Gasleitung closed

(Bild: 22091967 – AdobeStock)

  • Die aktuelle Gasmangellage führt zur Suche nach möglichen Backup-Lösungen.
  • Eine mögliche Lösung stellt die Versorgung mit einer Gasmischanlage zur Herstellung von SNG dar.
  • Dabei müssen Betreiber verschiedene Kriterien wie Sicherheit, Werksnetz, Brenner oder den Thermoprozess berücksichtigen.

SNG ist ein „künstliches“ Erdgas, das als Gasgemisch aus Propan oder LPG, gemischt mit Stickstoff oder Luft, erzeugt werden kann. Da die Zusammensetzung von SNG ähnliche Brennwerte wie natürliches Erdgas aufweist, muss die bestehende Infrastruktur des Unternehmens, nur ergänzt werden.

Mit einem Propan/Luft-Gasmischsystem anstelle von Erdgas oder zur Unterstützung bei Erdgas-Lieferreduzierungen müssen vorhandene Komponenten genauer gesagt Brenner und Rohrleitungen, in der Regel nicht geändert oder modifiziert werden.

SNG-Systeme werden im Prinzip wie folgt ausgeführt:

  1. Flüssiggas-Behälter mit Pumpe und Verdampfer-Anlage,
  2. Gas-/Luft-Mischanlage in angepasster Leistung für die Brennwerte,
  3. Erzeugung analog vorhandenem Erdgas, gegebenenfalls mit Wobbe-Regelung.

Das System wandelt flüssiges Propan oder LPG in Gas um und mischt es mit Luft oder Stickstoff in einem einstellbaren Verhältnis. Der große Vorteil von SNG ist, dass eine unterbrechungsfreie Energieversorgung und damit eine durchlaufende Produktion innerhalb der Anlage ermöglicht wird. Nichtsdestotrotz müssen Betreiber einige Rahmenbedingungen beachten und vor dem Einsatz von SNG bestimmte Prüfungen vornehmen.

Wieviel Platz braucht es für ein SNG-System?

Der Energiebedarf bestimmt den Platzbedarf für eine SNG-Lösung. Es wird ein Stellplatz bzw. Domschacht für den Behälter benötigt. Auch die Entladung über Tanklastzug oder Schiene muss sichergestellt sein, etwa durch eine Entladestation mit Füll- und Pendelanschluss. Der benötigte Flüssiggasverdampfer und die Druckregelstation finden häufig in einem 20-Zoll-Container Platz. Die Gas-/Luft-Mischanlage mit Steuerung im getrennten Bereich wird je nach Gasmenge und lokalen Gegebenheiten im Feldschrank, Gestell oder 30-Zoll-Container installiert.

Bei einem Einsatz eines Flüssiggas-Behälters von unter 3 t Lagerkapazität wird ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) erforderlich. Details dazu sind in der 9. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) geregelt. Bei einem 29-t-Behälter (≥ 9 t und < 30 t) ist ein vereinfachtes Verfahren ohne eine öffentliche Auslegung erforderlich. Grundsätzlich gelten die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) 3146 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“ für das Errichten, Aufstellen, und Befüllen. Gemäß § 3 Betriebssicherheitsverordnung und § 6 Gefahrstoffverordnung sind alle Gefährdungen zu ermitteln, die beim Errichten, Aufstellen, Befüllen, Lagern, Entleeren, Instandhalten, Stillsetzen und Demontieren von ortsfesten Druckanlagen für Gase auftreten können. Zur Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gasen siehe Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 407. Bei einem 165-t-Behälter schließlich ist ein förmliches Verfahren mit einer öffentlichen Auslegung erforderlich. Grundsätzlich gelten auch hier die TRBS 3146.

In jedem Fall ist zu prüfen, ob durch den zusätzlichen Einsatz von Propan bzw. Flüssiggas die Mengenschwellen im Sinne der Störfall-Verordnung überschritten werden. Hieraus könnten sich zusätzliche Dokumentations- und Prüfpflichten ergeben. Die Lagerung von Propan fällt ab 50 t bereits unter die Störfallverordnung, das heißt Anlagen, die bisher keine Störfallanlage waren, fallen dann erstmalig unter die Anforderungen der Störfallverordnung, unabhängig davon, welche störfallrelevanten Stoffe sonst noch gehandhabt werden.

