Persönliche Schutzausrüstung

(Bild: Aleksandar Kosev – AdobeStock)

  • Instandhalter sind im Arbeitsalltag besonders stark gefährdet.
  • Persönliche Schutzausrüstung bereitzustellen, gehört zu den Pflichten der Arbeitgeber.
  • Die Nutzung sollte kontrolliert werden.

Übereinandergestapelt seien die Regeln und Vorschriften für Persönliche Schutzausrüstungen, kurz PSA, „mindestens so umfangreich wie das New Yorker Telefonbuch“, heißt es vonseiten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Kein Wunder, dass nur wenige sie in die Hand nehmen. Dieser Beitrag erleichtert den Zugang zu der wichtigen Materie. Schließlich dienen das Equipment und die Schutzkleidung der Sicherheit des Werkers.
Und besonders Instandhalter sehen sich im Beruf einer hohen Gefährdung gegenüber. Obwohl ihr Anteil an der Gesamtbelegschaft in den meisten Betrieben nur fünf bis zehn Prozent beträgt, liegt ihre Unfallquote beim zehn- bis zwanzigfachen. Von rund 470 tödlichen Arbeitsunfällen pro Jahr ereignen sich nach den neusten Zahlen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) etwa 25 Prozent bei Instandhaltungsarbeiten.

Arbeitgeber in der Pflicht

Unternehmen sind durch das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, ihren Mitarbeitern zum Schutz vor Unfällen und Gesundheitsgefahren kostenlos Persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen (§ 3 ArbSchG „Grundpflichten des Arbeitgebers“). Nach der PSA-Benutzungsverordnung (§ 2 PSA-BV) müssen sie zudem für die Wartung, Reparatur und ordnungsgemäße Lagerung Sorge tragen. Die Mitarbeiter sind in die Auswahl der PSA einzubeziehen (§ 29 Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“).
Grundlage für die Auswahl von Persönlicher Schutzausrüstung ist eine Gefährdungsbeurteilung. Eine solche ist mit der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV §10 Abs. 2) von 2015 auch für Instandhaltungsarbeiten vorgeschrieben. Ohnehin müssen Unternehmen für Arbeitsbedingungen, „die vom Normalzustand abweichen“, in Sachen Sicherheit besondere Vorkehrungen treffen (BetrSichV 10 Abs. 3). In der Instandhaltung ist das regelmäßig der Fall.

Persönliche Schutzausrüstung
Grundlage für die Auswahl von Persönlicher Schutzausrüstung ist eine Gefährdungsbeurteilung. (Bild: gorodenkoff – AdobeStock)

Klare Zuständigkeiten erhöhen die Sicherheit

Oft werden Instandhaltungsarbeiten von externen Dienstleistern durchgeführt. Dann sind gleich mehrere verantwortliche Arbeitgeber im Spiel. Für Sicherungsmaßnahmen an den zu wartenden Arbeitsmitteln ist der beauftragende Betrieb zuständig, für den Arbeitsschutz seines Instandhaltungspersonals der externe Unternehmer. Solche Konstellationen können zu Missverständnissen führen.
In der Praxis habe es sich zum Schutz der Werker bewährt, die Abstimmung und Kontrolle in die Hände von Aufsichtspersonen oder Koordinatoren zu legen, heißt es in den Technischen Regeln für Betriebssicherheit Instandhaltung (TRBS 1112). Besteht nach der Gefährdungsbeurteilung ein erhöhtes Risiko, muss ein solcher Koordinator sogar schriftlich bestellt werden (BetrSichV § 23).
Organisatorisch ist das Thema Persönliche Schutzausrüstung bei der DGUV angesiedelt. Von deren „Fachbereich PSA“ werden ergänzend zu den genannten Vorschriften noch Praxishilfen, Leitlinien und Fachinformationen für den Einsatz von PSA bei einzelnen Tätigkeiten und Gefährdungssituationen herausgegeben. Die wichtigste und umfassendste Arbeitshilfe ist DGUV Information 209-015: Instandhaltung – sicher und praxisgerecht durchführen.

Die wichtigsten PSA-Vorschriften

  • VO (EU) 2016/425: Persönliche Schutzausrüstungen (seit 20.04.2016 in Kraft)
  • RL 89/656/EWG: PSA-Benutzungsrichtlinie
  • PSA-Benutzungsverordnung Verordnung über die Bereitstellung von persönlichen Schutzausrüstungen auf dem Markt – 8. ProdSV
  • § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • DGUV Vorschrift 1 – Grundsätze der Prävention
  • DGUV Regel 112-189 – Benutzung von Schutzkleidung

Wichtige Einsatzbereiche von PSA

Abstürze von hochgelegenen Arbeitsplätzen ist die in der Instandhaltung häufigste Unfallart. „Es gibt sogar Instandhaltungspersonal, das an Maschinen und Einrichtungen ohne jegliche Sicherheitsmaßnahmen gegen Absturz hinaufklettert“, bemängelt die DGUV das offensichtlich mangelhafte Risikobewusstsein in vielen Betrieben. Dabei ist laut Arbeitsstättenrichtlinie (ASR A2.1) bereits ab 0,2 Metern Höhe eine Gefährdungsbeurteilung Pflicht.
Technische Hilfsmittel wie Hebebühnen oder Gerüste bieten aber immer nur einen Teilschutz. Wirklich „sicher“ wird der Arbeitsplatz des Instandhalters nur in Verbindung mit einer Persönlichen Schutzausrüstung wie einem Rückhaltesystem, einem Positionierungssystem oder einem Auffangsystem. Ausführliche Informationen dazu enthält die DGUV Regel 112-198 und für den Worstcase die DGUV Regel 112-199 (Rettungssysteme).

