Biokraftstoff-Herstellung in Rumänien

Clariant produziert erstes Zellulose-Ethanol für Shell

Der Spezialchemie-Konzern Clariant hat in seiner Anlage im rumänischen Podari das erste kommerzielle Zellulose-Ethanol produziert. Abnehmer für die aus Agrarreststoffen gewonnenen Biokraftstoffe ist der Mineralölkonzern Shell.

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Zellulose-Ethanol-Anlage in Podari
In der Anlage werden pro Jahr ungefähr 250.000 Tonnen Stroh zu 50.000 Tonnen Zellulose-Ethanol verarbeitet.

In der sogenannten Sunliquid-Anlage sollen aus 250.000 t lokal bezogenem Stroh etwa 50.000 Tonnen Biokraftstoffe der zweiten Generation hergestellt werden. Mit Shell wurde die Abnahme der gesamten Produktionsmenge im Rahmen eines Mehrjahresvertrages vereinbart. Das in der Anlage produzierte Zellulose-Ethanol kann dabei als „Drop-in“-Lösung bei der Treibstoffmischung eingesetzt werden, bietet aber ebenfalls weitere nachgelagerte Anwendungsmöglichkeiten für nachhaltigen Flugzeugtreibstoff und biobasierte Chemikalien.

Die Anlage in Podari wurde auf einem 10 ha großen Areal errichtet und hat etwa 100 Beschäftigte. Es wurden Verträge mit über 300 lokalen Bauern geschlossen, um die Versorgung mit den notwendigen Rohstoffen sicherzustellen. In den letzten sechs Monaten wurde die neue Anlage einem gründlichen Inbetriebnahmeprozess unterzogen, der nun nach Unternehmensangaben einen „erfolgreichen Produktionsstart“ ermöglichte.

„Biokraftstoffe und Biochemikalien aus Agrarabfällen spielen eine entscheidende Rolle, da sie Treibhausgasemissionen reduzieren. Um sie breiter einsetzen zu können, müssen die kommerzielle Produktion und die Verfügbarkeit schnell erhöht werden“, sagte Conrad Keijzer, Chief Executive Officer von Clariant. „Aus diesem Grund ist der erfolgreiche Start unserer Sunliquid-Anlage in Podari von so immenser Bedeutung.“

„Besonders erfreulich ist, dass es uns gelungen ist, trotz der globalen Pandemie die Produktion in unserer Vorzeigeanlage für Sunliquid-Zellulose-Ethanol planmässig aufzunehmen. Dies zeigt, dass Clariants Technologie kommerziell anwendbar ist und bringt unsere Strategie für das Lizenzgeschäft voran“, ergänzte Christian Librera, Head of Business Line Biofuels & Derivatives.

Bei Partner Shell sollen die Biokraftstoffe zu den eigenen Klimazielen beitragen. Bis 2050 will der Konzern ein Energieunternehmen mit Netto-Null-Emissionen zu werden. Dazu will man ein „wesentlicher, profitabler Lieferant für nachhaltige fortschrittliche kohlenstoffarme Kraftstoffe“ werden. „Kohlenstoffarme Kraftstoffe sind essenziell, um unseren Kunden dabei zu helfen, ihr Geschäft zu dekarbonisieren“, sagte Geoff Mansfield, General Manager für Low-Carbon Fuels bei Shell Trading and Supply.

Bildergalerie: Die Klimaziele großer Chemiekonzerne

EU-Parlament
Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken.
Bayer-Fabrik
Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen.
Lanxess-Klimagrafik
Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen.
Dow
Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln.
BASF
Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen.
Merck-Zentrale
Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren.
Lyondellbasell
Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren.
Henkel
Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Anlagenbau einer Düngemittel-Anlage
Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015.
Linde
Der Gaskonzern Linde plant bis 2028 seine Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018, um 35% zu reduzieren. Außerdem will das Unternehmen 1 Mrd. US-Dollar in Dekarbonisierungsprojekte investieren und den Kauf von CO2-armen Energien verdoppeln.