CO2-Fußabdruck

Mit 692 kg CO2-Emissionen pro Tonne produziertem Ethen haben Steamcracker eine ziemlich miese Klimabilanz. Mit elektrisch beheizten Spaltöfen könnte diese deutlich verbessert werden. (Bild: guukaa – stock.adobe.com)

  • Steamcracker spielen auf dem Weg hin zu einer CO2-armen Chemieproduktion eine zentrale Rolle.
  • Dow, Shell, BASF, Sabic und Linde arbeiten aktuell an der Technologie für elektrisch beheizte Spaltöfen.
  • Eine erste Multi-Megawatt-Anlage könnte bereits 2023 in Ludwigshafen in Betrieb gehen.

Sie sind Anlagen der Superlative: Steamcracker stellen der (petro-)chemischen Industrie all die Grundbausteine zur Verfügung, die diese für die Herstellung ihrer Produkte benötigt. Längerkettige Kohlenwasserstoffe wie Naphtha, aber auch Ethan, Propan und Butan, werden in kurzkettige oder ungesättigte Kohlenwasserstoffe gespalten (cracking). Allein die in Deutschland betriebenen Steamcracker haben eine Produktionskapazität von 5,5 Mio. t Ethen pro Jahr – und stoßen dabei 3,8 Mio. t Kohlendioxid aus.

Die in Europa betriebenen Steamcracker setzen überwiegend das in Erdölraffinerien aus Rohöl gewonnene Naptha als Rohstoff ein. Wesentliche Produkte des Spaltprozesses sind dabei Ethen (Ethylen), Pyrolysebenzin, Propen (Propylen), Methan, Butene, Butadien und andere. Die Spaltung geschieht unter Zugabe von Prozessdampf bei ca. 800 bis 850 °C. Kurze Verweilzeiten und ein durch Dampfzugabe geringer Partialdruck in Kombination mit einer schnellen Abkühlung des Spaltgases verhindern, dass die Spaltprodukte zu größeren Molekülen reagieren. Die Reaktion erfolgt in einem Rohrreaktor, dessen Rohrschlangen bis zu 80 m lang sein können. Das Rohr wird in einem Ofen durch Flammen beheizt, die Konstruktion des Rohrreaktors wird auf den Einsatzstoff (Feed) abgestimmt. Der am Ende des Ofens austretende Produktstrom wird nach einer Öl- oder Wasserwäsche durch Rektifikation in verschiedene Fraktionen getrennt.

Auf dem Weg zum (fast) grünen Steamcracker

Steamckracker spielen auf dem Weg hin zu einer CO2-armen Chemieproduktion eine zentrale Rolle. Sie sind der wichtigste industrielle Prozess zur Herstellung leichter Olefine. 90 % der CO2-Emissionen eines Steamcrackers entfallen auf die Beheizung des Spaltofens. Pro Tonne Ethen werden durchschnittlich 11.470 MJ Energie eingesetzt und entstehen 692 kg CO2-Emissionen.

Neben der Verbesserung des Wärmeübergangs und Maßnahmen zur Reduktion der Koksbildung ist vor allem der Einsatz nachhaltig erzeugter Energie ein Schlüssel zu einer erheblichen Reduzierung der CO2-Emissionen. Da Heiz- und Kühlvorgänge zentrale Elemente des Steamcracking-Prozesses sind, ist auch die Wärmerückgewinnung ein wesentlicher Hebel für die Einsparung von Treibhausgasen.

Der größte Effekt in Bezug auf die Emissionen von Treibhausgasen ist allerdings durch die Beheizung mit nachhaltig erzeugtem Strom anstelle fossiler Brennstoffe zu erwarten. Die Technologien dazu sind noch nicht vorhanden, werden aber derzeit von verschiedenen Kooperationspartnern (Dow/Shell oder BASF/Sabic/Linde) untersucht und entwickelt.

Die BASF hatte im März 2021 bekannt gegeben, gemeinsam mit Sabic und Linde den weltweit ersten beheizten Steamcracker-Ofen entwickeln und bauen zu wollen. Die drei Partner haben laut einer Mitteilung gemeinsam die elektrischen Heizkonzepte entwickelt und prüfen außerdem den Bau einer Multi-Megawatt-Demonstrationsanlage am BASF-Standort Ludwigshafen. Diese könnte – falls es mit einer Förderung durch die EU klappt – bereits 2023 in Betrieb genommen werden.