Wenn bei Inspektionen der Strom nicht komplett abgeschaltet werden kann, arbeiten Instandhalter unter Spannung. Durch geringen Bauwollanteil flamm- und hitzebeständige sowie isolierende Schutzkleidung bewahrt vor elektrischen Schlägen und Störlichtbögen. Die Eignung von Jacken, Hosen, Kopfbedeckungen, Handschuhen oder Überschuhen für den Einsatz erkennt man an der VDE-0682-301-Kennzeichnung.
Instandhalter arbeiten nicht nur in lauten Produktionsumgebungen, sondern erzeugen auch selbst Lärm. Schweißen (MIG/MAG/Elektrode) erzeugt beispielsweise
94 dB(A), Schlagschrauben 104 dB(A). Bereits ab 85 dB(A) besteht die Gefahr von Gesundheitsschäden. Gehörschutz gehört zu den wichtigsten Bestandteilen der Persönlichen Schutzausrüstung.
In Unternehmen der Prozessindustrie wie der Chemie, Petrochemie, Papier oder Zementherstellung arbeiten die Instandhalter umgeben von chemischen und physikalischen Prozessen oder an den betreffenden Maschinen und Anlagen selbst. Es besteht eine potenzielle Gefährdung durch Gase und Dämpfe, die unter Druck auch explosionsartig entweichen können.
Besondere Anforderungen stellen Arbeiten innerhalb der Anlagen zum Beispiel in Behältern, Tanks, Apparaten, Rohrleitungen, Förderanlagen, Gruben, Schächten und Kanälen. Die räumlichen Verhältnisse sind beengt, die Luftaustausche gering und es können sich Gase bilden. Dies erfordert nicht selten die Kombination verschiedenartiger Persönlicher Schutzausrüstung wie Schutzanzüge, -helme,- handschuhe oder -brillen. Sind die Wände eines engen Raums elektrisch leitend, können sich die Werker mit einer PSA gegen elektrische Gefährdungen schützen.

Moderne Ausgabe- und Kontrollsysteme für Persönliche Schutzausrüstung

Viele produzierende Unternehmen arbeiten noch mit Magazinen, in denen sie ihre PSA lagern und die Ausgabe „händisch“ organisieren. Dafür wird viel Stellfläche benötigt und meistens haben diese Magazine nur tagsüber geöffnet, sodass kurzfristige Bedarfe nicht zur Verfügung stehen.
„Ausgabeautomaten reduzieren die Versorgungskosten für den richtigen Arbeitsschutz um 10 bis 30 Prozent“, so Max Richter, Geschäftsführer der Maxxeo GmbH. Sein Unternehmen berät und begleitet Industrieunternehmen bei der Planung und Realisierung automatischer POS-Ausgabesysteme. Eine Software steuert anhand definierten Benutzergruppen, wer welche Artikel entnehmen darf. Die berechtigten Mitarbeiter werden mittels eines Codes oder Zeiterfassungschips direkt am Ausgabeort identifiziert. Dies alles geschieht automatisch.

Ohne PSA keine Instandhaltung!

Die Idealvorstellung wäre es, Mitarbeiter erst dann an ihren Einsatzort gelangen zu lassen, wenn sie die vorgeschriebene Persönliche Schutzausrüstung tragen oder mit sich führen. Eine solche Möglichkeit bietet beispielsweise eine automatische PSA-Erkennung. Orgatech hat hier eine Lösung entwickelt: Jede PSA ist durch einen eingenähten RFID-Chip identifizierbar und jeder interne oder externe Mitarbeiter durch seinen Arbeitsauftrag.
Das vorhandene Zutrittssystem – alternativ ein „Gate“ oder eine App – führt einen Abgleich der notwendigen PSA mit den in den Stammdaten hinterlegten Anforderungen für die Arbeiten durch. Es erkennt, ob die vorgegebene Persönliche Schutzausrüstung tatsächlich vorhanden, vollständig und gültig ist.
„Je nachdem, wie komfortabel und effizient der Prozess aufgesetzt werden soll, sind verschiedene Varianten möglich“, so Julia Lorei, Leiterin des Geschäftsfelds Consulting. Ein Beispiel sei eine Handy-App, durch die der Arbeitsauftrag einschließlich PSA-Sicherheit online gesteuert werden könne oder der Einsatz einer Kamera, die automatisch kontrolliere, ob die Ausrüstung auch vorschriftsmäßig getragen wird. Lorei: „Mit dem System lässt sich vor allem bei Unternehmen mit vielen Instandhaltungsaufgaben und mehreren Dienstleistern ein hoher Arbeitsschutz-Standard sicherstellen und rechtssicher dokumentieren.“

(Erstveröffentlichung des Artikels in unserer Schwesterzeitschrift Instandhaltung)

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