-Regierung den Stellenwert des chemischen Recyclings anders ansetzt und als Recyclingoption in das Verpackungsgesetz aufnehmen will. Diesen Schritt stuft der VCI als Paradigmenwechsel für die Klimapolitik und die Kreislaufwirtschaft ein.

Für mehr private und öffentliche Investitionen braucht es aber schnellere und effizientere Genehmigungsverfahren. Hier will die Koalition handeln und die Verfahrensdauer mindestens halbieren. „Das begrüßen wir sehr. Genehmigungen sind der Treibsatz für Innovationen und Investitionen.“ Dass weniger Bürokratie mehr Wachstum schafft, belegt auch eine aktuelle Studie des IW im Auftrag des VCI. Ließe sich zum Beispiel ein Unternehmen in Deutschland einen Tag schneller gründen als derzeit, so ein Ergebnis der IW-Analyse, könnte das etwa zwei Mrd. Euro zusätzliche Direktinvestitionen auslösen.

Auf Zustimmung stößt beim VCI auch, dass sich die Bundesregierung konstruktiv in die Debatte um die EU-Chemikalienstrategie einbringen möchte. „Es ist gut und richtig, dass die Koalition bei diesem Thema auf Daten, Zahlen, Fakten und auf das wissenschaftlich seriöse Risikoprinzip setzen will“, sagte Kullmann. „Wir unterstützen die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien. Aber sie müssen so ausgestaltet werden, dass sie für Unternehmen – vor allem für unseren Mittelstand – praktikabel und planbar sind und ressourcen- und kosteneffizient umgesetzt werden können. Kaum etwas ist für Unternehmen schlimmer als Unsicherheit. Wir brauchen daher einen klaren und soliden Übergangsrahmen.“

Anlagenprojekte im November 2021

Röhm Plexiglas-Produktionsanlage in Worms
Das Chemieunternehmen Röhm investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in den Ausbau einer Produktionsanlage für PMMA-Formmassen der Marke Plexiglas in Worms. Darüber hinaus sind weitere Projekte in Planung.Mehr zum Projekt.
Thyssenkrupp wird Partner bei Dii Desert Energy
Thyssenkrupp will in einer strategischen Partnerschaft mit Dii Desert Energy, der früheren Desertec Industrial Initiative, die Energiewende in Nordafrika und dem Mittleren Osten vorantreiben.Mehr zum Projekt.
Covestro modernisiert Technikum für PU-Elastomere in Leverkusen
Covestro hat in Leverkusen sein neu gestaltetes Technikum für Hochleistungs-Polyurethan-Elastomere der Marke Vulkollan eröffnet. Der Kunststoffhersteller will hier neue Anwendungslösungen entwickeln und testen sowie Prototypen bauen und anpassen.Mehr zum Projekt.
Chemiepark Marl
Der Spezialchemie-Konzern Evonik will im kommenden Jahr neue Weichmacher-Produkte auf den Markt bringen, die auf dem Rohstoff Isononanol (INA) basieren. Dafür sollen auch die Produktionskapazitäten in Marl steigen.Mehr zum Projekt.
Polyolefinkomplex Borouge
Die Joint-Venture-Partner Adnoc und Borealis haben eine Investitionsvereinbarung geschlossen, um den Polyolefinkomplex Borouge zu erweitern. Der Projektabschnitt Borouge 4 beinhaltet Anlagen zur Produktion von 1,4 Mio t/a Polyethylen.Mehr zum Projekt.
Haldor Topsoe
Green Fuel und Haldor Topsoe wollen gemeinsam effiziente und skalierbare Technologien für die Produktion von grünem Ammoniak in Island entwickeln. In einer aktuellen Absichtserklärung geht es auch um weitere Geschäftsmöglichkeiten in dem Zukunftsbereich.Mehr zum Projekt.
RWE
Die Energiekonzerne RWE und Shell haben sich auf eine gemeinsame Erzeugung von grünem Wasserstoff verständigt. Am Shell-Standort Wesseling wurde dazu eine Absichtserklärung unterzeichnet.Mehr zum Projekt.
Neste
Der finnische Öl- und Kraftstoffkonzern Neste wird aus dem EU Innovation Fund 88 Millionen Euro für das geplante CCS-Projekt im finnischen Porvoo erhalten. Dadurch soll die dortige Raffinerie dekarbonisiert werden.Mehr zum Projekt.
Hafen von Antwerpen
Air Liquide und die BASF planen den Aufbau der weltweit größten grenzüberschreitenden Wertschöpfungskette zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS). Ziel ist es, die CO2-Emissionen der Industrie im Hafen von Antwerpen deutlich zu senken.Mehr zum Projekt.
Qualmende Industrieanlage
Der Anlagenbauer Technip Energies und das auf Gasreinigung spezialisiete Unternehmen Svante wollen bei der Kohlendioxid-Abscheidung zusammenarbeiten. Gemeinsam wollen sie Svantes Technologie zur Kohlenstoffabscheidung mit festen Sorptionsmitteln so weiterentwickeln, dass integrierte Lösungen vom Konzept bis zur Projektlieferung angeboten werden können.Mehr zum Projekt.
Gas- und Dampfturbinen (GuD)-Kraftwerk
Siemens Energy hat einen Auftrag für den schlüsselfertigen Bau eines Gas- und Dampfturbinen (GuD)-Kraftwerks erhalten. Dieses ist Teil des integrierten LNG-to-Power-Projekts UTE GNA II im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro zum Einsatz.Mehr zum Projekt.
Microwave Chemical
Die japanischen Unternehmen Mitsui Chemicals und Microwave Chemical haben eine Zusammenarbeit für das chemische Recycling von Kunststoffen vereinbart. Erstmals sollen Mikrowellen in kommerziellem Maßstab eingesetzt werden.Mehr zum Projekt.
Kunststoffmüll
Der Technologiekonzern Lummus und der Entsorger Phigenesis haben eine Absichtserklärung zum chemischen Kunststoffrecycling unterzeichnet. In Europa sollen fünf Projekte auf Basis der Pyrolysetechnologe geplant werden.Mehr zum Projekt.
Lanxess Standort Changzhou
Lanxess baut sein Produktionsnetzwerk in China aus: Der Spezialchemie-Konzern will an seinem Standort in Changzhou eine zweite Compoundier-Anlage für Hochleistungs-Kunststoffe der Marken Durethan und Pocan errichten und dafür ca. 30 Mio. Euro investieren. Mehr zum Projekt.
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