In Ludwigshafen betreibt die BASF zwei Steamcracker mit einer Kapazität von zusammen 620.000 t Ethen pro Jahr.
In Ludwigshafen betreibt die BASF zwei Steamcracker mit einer Kapazität von zusammen 620.000 t Ethen pro Jahr. (Bild: BASF)

Dow und Shell sichern sich Fördergelder

Diese haben sich Dow und Shell bereits über den niederländischen Staat gesichert. Die Unternehmen hatten im Juni 2021 verlauten lassen, dass sich die niederländische Regierung mit 3,5 Mio. Euro im Rahmen des MOOI-Programms (Mission-driven Research, Development and Innovation subsidy) am Bau einer Multi-Megawatt-Pilotanlage beteiligen will. Das Vorhaben war bereits im vergangenen Jahr bekannt gegeben worden, mit einer Inbetriebnahme rechnen die Projektpartner für das Jahr 2025.

Während Dow und Shell die Technik dafür gemeinsam mit der niederländischen Organisation für angewandte wissenschaftliche Forschung (TNO) und dem Institut für nachhaltige Prozesstechnologie (ISPT) entwickeln wollen, setzen BASF und Sabic auf eine enge Kooperation mit dem Anlagenbauer Linde. Letzterer soll die neue Technologie künftig industrieweit vermarkten und dadurch vorantreiben.

Grünstrom aus eigenem Offshore-Windpark

Dow hat im niederländischen Terneuzen drei Steamcracker mit einer Kapazität von 565, 580 und 680 kt p.a in Betrieb.
Dow hat im niederländischen Terneuzen drei Steamcracker mit einer Kapazität von 565, 580 und 680 kt p.a in Betrieb. (Bild: DOW)

Wie ernst der Chemieriese aus Ludwigshafen es mit der Elektrifizierung seiner Prozesse meint, wurde Ende Mai bei der Bekanntgabe einer Kooperation mit dem Energieversorger RWE deutlich: Gemeinsam planen die Unternehmen in der deutschen Nordsee einen Offshore-Windpark: RWE wird den Windpark entwickeln, bauen und betreiben. BASF soll eine Beteiligung daran erhalten. Über eine Netzanbindung zum Festland in Niedersachsen plant der Energiekonzern den grünen Strom über das überregionale Übertragungsnetz zum BASF-Standort Ludwigshafen zu leiten. Der Energielieferant rechnet mit einer Kapazität von 2 GW mit der er 7.500 GWh/a grünen Strom erzeugen könnte. BASF will mit dem Strom am Standort Ludwigshafen bisher fossile Energieträger bei der Produktion von Basischemikalien ersetzen. Außerdem möchte der Chemiekonzern mit der erneuerbaren Energie grünen Wasserstoff erzeugen.

Die beiden Partner gehen davon aus, dass sie mit ihrem Vorhaben 3,8 Mio. t/a CO2-Emissionen vermeiden können und davon bereits 2,8 Mio. t/a direkt bei BASF in Ludwigshafen. Weiterhin gaben sie bekannt, dass eine finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand nicht nötig sei, um den Windpark zu bauen.

Alternative zum Steamcracker

In der Edhox-Pilotanlage untersucht Linde in Pullach die katalytische Dehydrierung von Ethan
In der Edhox-Pilotanlage untersucht Linde in Pullach die katalytische Dehydrierung von Ethan. (Bild: Linde)

Neben dem Spalten langkettiger Kohlenwasserstoffe zum Chemie-Grundbaustein Ethen (auch „Ethylen“ genannt) gibt es auch andere Synthesewege für den ungesättigten Kohlenwasserstoff. Einen solchen entwickelt Linde gemeinsam mit dem Öl- und Gaskonzern Shell: Die beiden Projektpartner haben im Oktober 2020 eine Technologiekooperation zur katalytischen Dehydrierung von Ethan bekannt gegeben. Im Gegensatz zum Steamcracking, bei dem Kohlenwasserstoff bei 850 °C gespalten wird, arbeitet die katalytische Dehydrierung (Edhox) bei Temperaturen von 400 °C und weniger. Dadurch lassen sich nicht nur die Energiekosten reduzieren, sondern auch direkt Grundchemikalien wie Essigsäure gewinnen. Zudem entsteht ein reiner CO2-Strom, der wiederum abgetrennt oder stofflich genutzt werden kann.

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