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(Bild: bluedesign – stock.adobe.com)

  • Greenfield-Anlagen sind in der deutschen Chemie inzwischen die Ausnahme.
  • Die Modernisierung und Erweiterung von Anlagen erfolgt im Bestand.
  • Aber auch bei Auslandsinvestitionen ist die Abwägung Greenfield versus Brownfield relevant.

Die Neuerrichtung von Chemieanlagen – im klassischen Sinne also ein Greenfield-Ansatz – ist in Deutschland mittlerweile die Ausnahme. Dass solche Investitionen heute häufig ins Ausland gehen, hat klare Ursachen: Von Kostenaspekten ganz abgesehen machen Genehmigungsverfahren, behördliche Auflagen, begrenzter Platz und andere Hindernisse die Realisierung solcher Vorhaben im Inland oft praktisch unmöglich. Erweiterungen und Modernisierungen von Bestandsanlagen im Inland finden also, wenn überhaupt, fast automatisch unter Brownfield-Bedingungen statt.
Trotz der erwähnten Hindernisse spielt der Standort Deutschland für Unternehmen aus der Chemie nach wie vor eine wichtige Rolle. Zwar wird man hierzulande kaum mehr Großanlagen wie Raffinerien aufbauen und auch zunehmend weniger betreiben – doch für Technologieprodukte wie beispielsweise die Produktion von Hightech-Kunststoffen für Abnehmer wie etwa die Autoindustrie ist der heimatliche Standort immer noch sehr attraktiv. Die enge Anbindung an bestehende Institutionen aus Forschung und Entwicklung sowie die insgesamt hohe Technologiedichte sind weitere Argumente, die für inländische Aktivitäten sprechen.

Auch die Gründe, vor Ort bestehende Anlagen und Technologien auszubauen und technologisch zu aktualisieren, sind vielfältig – etwa um neue Lösungen zur Betriebsüberwachung, Remote-Steuerung und/oder Sicherheits- sowie Umwelttechnik zu implementieren. Während sich die mechanischen Komponenten in der Chemieindustrie in den letzten Jahren kaum verändert haben, gab es rasante Entwicklungssprünge bei der Steuerungs- und Überwachungstechnologie, bis hin zur umfassenden Vernetzung im Rahmen des „Internet of Things“ (IoT). Fast schon notgedrungen finden entsprechende Ausbaumaßnahmen dann unter Brownfield-Bedingungen statt.

Gibt es überhaupt Alternativen zur Modernisierung im Bestand?

Dabei steht jeder Betreiber vor der Abwägung, ob sich solche Modernisierungen überhaupt lohnen. Warum in neue Technologien investieren, wenn bestehende Anlagen produktiv und meistens sehr störunanfällig „durchlaufen“? Modernisierungen im Bereich Sicherheitstechnik und Umweltauflagen sind dabei in der Regel alternativlos – auch wenn es häufig einen großen Aufwand bedeutet, neue Technologien in Bestandsanlagen zu implementieren und dabei alte und neue Technik sinnvoll zu verbinden. Aber auch strategische Aspekte sind bei solchen Überlegungen zu berücksichtigen: Vernetzung und Remote-Steuerung bieten viele logistische Vorteile. So müssen weniger Arbeitskräfte vor Ort sein, die Qualitätskontrolle wird deutlich verbessert, und es entsteht die Möglichkeit, kundenindividuell in vergleichsweise kleinen Volumina zu produzieren.
Die Zeit von Konti-Anlagen für Massenprodukte scheint sich zumindest in Deutschland ihrem Ende zuzuneigen. Entsprechende Geschäftsmodelle finden sich zunehmend im Ausland, vor allem im asiatischen Raum. Im hiesigen Markt ist ein klarer Trend zu Produkten mit kürzeren Produktionszyklen zu beobachten. Um auf solche Anforderungen reagieren zu können, sind flexiblere beziehungsweise Multipurpose-Anlagen unverzichtbar. Umso größer kann dann allerdings der Aufwand werden, bestehende Anlagen nach Brownfield-Ansatz für diese neuen Anforderungen zu ertüchtigen. Doch die heimische Chemieindustrie hat letztlich keine Alternative dazu, sich auf diese neue Situation einzu­stellen.

