Nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 hatte Wintershall Dea seine Arbeiten in Russland „in den Grundfesten erschüttert“ gesehen, an den bestehenden Aktivitäten und Joint-Ventures aber grundsätzlich festgehalten. Anfang März hatte das Unternehmen angekündigt, lediglich die Planungen neuer Projekte zu stoppen und „keine zusätzlichen Projekte zur Gas- und Ölförderung in Russland zu verfolgen“. Außerdem wurde die Finanzierung von Nord Stream 2 abzuschreiben
Nun folgt die Kehrtwende: Wie Wintershall Dea am 17. Januar 2023 mitteilte, beabsichtige das Unternehmen sich nun „vollständig aus Russland in geordneter Weise und unter Einhaltung aller anwendbaren Gesetze und Bestimmungen zurückzuziehen.“ CEO Mario Mehren bezeichnete die Fortführung der Aktivitäten als „nicht tragbar“. Der Angriffskrieg sei „nicht vereinbar mit unseren Werten“ und habe „die Zusammenarbeit zwischen Russland und Europa zerstört“.
Beteiligungen von Wintershall Dea wurden „wirtschaftlich enteignet“
Mehr als aktuelle Entwicklungen im Kriegsgeschehen sind jedoch jüngste politische Entscheidungen Hintergrund des Rückzugs: So haben zwei Dekrete des russischen Präsidenten Wladimir Putin von Ende Dezember massive Auswirkungen auf das Geschäft von Wintershall Dea in Russland. Diese Dekrete reduzieren rückwirkend die Preise, zu denen die Joint-Ventures westlicher Unternehmen die produzierten Kohlenwasserstoffe an den Staatkonzern Gazprom verkaufen können. Durch die andauernden Einmischungen und Beschränkungen sei Russland „unberechenbar geworden“, heißt es in einer Erklärung des Wintershall-Vorstands, das Land sei „kein verlässlicher Wirtschaftspartner mehr“. Die Beteiligungen von Wintershall Dea würden durch die politischen Entscheidungen „de-facto wirtschaftlich enteignet“.
Daher ziehe das Unternehmen nun „die einzig richtige Schlussfolgerung“ und beende die Aktivitäten in Russland nach mehr als 30 Jahren. Die Folgen für Winterhall Dea und den Mutterkonzern BASF sind massiv: Durch die Entkonsolidierung der russischen Joint Ventures vornehmen und weitere russlandbezogene Wertminderungen muss das Unternehmen über 5 Mrd. Euro abschreiben. Die BASF berichtet in der Veröffentlichung der jüngsten Zahlen von Wertberichtigungen auf die Beteiligung an Wintershall Dea in Höhe von rund 7,3 Mrd. Euro enthalten, davon 5,4 Mrd. Euro im vierten Quartal 2022.