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Smarte Retrofit-Strategien für Brownfield-Anlagen

Klassisch nach der Devise “never change a running system” sollten Betreiber von Brownfield-Anlagen zunächst schauen, wie sie diese modernisieren können, statt teuer neu zu bauen. Eine solche Retrofit-Strategie basiert auf vier zentralen Säulen.

Industrial wasteland in Paris suburb. Ivry-sur-Seine
Retrofit-Strategien erfordern weniger Investitionen als neue Maschinen und Anlagen anzuschaffen.

  • Eine durchdachte Retrofit-Strategie basiert auf vier Säulen.
  • Maximale Konnektivität und Qualitätssicherung durch Standards sind zentrale Erfolgsfaktoren.
  • Nachhaltige Produktion wird zunehmend zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor.

Die hohen Investitionskosten für Großanlagen in der Chemieindustrie führen dazu, dass Prozessanlagen oft über 25 Jahre oder länger im Einsatz bleiben. Dies bringt zahlreiche technische, wirtschaftliche und regulatorische Herausforderungen mit sich. Betreiber von Brownfield-Anlagen stehen vor der Aufgabe, Produkte ebenso effizient herzustellen wie ihre Wettbewerber, die auf hochmodernen Anlagen produzieren. Gleichzeitig müssen sie ihre Anlagen so anpassen, dass moderne Herstellungsverfahren für innovative Produkte möglich werden. Hinzu kommen zusätzliche Belastungen durch den demografischen Wandel, steigende Anforderungen an Cybersicherheit sowie strengere Nachhaltigkeitsauflagen. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen Unternehmen eine durchdachte Retrofit-Strategie, die auf vier zentralen Säulen basiert.


Mehr Wertschöpfung erzielen

Reine Produktionsleistung reicht heute nicht mehr aus, um langfristig erfolgreich zu sein. Unternehmen müssen Strategien entwickeln, um mit bestehenden Anlagen eine maximale Wertschöpfung zu erzielen – nicht nur durch höhere Auslastung, sondern auch durch intelligente Digitalisierung und Serviceorientierung.

Zwei wesentliche Faktoren sind dabei entscheidend: Vernetzung und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Wertschöpfung entsteht im Zuge der Digitalisierung nicht allein durch neue Produkte oder Dienstleistungen, sondern vor allem, indem Anwender Prozessdaten verknüpfen, modularisieren und intelligent nutzen. Ziel ist es, bestehende Anlagen so effizient und wirtschaftlich wie möglich zu gestalten. Dabei geht es nicht nur darum, alte Maschinen durch neue zu ersetzen, sondern die Potenziale der Vernetzung auch im Brownfield-Bereich zu erschließen.

Gefahr von Ausfällen begegnen

Mit zunehmender Laufzeit steigt der Wartungsbedarf von Anlagen. Wird zu spät eingegriffen, drohen teure Produktionsausfälle; wird zu früh gewartet, entstehen unnötige Kosten durch überflüssige Ersatzteile und Stillstände. Eine vorausschauende Wartungsstrategie auf Basis verlässlicher Daten ist daher entscheidend.

Predictive Maintenance, eine Methode, die auf Advanced Analytics und Big-Data-Technologien basiert, ermöglicht, zukünftige Entwicklungen präzise zu prognostizieren. Durch die Analyse historischer Daten und spezieller Vorhersagemodelle lassen sich Zusammenhänge auch in komplexen Anlagenstrukturen schnell und zuverlässig erkennen. Dies ermöglicht eine gezielte Instandhaltung, ungeplante Stillstände zu reduzieren und nachhaltig die Anlagenverfügbarkeit zu steigern.

Eine vorausschauende Wartungsstrategie auf Basis verlässlicher Daten ist entscheidend.
Eine vorausschauende Wartungsstrategie auf Basis verlässlicher Daten ist entscheidend.

