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Austausch eines Spaltgaskühlers mit dem IoT-gestützten Überwachungssystem Zero.One zur Messung der Leistung und des Betriebszustandes des Kühlers. (Bild: Schmidtsche Schack | Arvos)

  • Das IoT-gestützte Überwachungssystem Zero-One für Spaltgaskühler platziert Spezialsensoren direkt am Wärmeübertrager. Die Sensoren erfassen Prozessdaten und Parameter zur Statusüberwachung.
  • Die ausgewerteten Messdaten ermöglichen mithilfe von künstlicher Intelligenz und Algorithmen zuverlässige Vorhersagen, wann Reinigungs- und Wartungsarbeiten fällig werden.
  • Diese Vorhersagen helfen, die Gesamtanlageneffektivität zu verbessern, weil die Stillstandszeiten der Anlage reduziert werden können.

In den zahlreichen Kühlrohren dieser Rohrbündelwärmeübertrager wird das heiße Spaltgas aus dem Spaltofen in wenigen Millisekunden auf etwa 400 °C abgekühlt, um Folgereaktionen zu unterdrücken, die die Ethylen-Ausbeute vermindern. Dabei durchströmt das Spaltgas mit hoher Geschwindigkeit die Rohre, die von ihrer Außenseite her gekühlt werden. Bei den Spaltgaskühlern werden dazu Doppelrohre eingesetzt – das Spaltgas durchströmt das Innenrohr, das Kühlwasser das Außenrohr. Dabei entsteht Wasserdampf, der sich wiederum zur Energieerzeugung oder Beheizung anderer Prozesse nutzen lässt.

Zwar ist die gesamte Prozesskette in einer Crack-Anlage mit Sensoren ausgestattet, die Druck, Temperatur und Durchfluss messen, aber für den Spaltgaskühler selbst gab es bislang keine Sensoren, um die Prozessqualität direkt im Apparat zu messen. Die Anlagenbetreiber ziehen beziehungsweise zogen bisher über Messungen an anderen Stellen Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Spaltgaskühlers.

Sensortechnik, Datenverarbeitung, Vorhersagen

Um die Leistungsfähigkeit von Spaltgaskühlern grundlegend zu verbessern, wurde das IoT-gestützte, sensorische Überwachungssystem Zero-One entwickelt. Dabei messen Spezialsensoren im beziehungsweise direkt am Spaltgaskühler Prozessparameter wie Temperatur, Druck und Massenströme, Zustandsdaten wie Materialdicken der Rohre sowie andere kritische Werte, wie sie in den hochtemperaturbeständigen, gasführenden Segmenten von Wärmeübertragern auftreten. Für Temperatur, Druck, Durchsatz sind Standardsensoren wie üblicherweise in den Anlagen verbaut. Die Materialdicken-Überwachung ist ein bildgebendes Verfahren und im Wesentlichen eine Spezialentwicklung für diese Anwendung. Die jeweiligen Sensoren senden ihre Messwerte an I/O-Controller, diese sind wiederum an das Edge-Device (Gateway) angebunden.

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Grafische Darstellung des Komponentenzustandes und der Vorhersage empfohlener Wartungsarbeiten mit dem IoT-gestützten Überwachungssystem.

Auf dem Gateway erfolgt momentan keine Datenvorverarbeitung, sondern die Messwerte werden in Intervallen von fünf bis zehn Minuten per Mobilfunk (LTE) in die Cloud übermittelt. Die Cloud-Lösung nutzt die Infrastruktur von Microsoft Azure und eine bewährte IoT-Plattform. In dieser Plattform sind die verschiedenen Anlagenbetreiber mit ihren Anlagenstrukturen abgebildet. Aus den aufgenommenen Datenpunkten werden per Machine Learning und anderen Algorithmen neue Datenpunkte erzeugt.

Die Algorithmen analysieren kontinuierlich und automatisch die aktuellen Status- und Leistungsdaten des Systems und vergleichen diese mit historischen Systemdaten und Informationen zum Produktdesign. Die Messwerte (Datenpunkte) werden in verschiedenen Darstellungen visualisiert, zum Beispiel als Zeitreihen, als XY- und Balkendiagramme sowie in Form selbst entwickelter Darstellungen.

