Hintergrund-Beitrag: Eigner mit begrenzter Haltezeit
Currenta-Deal hat nur begrenzten Zeithorizont
Für den Chemieparkbetreiber Currenta und dessen Töchter Chemion und Tectrion brechen neue Zeiten an: Bayer und Lanxess werden ihre Anteile an Infrastruktur-Fonds des Investors Macquarie Infrastructure and Real Assets verkaufen. Doch was die Pressemeldung verschweigt: Der Deal hat nur einen begrenzten Zeithorizont.
Redaktion Redaktion
Der Brand konnte bereits in den Morgenstunden des Sonntags gelöscht werden.(Bild: Chempark)
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Currenta betreibt die drei Chempark-Standorte Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Bild: Currenta
Mira – so die Kurzform von Macquarie Infrastructure and Real Assets ist außerhalb von Australien wahrscheinlich nur institutionellen Anlegern wirklich ein Begriff. Das Tochterunternehmen eines australischen Finanzkonzerns gehört in Sachen Infrastruktur jedoch zu den ganz Großen: Die Macquarie Group managt Assets im Wert von 335 Milliarden Euro. Daneben nehmen sich die 3,5 Mrd. Euro, die der Currenta-Deal umfasst, fast schon bescheiden aus.
Doch für die europäische Tochter Mira ist die Currenta-Übernahme ein tüchtiger Schluck aus der Pulle: Die fünf von Mira betriebenen Infrastruktur-Fonds hatten vor dem Deal einen Gesamtwert von rund 14 Mrd. Euro, ein sechster ist derzeit am Entstehen. Das Unternehmen machte in der jüngeren Vergangenheit vor allem mit den Übernahmen des Heizkosten-Abrechners Techem, des britischen Wasserversorgers Thames Water und des Gasespezialisten Thyssengas von sich Reden. Dass Mira und deren Fonds der breiten Öffentlichkeit bislang kaum bekannt sind, liegt auch daran, dass sich diese vor allem an institutionelle Anleger wie Versicherungen oder Pensionsfonds wenden.
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Lanxess überrascht mit Komplett-Verkauf
Lanxess-CEO Matthias Zachert hatte noch im Mai 2019 auf der Hauptversammlung das Interesse an der strategischen Ausrichtung des Standortdienstleisters erklärt. Bild: Lanxess
Deshalb kam die Meldung vom 6. August für viele eher überraschend, dass Bayer und Lanxess ihre Anteile (60 bzw. 40 %) an den Investor mit australischen Wurzeln verkaufen. Und auch die Tatsache, dass nicht nur Bayer, sondern auch Lanxess seine Beteiligung an Currenta komplett abstoßen will, verblüffte. Während Bayer bereits Ende 2018 sein Engagement beim Betreiber der Chempark-Standorte Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen zur Disposition stellte, hatte Lanxess-CEO Matthias Zachert noch im Mai 2019 auf der Hauptversammlung das Interesse an der strategischen Ausrichtung des Standortdienstleisters erklärt und dem Verkauf der Anteile eine Absage erteilt. Lanxess ist neben dem Kunststoffhersteller Covestro der größte Kunde von Currenta.
Bildergalerie: Die größten Chemiestandorte in Deutschland
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Mit 180 Hektar Gesamtfläche kommt der von Yncoris (ehemals Infraserv Knapsack) betriebene Chemiepark Knapsack auf Platz 19 des Chemiepark-Rankings deutscher Standorte.(Bild: Yncoris)
Der von Infraserv Gendorf betriebene Chemiepark Gendorf umfasst 197 Hektar Gesamtfläche.(Bild: Chemiepark Gendorf)
Als Chemie- und Industriepark sieht sich der Standort Zeitz in Ostdeutschland. Die Gesamtfläche beträgt 232 ha.(Bild: Infra-Zeitz Servicegesellschaft mbH)
Im Chempark Krefeld, der von Currenta betrieben wird, hat unter anderem der Kunststoffhersteller Covestro Produktionsanlagen in Betrieb. Gesamtfläche: 260 ha.(Bild: Covestro)
Solvay betreibt in Rheinberg Chlor-Vinyl-Anlagen und vermarktet die freien Flächen des Industrieparks (261 ha Gesamt, frei: 80 ha).(Bild: Solvay)
Klarer Fokus auf Petrochemie hat der Standort Gelsenkirchen-Scholven, der von Ruhröl - BP Gelsenkirchen betrieben wird. (280 ha)(Bild: BP)
Der von der BASF betriebene Standort Schwarzheide umfasst 290 ha, davon stehen 95 ha für neue Ansiedler zur Verfügung.(Bild: BASF)
Auch Dormagen ist ein von Currenta betriebener Chempark-Standort. Dort stehen von einer Gesamtfläche von 360 ha nur noch 25 ha für Ansiedler zur Verfügung.(Bild: Covestro)
