- Bis zu 95 % der Betriebskosten einer Pumpe in der Chemie sind Energiekosten.
- Mit einer energetischen Optimierung sind große Einsparungen möglich.
- Eine Kombination aus modernen Motoren, Drehzahlregelung und digitaler Überwachung ermöglicht die Optimierung.
Die Energiekosten sind ein bedeutender Faktor der Betriebskosten für Chemieunternehmen, ein wesentlicher Anteil davon entfällt auf elektrische Antriebssysteme. Während der Lebensdauer von motorbetriebenen Pumpensystemen, die in der chemischen Industrie stark verbreitet sind, liegt der Anteil der Energiekosten je nach Anwendung bei 50 bis 95 % der Gesamtbetriebskosten. Mit einer energetischen Optimierung solcher Systeme und dem Einsatz energieeffizienter elektrischer Antriebe wären große Einsparungen möglich, die jedoch häufig nicht genutzt werden.
Neue gesetzliche Regelung für eine höhere Energieeffizienz
Nicht nur die Chemieunternehmen, sondern auch der Gesetzgeber hat zum Ziel, den Energieverbrauch und damit auch die CO2-Emissionen zu senken. Am 1. Juli 2021 ist in der Europäischen Union die erste Stufe der neuen Ökodesign-Verordnung (EU) 2019/1781 für Motoren und Frequenzumrichter in Kraft getreten. Ihr Ziel ist es, den Energieverbrauch in der gesamten EU zu senken und dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Mit der neuen Ökodesign-Verordnung (EU) 2019/1781 legt die EU-Kommission nun auch verbindliche Mindestwerte für die Energieeffizienz von 2-, 4-, 6- und 8-poligen Drehstrom-Asynchronmotoren fest, die auch in großer Anzahl in der Chemie-, Öl- und Gasindustrie zum Einsatz kommen. Die Umsetzung der neuen Verordnung erfolgt in zwei Schritten und umfasst unter anderem seit diesem Juli auch Motoren für explosionsgefährdete Bereiche unter bestimmten Betriebsbedingungen.
Für 3-phasige Motoren mit 0,75 bis 1.000 kW Nennleistung wird die Energieeffizienzklasse IE3 verpflichtend, auch für Motoren der Zündschutzarten Ex ec, Ex db, Ex db eb und Ex t. Die Energieeffizienzklasse IE2 wird für 3-phasige Motoren mit einer Nennleistung von mindestens 0,12 kW und kleiner als 0,75 kW Pflicht. In einem zweiten Schritt wird ab 1. Juli 2023 die Energieeffizienzklasse IE4 für 3-phasige, 2-6 polige Festdrehzahlmotoren zwischen 75 bis 200 kW vorgeschrieben (ausgenommen explosionsgeschützte Motoren), IE2 für Ex-eb-Motoren mit erhöhter Sicherheit mit einer Nennleistung von 0,12 bis 1.000 kW.
Die neue Ökodesign-Verordnung legt außerdem ab 1. Juli 2021 die Anforderungen für 3-phasige Niederspannungs-Frequenzumrichter (mit Dioden-Einspeisung) von 0,12 kW bis 1.000 kW fest. Demnach müssen diese Umrichter die Energieeffizienzklasse IE2 einhalten. Einige Geräte sind von der Verordnung ausgenommen, unter anderem rückspeisefähige Frequenzumrichter und Frequenzumrichter mit einem Oberschwingungsgehalt im Netzstrom von THD < 10 %, beispielweise Ultra Low
Harmonic Drives. Sie tragen durch ihre innovative Technik im System zur Senkung des Energieverbrauchs bei.
Es lohnt sich in vielen Fällen, auch vorhandene alte Motoren gegen neue auszutauschen oder auf Drehzahlregelung aufzurüsten. Beispielweise spart ein 5,5-kW-Motor der Energieeffizienzklasse IE3 bei Netzbetrieb im Vergleich zu einem Motor mit IE1 pro Jahr etwa 29 % Energie. Setzt man einen Frequenzumrichter ein und kalkuliert mit einem Pumpe-Lastzyklus nach EN 17038, sind sogar Einsparungen von 70 % möglich. Nach nur zwei Jahren rechnet sich in den meisten Fällen die Anschaffung eines modernen elektrischen Antriebs.
Sicherheit und Verfügbarkeit
Neben einer hohen Energieeffizienz muss das eingesetzte Equipment in der chemischen Industrie auch besonders hohe Ansprüche in Bezug auf Sicherheit und Ex-Schutz erfüllen. Mit den Industrial Drives ACS880 bietet ABB eine für diese Branche zugeschnittene Lösung an, die für ein Höchstmaß an Verfügbarkeit und Sicherheit der Anlagen sorgt und die besonderen Anforderungen der Branche erfüllt.
Typische Anwendungsbereiche sind Kreisel-, Zahnrad-, Membran- und Kolbenpumpen, Lüfter, Kompressoren, Extruder, Mischer, Förderbänder sowie Granulatoren. Die flexiblen Niederspannungsfrequenzumrichter sind in allen Netzen zwischen 230 V und 690 V sowie in geerdeten und ungeerdeten Netzen einsetzbar. Sie können zudem auf die Anforderungen der jeweiligen Industrieapplikationen konfiguriert werden und erfüllen verschiedene Namur-Anforderungen.
