- Die Preise für Chemieanlagen sind im zweiten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt um 5,8 % gestiegen.
- Während der Preisauftrieb in den meisten Gewerken stark an Fahrt verloren hat, schlagen nun Ingenieurleistungen zu Buche.
- Die Preise für Rohrleitungen sind weiter gesunken.
Erzeugerpreise stagnieren, Energiepreise sinken deutlich – mit diesem Fazit fasste das Statistische Bundesamt am 20. Juli seinen Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2023 zusammen. Und einige wenige der von Destatis erhobenen Preiskategorien stecken auch im Preisindex für Chemieanlagen PCD, den wir seit einigen Jahren nach der Systematik des Processnet-Arbeitskreises Cost Engineering berechnen. Und diese 34 Einzelgewerke können durchaus ein anderes Bild zeichnen, als der gesamte Warenkorb der Statistiker. Und das gilt auch für das zweite Quartal des laufenden Jahres.
Die Ursache dafür liegt unter anderem an einer Besonderheit des Anlagenbau-Index: Dort sind die Gewerke, die für den Bau einer Chemieanlage notwendig sind, nach deren Wertanteil in einem Querschnitt von Anlagenprojekten gewichtet. Die Systematik basiert auf acht Hauptkategorien, in denen einzelne Kostenpositionen zusammengefasst sind: So besteht beispielsweise die Hauptkategorie „Maschinen und Apparate“ aus 16 Komponenten, darunter Filter, Pumpen und Wärmeübertrager. Maschinen und Apparate sind mit einem Anteil von 21 % eines der Schwergewichte im PCD. Material und Einrichtungen zur elektrischen Energieversorgung bewegen den Gesamtindex dagegen lediglich mit einem Anteil von 2,5 %. Das mit Abstand größte Gewicht haben allerdings Ingenieurleistungen: 27 % können – wie im vergangenen Jahr – dämpfend auf den Preisauftrieb wirken oder aber beschleunigend wie in diesem Jahr: Um satte 4,7 % stiegen die Engineeringkosten im ersten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal. Das ist insbesondere deshalb relevant, weil die Steigerungen in den vergangenen zwei Jahren im Mittel bei weniger als einem halben Prozent lagen.
Höhere Gehälter verteuern Ingenieurleistungen
Die Ursache für diese Entwicklung dürfte daran liegen, dass Engineeringanbieter inzwischen die durch die Inflation gestiegenen Gehälter oder zu erwartende höhere Lohnkosten auch in die Projekte einpreisen. Den schon seit einigen Jahren dominiert im (Chemie-)Anlagenbau die Abrechnung nach Aufwand gegenüber EPC-Festpreisverträgen.
Aber auch noch eine weitere Besonderheit enthebt den PCD im Vergleich von der gesamtwirtschaftlichen Sicht auf die Erzeugerpreise: Im Gegensatz zu allen materialbasierten Positionen im Index berichtet Destatis die Ingenieurkosten immer mit einem Quartal Verzug. Für den PCD bedeutet dies, dass unsere Daten immer erst ein Quartal später die Entwicklung exakt abbilden. In Q2 verwenden wir, um überhaupt einen Index erstellen zu können, bei Ingenieurleistungen denselben Wert wie in Q1 und korrigieren diesen dann in Q3. Das ist immer dann von Bedeutung, wenn sich die Preise in dieser Kategorie wie zuletzt sprunghaft ändern.
Automatisierung billiger, Rührbehälter und Mühlen teurer
Doch was hat sich sonst noch getan bei der Beschaffung von Anlagenausrüstung? Spannend ist unter anderem, dass sich Montageleistungen mit einem Plus von 0,7 % kaum verteuert haben und auch die Preise für Prozessleittechnik kaum gestiegen sind. Der seit einiger Zeit zu beobachtende Preisverfall für Automatisierungssysteme hat sich mit einem Minus von 2,2 % weiter fortgesetzt, während Geräte der Mess- und Regeltechnik um 1,8 % teurer geworden sind. Der anhaltend sinkende Stahlpreis wirkt weiter dämpfend auf die Preise für Armaturen und Rohrleitungen.
Interessant ist zudem ein differenzierter Blick auf Maschinen und Apparate: Im gewichteten Durchschnitt haben wir hier für Q2/23 ein Plus von 0,9 % errechnet. Doch während Wärmeübertrager nicht teuer geworden sind, ragen Rührbehälter und Mahlanlagen als Package Unit mit einem Plus von jeweils 5,9 % deutlich heraus. Die Bautechnik, die in den Jahren vor 2022 für einen starken Preisauftrieb gesorgt hatte, pendelt sich nach einem Rückgang zum Jahresanfang nun auf Werte knapp über einem Prozent ein.
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Engineering Summit 2023
Die Industrie zu transformieren ist eine der drängendsten Aufgaben im Kampf gegen den Klimawandel. Eine große Herausforderung für den Anlagenbau, der neue Verfahren, wie etwa die Wasserstoffwirtschaft in den großtechnischen Maßstab skalieren muss.
Ob das gelingen kann, hängt unter anderem von folgenden Fragen ab:
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