Agrochemie bildet einen Fokus am Chemiestandort Piesteritz, der von SKW betrieben wird. Von 390 ha sind noch 30 für Ansiedler frei.(Bild: SKW Stickstoffwerke Piesteritz)
Der Industriepark Brunsbüttel ist zwar auch ein ehemaliger Bayer-Standort, wird aber nicht wie die Chempark-Standorte von Currenta betrieben, sondern vom Kunststoffhersteller Covestro. Von 420 ha sind 250 ha frei.(Bild: Covestro)
Infraserv Höchst betreibt mehrere Chemieparks, der größte davon ist der Standort Höchst (460 ha, 50 ha Freifläche).(Bild: Infraserv Höchst)
Der größte unter den von Currenta betriebenen Chempark-Standorten ist das Werksgelände in Leverkusen (480 / 30 ha).(Bild: Currenta)
Am Standort Lingen im Emsland wird nicht nur Chemie hergestellt, sondern wird auch Strom und Dampf aus Kernkraft produziert. Von 500 ha Gesamtfläche sind 80 verfügbar.(Bild: RWE)
Der Chemiepark Marl landet mit einer Gesamftfläche von 650 ha auf Platz 6 unseres Rankings.(Bild: Evonik)
Der Standort Schwarze Pumpe in der Lausitz kommt auf 720 ha, von denen 70 ha verfügbar sind.(Bild: Vattenfall)
Der Industriepark Schwedt wird von der PCK Raffinerie beherrscht, die gleichzeitig Betreiber des 800 ha umfassenden Geländes ist.(Bild: Werner Weber-Fotolia)
Auf Platz 3 der Chemiestandorte landet das BASF-Gelände in Ludwigshafen (1000 ha). Nach jüngster Erhebung stehen dort noch 50 ha für neue Anlagen zur Verfügung.(Bild: BASF)
Mit 1200 ha Gesamtfläche und noch verfügbaren 120 ha Freifläche für Neuansieldlungen steht der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen auf Platz 2 unseres Rankings.(Bild: Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH)
Die Total-Raffinerie in Kombination mit dem Chemiepark-Gelände sorgen dafür, dass der Chemiestandort Leuna mit einer Gesamtfläche von 1300 ha klar auf Platz 1 landet.(Bild: InfraLeuna GmbH)
Medienberichten zufolge hätte Bayer seinen 60-Prozent-Anteil gerne auch an Covestro verkauft, doch dies sei an unterschiedlichen Auffassungen zur Bewertung des Standortdienstleisters gescheitert. Der Anteil von Bayer an der Currenta hat einen Eigenkapitalwert von rund 1,17 Milliarden Euro (nach Abzug von Nettofinanzverschuldung und Pensionsverpflichtungen). Zusätzlich will Bayer Liegenschaften und Infrastruktur im Wert von 180 Millionen Euro an die Currenta-Gruppe verkaufen und die Transaktionen noch in diesem Jahr abschließen.
Lanxess will Mira in der Übergangsphase operativ unterstützen und daher seine Beteiligung an Currenta noch bis Ende April 2020 halten. Der von Lanxess gehaltene 40-Prozent-Anteil wird mit einem Eigenkapitalwert (nach Abzug von Netto-Schulden und Pensionen) von rund 780 Millionen Euro vor Steuern bewertet. Zusätzlich erhält Lanxess eine Gewinnbeteiligung bis zum Abschluss des Verkaufs.
Currenta wird mittelfristig wieder weitergereicht werden
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Beide Unternehmen betonten in der Pressemeldung zum Verkauf die langfristige Zusammenarbeit mit Currenta. Bayer habe sich mit Mira auf langfristige Dienstleistungs- und Versorgungsverträge geeinigt, Lanxess nannte konkret 10 Jahre Laufzeit auf die man sich mit Mira für Dienstleistungs- und Versorgungsverträge für die drei Chempark-Standorte verständigt habe. Die Zahl kommt nicht von ungefähr: viel länger wird Currenta wahrscheinlich nicht Teil des Mira-Portfolios sein.
Interessant ist hier ein Blick auf die Struktur der Mira-Fonds: Der Currenta-Deal soll in den Macquarie European Infrastructure Funds MEIF5 und 6 abgebildet werden. Dies könnte auf eine spätere Aufspaltung der Currenta-Gruppe hindeuten. MEIF5 wurde im September 2016 aufgelegt, MEIF6 erst 2019. Auf Rückfrage der Redaktion bestätigte Macquarie, dass das Unternehmen die in den Fonds enthaltenen Beteiligungen zum Ende der Laufzeit wieder abstößt. Und diese liegt zwischen 12 und maximal 14 Jahren.
Currenta-Verkauf: Bayer und Lanxess verkaufen an Macquarie Infrastructure
08.08.2019Bayer und Lanxess verkaufen ihre Anteile am Chemiepark-Betreiber Currenta an von Macquarie Infrastructure and Real Assets geführte Fonds. mehr