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- Die Verbrennung halogenierter Abgase in der chemischen und pharmazeutischen Industrie erfordert spezielle Konstruktionen und Verfahren, um toxische Inhaltsstoffe sicher zu entsorgen.
- Die EU-Richtlinien und die Notwendigkeit der Abwärmenutzung und Rauchgasreinigung stellen eine anspruchsvolle Aufgabe dar.
- Eine Optimierung bestehender Anlagen ist ratsam, um Emissionswerte sicher einzuhalten und Betriebskosten zu reduzieren.
Halogenhaltige Rückstände fallen unter anderem in verschiedenen Produktionsprozessen der chemisch-pharmazeutischen Industrie an – beispielsweise bei der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden, von Epoxidharzen oder von chlorierten Lösemitteln wie Methylenchlorid oder Trichlorethylen. Die Rückstände sind oft hochkalorisch und enthalten hohe Konzentrationen an organischen Inhaltsstoffen. Die Verbrennung erfordert spezielle Konstruktionen und Verfahren für die Abwärmenutzung und Rauchgasreinigung, insbesondere bei toxischen Inhaltsstoffen.
Die EU-Richtlinie 2000/76/EG schreibt für halogenhaltige Abfälle eine Mindesttemperatur von 1.100 °C bei einer Verweilzeit von mindestens 2 s vor. Beim Verbrennen von halogenierten Stoffen entstehen neben den normalen Oxidationsprodukten (Kohlendioxid und Wasser) auch anorganische Stoffe: Halogenwasserstoffe und elementare Halogene.
Auskleidung Brennkammer
Zur Entsorgung halogenierter Abgase und Flüssigkeiten werden Brennkammern mit keramischen Steinen ausgekleidet. Da die keramische Auskleidung nicht diffusionsdicht ist, dringen Halogenwasserstoffe in das Mauerwerk ein und kommen mit dem metallischen Brennkammermantel in Kontakt. Die Auskleidung und Isolierung müssen so bemessen sein, dass eine Taupunktunterschreitung verhindert wird. Oft wird auf eine äußere Isolierung verzichtet und die Brennkammer nur mit einem metallischen Lochblech als Berührungsschutz umgeben, was eine einfache Temperaturüberwachung und frühzeitige Erkennung von Schäden ermöglicht.
Als keramische Auskleidung werden Steine aus Oxidkeramik mehrlagig in die Brennkammer eingebracht. Für die feuerseitigen Lagen wird ein hoher Anteil an Aluminiumoxid verwendet. Es ist zu beachten, dass eine keramische Auskleidung gegen Fluorwasserstoff nicht beständig ist. Fluorwasserstoff reagiert mit dem in der Ausmauerung enthaltenen Siliziumdioxid und zerstört damit langfristig den Werkstoff. Die Auskleidung einer Brennkammer, die zur Entsorgung von fluorhaltigen Stoffen eingesetzt wird, erreicht deshalb nur eine begrenzte Standzeit.
Gasförmige Schadstoffe werden über Lanzen in die Brennkammer abgegeben und gleichmäßig verteilt, um eine gute Durchmischung zu erzielen. Flüssigkeiten werden über Ultraschalldüsen zerstäubt, wobei das Zerstäubermedium (Dampf oder Luft) ein Ultraschallschwingungsfeld erzeugt. Die Flüssigkeit durchströmt die Düse und wird in feine Tröpfchen zerstäubt. Ultraschalldüsen sind unempfindlich gegen Abrasion und Verschleiß.
Eine schnelle und vollständige Oxidation der organischen Komponenten wird durch eine intensive Durchmischung aller Stoffe in der Brennkammer sichergestellt. Viele Brennersysteme erzeugen eine ausgeprägte Rotation der Rauchgase, die durch eine tangentiale Einleitung von Flüssigkeiten oder Gasen zusätzlich unterstützt wird.

Herausforderungen bei der Abhitzenutzung
Die Rauchgase können nach der Brennkammer in einem Abhitzekessel zur Dampferzeugung oder zum Erhitzen von Thermalöl genutzt werden. Bei Anlagen zur Verbrennung chlorierter Kohlenwasserstoffe haben sich Rauchrohrkessel aus Kohlenstoffstahl bewährt, wodurch ein Korrosionsangriff von Chlorwasserstoff weitgehend unterdrückt wird. Die Festlegung der Betriebsbedingungen des Kessels sowie die Wahl der geeigneten Werkstoffe ist unter Berücksichtigung des Korrosionsverhaltens der im Rauchgas enthaltenen Halogenverbindungen vorzunehmen.