Wiederkehrende Verkokungen machen Reinigung erforderlich

Das Überwachungssystem misst unter anderem Druck und Temperatur von Spaltgas und Wasser beziehungsweise Dampf am Ein- und Austritt des Kühlers. Sinkender Druck und eine steigende Austrittstemperatur sind Anzeichen für eine schlechtere Wärmeübertragung im Kühler und deuten auf eine Koksansammlung – verursacht durch kleine Kokspartikel im einströmenden Spaltgas – am Rohrboden und in den Rohren hin. Dann ist eine Reinigung des Spaltgaskühlers erforderlich. Das ist normalerweise alle zwei bis drei Monate erforderlich (Decoking). Diese Reinigungsverfahren erfordern eine Betriebsunterbrechung oder auch einen Anlagenstillstand mit Demontage. Und sie führen – genauso wie der normale Anlagenbetrieb – zu einem Materialabtrag am Rohrboden des Kühlers und an den Rohren.

Auch durch Korrosion kann sich die Wandstärke der Rohre vermindern, vor allem, wenn nicht geeignete Wasserqualitäten eingesetzt werden. Und ab einer bestimmten Grenze genügt die Anlage nicht mehr den Sicherheitsanforderungen an einen Druckbehälter, denn in den Rohren herrscht im Betrieb ein Wasserdruck von typischerweise 120 bar. Deshalb hat der Apparatebauer ein Dickenmesssystem entwickelt, das die Wandstärke (Verschleiß) der gas- und wasserführenden Doppelrohre während des Betriebes misst und so Hinweise zur Betriebssicherheit des Kühlers gibt.

Künstliche Intelligenz trainiert das Vorhersagemodell

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Weil das Spaltgas immer auch kleine Kokspartikel mit sich führt, backen diese am Kühlereingang (unten) zusammen, vor allem am Rohrboden und in den Rohren.

In Betriebssimulationen hat der Apparatebauer Messdaten über mehrere Zyklen zwischen den Reinigungsintervallen des Spaltgaskühlers gewonnen und mit den Ausgangsdaten einer neuwertigen Anlage korreliert. Dann wurden verschiedene Betriebszustände durchgespielt. Das Rechen- beziehungsweise Vorhersagemodell wurde schließlich mit Hilfe künstlicher Intelligenz trainiert, um weitere Betriebsfälle aus der Praxis zu simulieren: eine durch Verkokung um 15 % reduzierte Rohrkapazität für das Spaltgas, eine durch den Betreiber reduzierte Auslastung der Anlage und eine Kombination aus beiden Fällen. Im Ergebnis kann das so trainierte Vorhersagemodell die Notwendigkeit, den Spaltgaskühler zu reinigen, sieben bis acht Wochen im Voraus mit einer Genauigkeit von plus/minus zwei Tagen vorhersagen (Predictive Maintenance). Damit gelingt es den Betreibern, ihre Anlagen sehr nahe am optimalen Betriebszustand – mit der höchsten Ausbeute – zu fahren.

Abschaltungen werden absehbar und planbar

Notwendige Anlagenabschaltungen zu den erforderlichen Wartungs- beziehungsweise Reinigungsarbeiten werden somit gut planbar – und Risiken durch unvorhergesehene Stillstände vermindert. Denn wenn ein Spaltgaskühler ausfällt, dann muss häufig der ganze Spaltofen mit mehreren Kühlern außer Betrieb genommen werden. So ein Ausfall kann durchaus 300.000 Euro pro Tag kosten. Ein geplanter Stillstand mit vorbestellten Ersatzteilen dauert etwa eine Woche, ein ungeplanter Stillstand (ohne vorbestellte oder auf Lager gehaltene Ersatzteile ) kann ohne Weiteres einen Monat dauern. Es geht also jeweils um Millionen-Euro-Beträge.

In kundenspezifischen Dashboards visualisiert das Überwachungssystem den aktuellen Status des Wärmetauschers, Leistungsdaten, Grenz­wert-Überschreitungen, Risiken sowie Systemprognosen in übersichtlichen, leicht verständlichen Anzeigen. Die Algorithmen des Überwachungssystems geben Empfehlungen zur optimalen Nutzung des Prozesswärmeübertragers und planen Servicearbeiten, um die Ausfallzeiten zu minimieren.

Das Überwachungssystem kontrolliert den Anlagenverschleiß besser, als es bislang möglich war. Schwere Schäden können durch die Anlagenüberwachung in Echtzeit und durch faktenbasierte Informationen an den Anlagenführer vermieden werden. Dabei nimmt das Überwachungssystem den Betreibern und Anlagenführern keineswegs die Entscheidungen ab. Aber es ermöglicht, frühzeitige und auf Fakten basierende Entscheidungen für geplante Anlagenstillstände zu treffen und die erforderlichen Maßnahmen vorab einzuleiten.

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