Gasmischanlage (grüner Container) mit davor aufgestelltem Tank und Pumpe.
Gasmischanlage (grüner Container) mit davor aufgestelltem Tank und Pumpe. (Bild: L+T Gasetechnik)

Wozu werden Pumpe und Verdampfer benötigt?

Ohne Pumpe und Verdampfer werden, in Abhängigkeit von Ausführung, Aufstellort und (Außen-)Temperatur, nicht wirtschaftlich die nötigen Eingangsdrücke für eine reproduzierbare Gasmischung erzeugt. Üblicherweise erreicht ein außen aufgestellter Tank ohne Pumpe nur 0,75 bis 1,5 barg.

Für die (Standard-) Gasmischanlage ist aber ein Eingangsdruck von mindestens 4,5 barg erforderlich – kundenspezifische Ausführungen sind möglich, das erhöht aber aktuell die Armaturen-Querschnitte und Lieferzeiten signifikant und ist daher unattraktiv. Mit einer Kombination aus Pumpe und Verdampfer sind Eingangsdrücke für die Gasmischanlage von 4,5 barg oder mehr zu erzielen.

Bei Verdampfern für Flüssiggas besteht in der Regel eine Gasaustrittstemperatur zwischen 40 °C und 80 °C. Verdampfer müssen mit einem Druckschalter mit Alarm und gleichzeitiger Heizungsabschaltung sowie einem Sicherheitsventil ausgerüstet sein.

Damit keine Tröpfchen in die Armaturen gelangen und diese schädigen, sofern noch eine Strecke bis zum Gasmischer zurückzulegen ist, ist an dieser Strecke eine Begleitheizung vorzusehen. So wird eine Abkühlung und Rückkondensation mit Tröpfchenbildung vermieden. Am Gasmischer sollten die Gastemperaturen nicht unter 25 und nicht über 60 °C liegen.

Wie sollte das Gasmischsystem aussehen?

Propan hat einen deutlich höheren Heizwert als Erdgas. Der Heizwert ist die Energie, die bei der Verbrennung von 1 m³ Gas in Form von Wärme freigesetzt wird. Der untere Heizwert (Hu) für Propan liegt bei 25,48 kWh/m³. Für Erdgas liegt der Heizwert bei 8,87 im Falle von für L-Gas bzw. 10,475 kWh/m³ bei H-Gas.

Die in den Industrieunternehmen vorhandenen Brenner sind üblicherweise für Erdgas ausgelegt, können daher Propan nicht ohne Weiteres verarbeiten und müssen zuvor umgerüstet oder ausgetauscht werden. Neben den dafür anfallenden Kosten treten Ausfallzeiten für Abkühlen, Umbau, Aufheizen auf. Um diesen gegebenenfalls erforderlich werdenden Umbau und die damit verbundenen Ausfälle und Unwägbarkeiten zu vermeiden, kann das Propan auf Erdgasqualität mit Luft oder Stickstoff auf den Heizwert des Erdgases in einer Gasmischanlage zu SNG abgemischt werden. Gasmischsysteme sind in verschiedenen Größenklassen und in verschiedenen alternativen Konzeptionen verfügbar.

Blick in eine redundante Gasmischanlage
Blick in eine redundante Gasmischanlage. (Bild: L+T Gasetechnik)

Typische Eigenschaften einer modernen Gasmischanlage

Eine dynamische und sichere Gasmischanlage nach dem aktuellen Stand der Technik hat die folgenden typischen Eigenschaften:

  1. Schnellstart: Verdampfer/Gasmischanlage in Stand-by: unter 1 Minute,
    Warmwasser-Verdampfer ca. 30 bis 45 Minuten, bei elektrisch beheizten ca. 10 bis 20 Minuten.
  2. Hochgenaue Gasmischung: Typische Garantiewerte sind besser als +/- 0,5 Vol.-% vom Endwert.
  3. Verhinderung der Rückmischung: Um das unerwünschte Vermischen (Umfüllen) zu verhindern, sodass keine Luft oder kein Stickstoff in die Propan-Leitung eindringt (oder umgekehrt), gibt es Standard-Vorkehrungen: Bei größeren Anlagen ≥ 400 m³/h sind Rückschlagklappen enthalten. Bei kleineren Anlagen liegt der Schließdruck der Druckregler unter dem Mindestvordruck der Versorgung.
  4. Vollautomatische Einstellung: Je nach Optionen, kann vollautomatisch auf einen Soll-Wert (etwa für Gas-Anteile, Volumen, Druck, Wobbe-Index, etc.) geregelt werden. Damit wird im geschlossenen Regelkreis das gewünschte Ergebnis erreicht.
  5. Besonders sichere Ausführung: Bei Gasmischungen mit Luft sollte eine Gasanalyse genutzt werden, die permanent die unzulässige Anreicherung von Sauerstoff im Mischgas überwacht und im Fehlerfall sicher abschaltet oder auf die optionale redundante Linie umschaltet. Bei Nutzung einer Lösung mit SIL 2 wird das Entstehen einer explosionsfähigen Atmosphäre in der Werksnetz-Gasleitung sicher verhindert.

An Anlagen, die mit einem Analysator zur Wobbe-Indexbestimmung ausgestattet sind, kann der Wobbe-Index und die zugehörige Luftzahl abgelesen werden. Außerdem wird der Wobbe-Index-Analysator in die Gasmischanlagen-Steuerung integriert.

So kann die Anlagen-Steuerung das Gasgemisch regeln, damit ein eingestellter Wobbe-Index automatisch angesteuert wird. Der Wobbe-Index wird von dem Betreiber der Anlage vorgegeben, das Mischverhältnis wird entsprechend automatisiert eingestellt und angepasst. Bei der Regelung nach Wobbe-Index ist aufgrund der Verzögerung (T90 ≥ 10 s, zuzüglich Messtrecke), mit einer konstanten Regelabweichung zu rechnen. Diese wird gegebenenfalls durch Laständerungen noch verstärkt. Daher erfolgt eine moderne Reglung zuerst nur auf das errechnete Verhältnis und dann auf den Wobbe-Index.

Was muss der Betreiber vor dem SNG-Einsatz prüfen?

Durch den Betreiber – oder seine beauftragten Lieferanten, Experten oder Sachverständigen – müssen vor dem Einsatz von SNG die Brennereignung und das bestehende Werksnetz geprüft werden.

Übliche Erdgasbrenner können ein Gasgemisch von Propan und Luft bzw. Propan und Stickstoff meist ohne Probleme verarbeiten. Die Flammenform verändert sich, da sich auch die Volumenströme des Brenngases ändern. Der Energie-Eintrag in den Prozess wird aber gemäß des berechneten (und/oder gemessenen) Heizwerts eingestellt und ist mit dem bisherigen Erdgas-Energie-Eintrag identisch.

Sofern der Prozess auf die Einhaltung der Flammenform (zum Beispiel Flammenlänge, Temperatur an bestimmter Stelle, Temperaturverteilung) angewiesen ist, gibt es hierfür ebenfalls Lösungen. Für Propan ohne Zumischung weiterer Gase sind typische Brenner üblicherweise nicht geeignet.

Die Umrüstung auf Schweröl, Heizöl bzw. Diesel ist üblicherweise endgültig und mit zusätzlichem abgasseitigem Aufwand verbunden. Hierbei ist außerdem zu beachten, dass Öl als wassergefährdender Stoff gilt und damit eine Prüfung nach der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) nötig werden kann.

Die Frage, ob eine Gasmischanlage auch nach der Übergabestation das Propangemisch einspeisen kann, also ob das bestehende Werksnetz mit Durchmischung mit dem bereits dort befindlichen Erdgas genutzt werden kann, fällt in der Regel positiv aus – sie muss aber nichtsdestotrotz geprüft werden. Bei sorgfältiger Betrachtung müssen neben den Brennern, der Abgasbehandlung und der Thermoprozessanlage auch die Rohrleitungsmaterialien, Armaturen und Elastomere des Versorgungsnetzes betrachtet und anlagenspezifisch durch den Betreiber beurteilt werden.

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