Das häufigste chemische Element im Universum ist tatsächlich bloß farbloser Wasserstoff. Dieser macht beispielsweise rund 70 Prozent der Masse unserer Sonne aus. Dieser Wasserstoff ist allerdings langweilig, weil er ohnehin zum großen Teil zu Helium verbrennt, und die dabei entstehende Sonnenenergie interessiert derzeit kaum jemanden mehr. Viel interessanter ist dagegen die grüne Wasserstoff-Variante, über die im Moment jeder redet und die jeder gerne haben, produzieren, verkaufen oder nutzen will. Zumindest bringt es gute Presse, zu behaupten, dass man diesen Wasserstoff haben, produzieren, verkaufen oder nutzen will oder bereits kann und das eventuell sogar schon tut. Also demnächst, vielleicht, ganz bestimmt bald.
Knallgas im Greenwasher
Auch wenn viele aus Kosten- und Gewohnheitsgründen wahrscheinlich den schmuddelig-grauen Wasserstoff lieber hätten, der allerdings nur noch für verkalkte Fossilien zugelassen ist. Blauer Wasserstoff erhält seine Farbe dadurch, dass man ziemlich blau sein muss, um ihn für wirklich sauber zu halten. Ähnlich verhält es sich bei der Variante in türkis, die lediglich eine weitere Runde in der Greenwashmaschine mitgemacht hat.
Zum Glück gibt es darüber hinaus noch weitere Farben, um den Regenbogen des Hoffnungsträgers Wasserstoff zu vervollständigen. Da wäre zunächst die – zugegebenermaßen mythische – Variante des roten Wasserstoffs. Dieser soll so gut wie nichts kosten, für jeden überall zugänglich sein und außerdem das Klima und die Wirtschaft retten – gleichzeitig. Böse Zungen behaupten, diese Wasserstoff-Variante sei deshalb die billigste, weil sie nicht existiert und deshalb auch nichts kostet.
Bei orange gilt es, genauer hinzuschauen. Die Signalfarbe markiert entzündbare Gase, zu denen auch der Energieträger Wasserstoff zählt, wie die bekannte Knallgasprobe bestätigt. Hier ist zwecks genauer Zuordnung in der Regel eine zusätzliche Farbcodierung erforderlich.
Gelber Wasserstoff wird nach dem Lindner-Verfahren aus heißer Luft abgetrennt. Färbt man ihn anschließend schwarz, soll er zukünftig an Wasserstoff-Tankstellen als Scheuer-Mittel dienen. Violetter, genauer gesagt Magenta-Wasserstoff, entsteht durch Elektrolyse an korrodierenden Kupferkabeln in feuchtem Erdreich. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Energienetze verliert er an Bedeutung.
Jenseits des sichtbaren Spektrums existieren außerdem noch die Wasserstoff-Varianten Infrarot und Ultraviolett. Erstere bezeichnet realitätsfremde Wasserstoff-Utopien, die soweit rotverschoben sind, dass sie praktisch kaum noch wahrnehmbar sind.
Weitere Varianten, beispielsweise der in Narrenraute bunt gemusterte Kölnisch Wasserstoff, sind nur von lokaler Bedeutung. Auf den olivgrünen Flecktarn-Wasserstoff, ein waffenfähiges Gemisch für die Produktion von Wasserstoffbomben, können wir hier nicht näher eingehen, ohne Militärgeheimnisse preiszugeben. Im Regenbogen hat dieser Farbton ohnehin nichts zu suchen.