Für den Motor-Temperaturschutz sorgt ein Atex-zertifiziertes integrierbares Thermistor-Schutzmodul, das die Anforderungen für Sicherheitskomponenten der europäischen Atex-Richtlinie 2014/34/EU erfüllt. Es ist besonders geeignet für den Temperaturschutz von Motoren in explosionsgefährdeten Bereichen (Ex-Motoren).
Die sichere Abschaltung erfolgt über die ebenfalls Atex-zertifizierte STO-Funktion (Sicher abgeschaltetes Drehmoment) des Industrial Drive, somit kann auf die Abschaltung über mechanische Kontakte wie bei einem Netzschütz verzichtet werden. Die STO-Funktion ist nach EN/IEC 61800-5-2 ausgeführt und entspricht den Anforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Sie erreicht das hohe Sicherheitslevel SIL3 und PL e.
Mit dem optionalen Sicherheitsfunktionsmodul FSO-12 lassen sich die Sicherheitsfunktionen des Frequenzumrichters einfach erweitern. Das Sicherheitsfunktionsmodul wird in einem Steckplatz im Frequenzumrichter installiert. Es verfügt über einige geberlose Sicherheitsfunktionen, wie die in der chemischen Industrie wichtigen Funktionen Sicherer Stopp 1 (SS1) und Sicher begrenzte Drehzahl (SLS), erfüllt die Sicherheitslevels SIL3/PL e auch ohne Geberrückführung vom Motor und ist mit der EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG konform.
Um eine noch größere Flexibilität bei der Einhaltung der Sicherheitsnormen zu erreichen, werden die Antriebe auch zusammen mit Niederspannungsmotoren für Ex-Bereiche als fertiges Paket angeboten, das gemäß den IECEx- und Atex-Normen als Kombination geprüft, dimensioniert und zertifiziert ist. Dieses typgeprüfte Paket lässt sich mit einer höheren Leistung ausnutzen als Motor-Frequenzumrichter-Kombinationen verschiedener Hersteller und senkt dadurch die Kosten.
Wartungskonzept vermeidet ungeplante Anlagenstillstände
Lange Wartungsintervalle für die Frequenzumrichter von bis zu neun Jahren und die lange Lebensdauer der Komponenten ermöglichen eine hohe Anlagenverfügbarkeit und vermeiden unvorhergesehene Stillstände. Die Wartung kann während einer geplanten Anlagenabschaltung erfolgen. Der optionale Aufbau der Frequenzumrichter-Einheiten auf standardisierten Modulplatten mit allen zusätzlichen Komponenten, wie Schalter, Sicherungen und Ausgangsfilter, sowie Frequenzumrichtermodule auf Rollen stellen einen schnellen Ein- und Ausbau und eine minimierte Ersatzteilhaltung sicher.
Aber nicht nur der zuverlässige Antrieb selbst stellt eine hohe Verfügbarkeit sicher, sondern auch die neuen digitalen Möglichkeiten im Rahmen des ABB Ability-Konzepts. Dank der kontinuierlichen Daten, die Frequenzumrichter sowie smarte Sensoren von Motoren und Pumpen zur Verfügung stellen und die vorausschauende Wartung ermöglichen, werden die Prozesslaufzeiten maximiert.
Intelligente drahtlose Sensoren für rotierende Maschinen sind mittlerweile in Tausenden von Anlagen weltweit im Einsatz. Bisher fehlte jedoch eine kosteneffektive und leicht zu installierende Sensorlösung für Motoren und Pumpen in explosionsgefährdeten Bereichen, in denen brennbare Dämpfe oder Gase spezielle Vorkehrungen zur Vermeidung von Explosionsgefahr erfordern. Ohne diese Sensoren konnten nur besonders kritische Anwendungen fernüberwacht und daher nur in begrenztem Umfang aufschlussreiche Daten über den Zustand und die Leistung von Motoren in Anwendungen wie Pumpen, Lüftern oder Kompressoren erfasst werden. Ein weiterer Nachteil war das erhöhte Sicherheitsrisiko für die Betreiber, da die Zustandsüberwachung der Anlagen nur vor Ort durchgeführt werden konnte.
Dies hat sich mit der Entwicklung einer neuen Generation von smarten Sensoren gründlich geändert, die speziell auf explosionsgefährdete Bereiche ausgelegt sind. Die Sensoren überwachen wichtige Parameter, um detaillierte Informationen über die Betriebsdaten und den Zustand von Komponenten, wie Motoren und Pumpen, zu liefern. Dazu gehört auch die Erfassung von Daten zur Leistung und zum Energieverbrauch, wodurch sich Energiesparpotenziale ermitteln lassen. Außerdem weisen die Sensoren auf notwendige Wartungsarbeiten hin, beispielsweise das Nachschmieren der Motorlager.
Die von den Sensoren gesammelten Daten unterstützen die Vorhersage potenzieller Störungen, sodass frühzeitig vorbeugende Maßnahmen ergriffen und ein teurer, unerwarteter Anlagenstillstand vermieden werden können. Auf diese Weise lassen sich Wartungskosten reduzieren, da eine vorbeugende Wartung wesentlich kostengünstiger und weniger störend ist als die reaktive Wartung. Anlagen in schwer zugänglichen oder gefährlichen Bereichen können mit den Sensoren sicher aus der Ferne überwacht werden. Mitarbeiter müssen gefährliche Standorte also seltener betreten, was zu ihrer Sicherheit beiträgt. Dies ist ein enormer Vorteil für die chemische Prozessindustrie, wo mehrere Hundert Pumpen in einem Werk verteilt sind und sich häufig an schwer zugänglichen Standorten befinden.