Greenfield im Bestand mit Package Units

Was bedeutet „Brownfield“ nun in solchen Fällen ganz praktisch? Häufig stellt sich schon zu Beginn entsprechender Projektplanungen heraus, dass Dokumentationen zum Bestand oft nur lückenhaft oder möglicherweise auch gar nicht vorhanden sind. Nicht selten führt dies dazu, erstmal im wörtlichen Sinne eine „Bestandsaufnahme“ vornehmen zu müssen – und die bestehende Anlage dann im nächsten Schritt erst einmal „neu zu erfinden“, um sie überhaupt verbessern zu können.
Beim Ausbau ergeben sich zudem häufig ganz praktische Probleme. Oft lässt es sich nicht vermeiden, Teile der Bestandsanlage abzureißen oder zumindest zu demontieren, um die beabsichtigten Erweiterungen überhaupt bauen zu können. Nach Aufbau der Erweiterung gilt es dann, den relevanten Teil des Altbestands wieder rückzuintegrieren. All dies führt natürlich auch zu einem zusätzlichen Kostenaufwand und Nachteilen für die jeweiligen Geschäftsmodelle.
Trotz hohen Arbeits- und Investitionsaufwands droht das Ergebnis dennoch zweitklassig zu bleiben. Die Situation lässt sich ein wenig mit der Restauration eines Oldtimers vergleichen: Das Ergebnis kann optisch sehr schön werden und auch mehr Performance bringen – aber es wird dennoch nie ein modernes Auto mit aktueller Technologie werden.
Die Lösung aus dem geschilderten Dilemma lässt sich unter dem Schlagwort „Greenfield im Bestand“ zusammenfassen: Teile des Bestands werden abgerissen und durch technologisch neueste Komponenten ersetzt. Häufig stehen dafür fertig konfigurierte Produktionsanlagen (Package Units) zur Verfügung, die dann nur noch in den Bestand integriert werden müssen. Die neuen Package Units erfüllen in Betrieb und Wartung alle modernen Sicherheits- und Umweltstandards – und dies dennoch im begrenzten Baufeld eines verfügbaren Chemieparks.

Auch im Ausland ist Brownfield ein Thema

Bei Auslandsinvestitionen ist die Abwägung Greenfield versus Brownfield ebenfalls relevant: Eröffnet das Unternehmen eine Filiale oder Tochtergesellschaft vor Ort, die im Greenfield-Ansatz eine neue Anlage von Grund auf aufbaut? Oder ist der Zukauf eines bestehenden Unternehmens vor Ort die bessere Wahl, das dann gegebenenfalls Bestandsanlagen mitbringt, womit sich auch beim Engagement im Ausland wiederum die typischen Fragestellungen und Aufgaben von Brownfield-Konstellationen ergeben.
Wer sich in diesem Kontext für den Greenfield-Ansatz entscheidet, profitiert natürlich von dessen typischen Vorteilen: Die Anlage kann nach dem neuesten Stand der Technik und exakt nach den aktuellen Anforderungen konzipiert und errichtet werden. Allerdings ist die Greenfield-Vorgehensweise nicht automatisch kostengünstiger und risikoärmer – hier kommt es vor allem auf gute Planung und noch vor Projektstart auf eine intensive Auseinandersetzung mit den Bedingungen vor Ort an.

Doch auch Brownfield-Ansätze im Ausland bergen zusätzliche Herausforderungen und Risiken – beispielsweise mögliche Kontaminationen durch den Vorbesitzer oder zunächst unentdeckte Qualitätsmängel in Bestandsanlagen. Zur Absicherung tragen hier ausgiebige Recherchen und Untersuchungen im Vorfeld sowie eine Berücksichtigung solcher Risikoszenarien in der Vertragsgestaltung bei.
Fazit: Insbesondere bei Anlagenmodernisierungen, Erweiterungen oder Instandhaltungsmaßnahmen am Standort Deutschland ist die skizzierte Strategie „Greenfield im Bestand“ erfahrungsgemäß der beste Kompromiss, um äußere Zwänge und neueste Technologien zusammenzubringen. Auch für vergleichbare Aktivitäten im Ausland lässt sich dieses Konzept entsprechend übertragen. In der Alltagspraxis stellt sich also die Alternative Greenfield vs. Brownfield seltener als man vielleicht meinen könnte. Die Antwort auf diese Frage ist vielmehr in der Regel ein „sowohl als auch“.

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