Sicherheit der Bestandsanlagen erhöhen

Früher galten industrielle Systeme durch ihre abgeschottete Struktur als vergleichsweise sicher vor Cyberangriffen. Doch mit der zunehmenden Vernetzung von OT- und IT-Systemen wächst das Risiko gezielter Angriffe – insbesondere bei älteren Anlagen, die häufig außerhalb ihres ursprünglichen Updatezyklus betrieben werden. Diese Systeme weisen oft kritische Sicherheitslücken auf.

Die EU hat auf diese Bedrohung reagiert und die Anforderungen an die Cybersicherheit mit neuen Richtlinien verschärft. Unternehmen, die veraltete Anlagen nicht auf den aktuellen Sicherheitsstandard bringen, setzen sich einer erhöhten Angriffsgefahr aus. Moderne Automatisierungssoftware wie Zenon lässt sich einfach in bestehende IT/OT-Sicherheitsarchitekturen integrieren und ermöglicht, sich schnell an aktuelle Schutzanforderungen anzupassen – ohne großen Aufwand.

Construction engineer using smartphone at concrete production plant
Die Potenziale der Vernetzung sollten auch im Brownfield-Bereich erschlossen werden.

Disziplinen verbinden

Nachhaltige Produktion wird zunehmend zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor – nicht nur aufgrund nationaler und europäischer Regulierung, sondern auch durch den Einfluss des Verbrauchervertrauens, Markenimage und unternehmerische Partnerschaften. Ältere Anlagen sind im Betrieb oft weniger energieeffizient als moderne Systeme. Gleichzeitig verringert eine längere Laufzeit den CO₂-Fußabdruck des Unternehmens, da Ressourcen eingespart und der Bedarf an Neuanlagen reduziert werden.

Ein wesentlicher Hebel, um Emissionen zu senken liegt darin, den Energieverbrauch zu optimieren. Voraussetzung dafür ist eine vollständige, valide Datenerfassung. Erst wenn sämtliche Energieströme und Verbräuche in Echtzeit verfügbar sind, lassen diese sich gezielt analysieren, effizient steuern und flexibel anpassen. Digitalisierung und Automatisierung sind daher die Schlüssel zur Dekarbonisierung im Brownfield-Bereich – sie machen nachhaltige Effizienzsteigerungen messbar, steuerbar und wirtschaftlich umsetzbar.

Clevere Retrofit-Strategien können einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil schaffen. Sie erfordern deutlich weniger Investitionen als neue moderne Maschinen anzuschaffen und ermöglichen es, bestehende Anlagen an moderne Produktions-, Sicherheits- und Nachhaltigkeitsstandards anzupassen. Maximale Konnektivität und Qualitätssicherung durch Standards sind dabei zentrale Erfolgsfaktoren.

Handlungsempfehlungen

Was Betreiber von Brownfield-Anlagen tun können, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und gleichzeitig den Anforderungen an Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit gerecht zu werden:

  • Digitalisierung vorantreiben: Rüsten Sie bestehende Anlagen mit IoT-Sensoren aus und nutzen Sie Prozessdaten, um Effizienzpotenziale zu erschließen.
  • Predictive Maintenance einführen: Implementieren Sie datenbasierte Wartungslösungen, um ungeplante Stillstände zu minimieren und Wartungskosten zu optimieren.
  • Cybersicherheit erhöhen: Aktualisieren Sie regelmäßig Ihre IT/OT-Systeme und integrieren Sie moderne Sicherheitslösungen, um Angriffe zu verhindern.
  • Energieeffizienz steigern: Überwachen Sie Energieströme in Echtzeit und optimieren Sie den Energieverbrauch durch gezielte Maßnahmen.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern: Bringen Sie IT-, OT- und Produktionsteams zusammen, um neue Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
  • Nachhaltigkeitsziele setzen: Entwickeln Sie eine klare Strategie zur Dekarbonisierung und nutzen Sie digitale Tools, um Fortschritte messbar zu machen.

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