20 Mio. Tonnen Kunststoff – mehr als der sechsfache Jahresverbrauch an Kunststoffverpackungen in Deutschland – können bis 2040 eingespart werden. So eine Analyse von WWF und Systemiq. Der Verbrauch von Neuplastik im Verpackungssektor lässt sich um rund 60 % und die Verbrennung von Abfällen zur Energiegewinnung um über 70 % reduzieren, wodurch sich Treibhausgas-Emissionen um 68 Mio. Tonnen verringern würden. Läuft dagegen alles weiter wie bisher, wird allein die Herstellung und Entsorgung von Kunststoffverpackungen circa 5 % des deutschen Treibhausgasbudgets, bezogen auf das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens, beanspruchen.
Momentan machen Verpackungen und Einwegartikel fast 60 % des deutschen Kunststoffabfalls aus. Pro Kopf fallen in Deutschland jährlich 39 kg Abfall allein aus Plastikverpackungen an, deutlich mehr als im europäischen Durchschnitt. Für den Zeithorizont 2040 zeigt die WWF-Studie drei konkrete Szenarien auf: 1. weiter wie bisher, 2. die Entwicklung unter Berücksichtigung derzeitiger Verpflichtungen aus Politik und Wirtschaft, wie zum Beispiel die Umsetzung der EU-Einwegkunststoffverordnung und 3. ein Systemwechsel, in dem alle heute verfügbaren Hebel auf Kreislaufwirtschaft für Plastikverpackungen ausgerichtet würden. Die Analyse zeigt: Die bisherigen politischen Verpflichtungen werden zwar die Recyclingquote steigern und die Verbrennungsrate senken, doch der Abfallberg wächst weiter. Für einen Kurswechsel reicht das nicht. Selbst wenn alle aktuellen Verpflichtungen vollständig umgesetzt würden, stiege der Bedarf an Neuplastik um 4 % an. Entscheidend für die Neuausrichtung ist ein grundlegendes Umdenken, das konsequent auf Abfallvermeidung fokussiert statt nur auf die Erhöhung der Recyclingmengen wie bisher, betont der WWF.
Als wichtigsten einzelnen Hebel identifiziert die Studie Wiederverwendungsmodelle: Fast ein Viertel des Plastikmülls (bis zu 23 %) ließe sich bis 2040 durch erweiterte oder innovative Mehrwegsysteme einsparen, beispielsweise durch Pfandsysteme jenseits des Getränkesegments, mehr Nachfüllkonzepte in Supermärkten und wiedernutzbare Boxen im Transportsektor.
Auch im Recyclingbereich besteht Nachholbedarf. Deutschland verfügt mit hohen Sammelquoten im Dualen System eigentlich über eine gute Ausgangsposition, doch immer noch landet viel zu viel Material in der Verbrennung, im Export, in offenen Recyclingkreisläufen und geht dem System nach kurzer Nutzung verloren. Insbesondere Folienverpackungen bestehen oft aus vielen verschiedenen, dünnen Plastikschichten, die sich nicht mehr voneinander trennen lassen, sodass sie fürs Recycling verloren sind. Die recyclingfreundliche Alternative dazu wären Monomaterialien, weniger Materialvielfalt, möglichst ungefärbte Behälter und leicht entfernbare Etiketten. Und auch Hersteller von Verpackungen müssen öfter auf Recyclingmaterial zurückgreifen, bisher liegt der Einsatz von Rezyklat nur bei 11 %.
Das setzt allerdings politischen Gestaltungswillen voraus, weshalb der WWF die kommende Bunderegierung auffordert, verbindliche Leitplanken zu setzen, die ressourcenarme Verpackungen belohnen, das Gesamtabfallaufkommen reduzieren, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen verbessern, die Sammlung und Sortierung vorantreiben und Anreize für die Verwendung von Rezyklaten in Verpackungen schaffen.
Die Studie ist eine quantitative Analyse, die eine neue, datengestützte und wissenschaftlich fundierte Perspektive auf die Ströme von Kunststoffverpackungen in Deutschland bietet. Die Analyse bewertet verschiedene Strategien und quantifiziert erstmals deren Auswirkungen sowohl in Bezug auf das Volumen und die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen als auch in Bezug auf Kosten, Treibhausgas-Emissionen und Arbeitsplätze. Die Studie wurde im Auftrag des WWF von Systemiq und mit Unterstützung von inhaltlichen Experten entlang der Wertschöpfungskette erstellt. Systemiq ist ein Beratungsunternehmen und Think-Tank, das sich der Erreichung der SDG und Pariser Klimaziele verschrieben hat.