VCI sieht Standort Deutschland vor Wettbewerbsproblem

Bildergalerie: Halbjahresbilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie

Die chemisch-pharmazeutische Industrie hatte im ersten Halbjahr mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Der Standort Deutschland bekomme zunehmend ein Wettbewerbsproblem, so die Halbjahresbilanz des Chemieverbandes VCI.

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Eine aktuelle Umfrage des VCI zeigt: Die Chemiebranche hatte in den ersten sechs Monaten des Jahres mit langen Lieferzeiten und hohen Frachtkosten zu kämpfen. Engpässe bei Vorleistungen und Materialien behinderten die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Hinzu kamen sprunghaft steigende Preise für Rohstoffe und Energie, vor allem für Erdgas.
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In diesem schwierigen Umfeld konnte die Branche nach den Zahlen des VCI ihre Produktion mit 0,5 % nur wenig ausweiten. Ohne Pharma sank die Produktion sogar um 3 %, denn fast alle anderen Geschäftsbereiche der Branche mussten im ersten Halbjahr 2022 Produktionseinbußen hinnehmen. Besonders schwer traf es das Segment Fein- und Spezialchemie mit einem Rückgang von 9 %. Die Hersteller von anorganischen und organischen Grundstoffen sowie von Konsumchemikalien mussten ihre Produktion nur wenig drosseln (-0,5 %). Allein die Sparte Polymere behauptete sich im ersten Halbjahr mit einem Zuwachs von 3 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Herstellung von Pharmazeutika erreichte dank einer coronabedingten Sonderkonjunktur ein Plus von 8,5 %.
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Die steigenden Produktionskosten konnten zum Teil an die Kunden weitergegeben werden – dies wird jedoch immer schwieriger. Über 50 % der Unternehmen konnten nur weniger als die Hälfte des Kostenanstiegs überwälzen. Dies wirkte sich in Verbindung mit dem rückläufigen Verkaufsmengen negativ auf die Ertragslage der Unternehmen aus.
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Vor diesem Hintergrund bekommt der Standort Deutschland zunehmend ein Wettbewerbsproblem – nicht nur in den energieintensiven Sektoren. Bereits jetzt verliert Europa an Wirtschaftsleistung gegenüber anderen Standorten. Aus Sicht des VCI muss die Balance zwischen Umwelt- und Klimaagenda und dem Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit neu justiert werden.
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Der VCI plädiert außerdem dafür, das Prinzip „erst bauen und später genehmigen“ nicht nur für die dringend benötigten LNG-Terminals zur Anlandung und Einspeisung von Flüssiggas anzuwenden, sondern auch auf die Zulassung von Industrieprojekten auszuweiten, um die Transformation der Wirtschaft zu beschleunigen und den Standort attraktiver zu machen. Denn die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte sinkt seit 2017 spürbar. Im Kern wegen hoher Energiekosten, großer bürokratischer Hürden und vor allem wegen der langatmigen Genehmigungen, wie Analysen von Ernst & Young aktuell belegen.