Um den Brückenstrompreis aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zu finanzieren, müsste dessen zugrundeliegendes Gesetz angepasst werden. Diese notwendigen Anpassungen am Stabilisierungsfondsgesetz (StFG) seien aber "ohne Eingriff in die Budgethoheit des Parlaments möglich", urteilt die Wirtschaftskanzlei Becker Büttner Held, die ein entsprechendes Gutachten im Auftrag der IGBCE durchgeführt hat. Der Zweck des WSF darf laut Gesetz nicht gändert werden, das Geld darin also nur in vorgesehene Zwecke fließen. Dies sei bei einer Finanzierung des Brückenstrompreises für die energieintensiven Industrien aber auch nicht der Fall: „Auch der Brückenstrompreis soll vor allem die durch die Energiekrise nachhaltig erhöhten Strompreise für energieintensive Industrien abfedern“, heißt es in dem Gutachten. Eine Umwidmung des Fonds hingegen läge erst vor, „wenn die Mittel einem gänzlich anderen Zweck dienten“, was für unverbrauchte Mittel mit entsprechendem Parlamentsbeschluss aber auch möglich wäre.
Kein Verstoß gegen Schuldenbremse
Im vorliegenden Fall müsste die Bundesregierung den im StFG festgeschriebenen Katalog an Unterstützungsmaßnahmen, die aus dem Fonds finanziert werden können, um einen Brückenstrompreis erweitern und bis 2030 strecken. Das sei problemlos möglich, da im WSF noch ausreichend Mittel vorhanden seien und somit keine Neuverschuldung entstehen würde. Gegen die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse würde ein Brückenstrompreis auch deshalb nicht verstoßen, weil damit der Tilgungsplan des WSF eingehalten werden könne, so das Gutachten. Er sieht eine Rückführung der Schulden ab 2031 vor. Die Bundesregierung hatte den Stabilisierungsfonds mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro ausgestattet, bislang sind jedoch erst rund 60 Milliarden Euro abgerufen worden.
„Das Gutachten macht deutlich: Juristische Themen können den Brückenstrompreis nicht aufhalten“, sagte der Vorsitzende der IGBCE, Michael Vassiliadis. „Er lässt sich sowohl rechtlich wie finanziell über den WSF organisieren. Erst wenn wir die energieintensiven Industrien in der Energiepreiskrise unterstützen und ihre Transformation möglich machen, kann der Fonds auch einen ,Doppel-Wumms‘ entwickeln.“ Das Gutachten zur Finanzierbarkeit ist bereits die zweite rechtliche Bewertung zum Brückenstrompreis, die die IGBCE-eigene Stiftung Arbeit und Umwelt bei Becker Büttner Held in Auftrag gegeben hatte. In einer ersten Expertise hatten sich die Fachleute den Einwand widerlegt, ein Brückenstrompreis verstoße gegen EU-Beihilferecht. „Man muss ja stets sehr genau zwischen rechtlichen und politischen Argumenten unterscheiden; rechtlich jedenfalls ist die Einführung eines Transformationsstrompreises möglich“, sagt Rechtsanwältin Prof. Dr. Ines Zenke, Partnerin bei Becker Büttner Held. „Das gilt sowohl unter der deutschen Verfassung als auch nach den europäischen Regeln zum Beihilfenrecht.“ Die Gewerkschaft IGBCE unterstützt intensiv die Forderungen der Industrie nach einem Brückenstrompreis und hat sich vor kurzem gemeinsam mit dem Branchenverband VCI der "Allianz pro Brückenstrompreis" angeschlossen.