Die Korrosionsintensität von Chlorwasserstoff gegenüber Kohlenstoffstahl steht in Abhängigkeit von der Temperatur. Ab 300 °C tritt vermehrt Hochtemperaturkorrosion auf. Bei der Verbrennung von Abfällen mit hohem Fluoranteil wird auf Abhitzenutzung wegen starker Korrosion der Abhitzekessel verzichtet.
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Abscheidung aus dem Rauchgas
Halogenverbindungen müssen vor dem Einleiten der Rauchgase in die Atmosphäre abgeschieden werden. Neben Halogenwasserstoff können elementare Halogene, besonders bei der Verbrennung von Chlor- und Bromverbindungen, entstehen. Die Bildungsrate der elementaren Halogene hängt von der Halogenkonzentration und den Verbrennungsbedingungen ab (Deacon-Gleichgewicht). Hohe Verbrennungstemperaturen und niedriger Sauerstoffgehalt mit hohem Wasserdampfanteil reduzieren die Halogenbildung.
Die Abscheidung von Halogenverbindungen aus dem Rauchgas erfolgt durch eine nasse Rauchgaswäsche, bestehend aus einer Quenche und einer Waschkolonne. In der Quenche wird das heiße Rauchgas mit Wasser gekühlt und mit Wasserdampf gesättigt, bevor es in die Waschkolonne gelangt, wo eine wässrige Waschlösung die Halogenverbindungen aufnimmt. Für die quantitative Abscheidung elementarer Halogene ist ein alkalisches Milieu und die Zugabe von Reduktionsmitteln erforderlich.
Chlorwasserstoff reagiert mit Natronlauge zu NaCl (Kochsalz). Bei der Neutralisation von elementarem Chlor entsteht neben NaCl auch Natriumhypochlorit, dessen hohe Konzentration die Aufnahme von weiterem Chlor hemmt. Durch Zugabe von Natriumhydrogensulfit kann Hypochlorit in NaCl umgewandelt werden.

Beispiel für die Verbrennung mit HCl-Rückgewinnung
Halogenwasserstoffe lassen sich gut mit Wasser auswaschen, wodurch eine konzentrierte wässrige Säure erzeugt werden kann. Hier ein Beispiel für die Verbrennung chlorhaltiger Abfälle mit HCl-Rückgewinnung. Chlorhaltige Abgase und Rückstandsflüssigkeiten werden in einer Brennkammer bei mindestens 1.100 °C verbrannt. Die Energie der heißen Rauchgase wird im Abhitzekessel zur Dampferzeugung genutzt und anschließend einer Nasswäsche mit HCl-Rückgewinnung unterzogen. In der Quenche werden die Rauchgase mit Waschsäure gekühlt und mit Wasserdampf gesättigt, bevor sie in einem Wärmetauscher weiter abgekühlt werden. Dabei nimmt die Waschsäure einen Großteil des Chlorwasserstoffs auf. Das kalte Zweiphasengemisch wird getrennt und ein Teil der konzentrierten Säure abgezogen.
Das vorgereinigte Rauchgas wird in eine Absorptionskolonne geleitet, wo restlicher Chlorwasserstoff mit Wasser ausgewaschen wird. Die Dünnsäure wird in die Quenchvorlage geleitet, und die Absorptionskolonne kann mehrere Waschkreisläufe haben. Eine alkalische Waschkolonne entfernt verbleibenden Chlorwasserstoff und elementares Chlor, bevor das gereinigte Rauchgas in die Atmosphäre abgegeben wird.
Die Absorption von Chlorwasserstoff in Wasser ist ein physikalischer Prozess, abhängig von Temperatur und HCl-Konzentration im Rauchgas. Bei ausreichendem Chlorgehalt und Kühlung kann 30%ige Salzsäure erzeugt werden.
Eine starke Unterkühlung der Rauchgase kann Salzsäure-Aerosole bilden. Das System Chlorwasserstoff-Wasser hat einen azeotropen Punkt, was zu Übersättigung und Aerosolbildung führt. HCl-Aerosole (0,5 bis 2 µm) können in technischen Absorbern nicht abgeschieden werden. Effektive Abscheider sind Elektrofilter, Venturi-Apparate und Rotationswäscher.