Eine düstere Ansicht mehrer Chemieanlagen, symbolisch für die schlechte Wirtschaftslage der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland.

(Bild: KI-generiert mit Dall-E3)

Viele Industriekunden drosselten ihre Produktion, damit sank auch die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen. Hinzu kamen schwache Pharmageschäfte auf den ausländischen Märkten. Nach einem "Lichtblick" zu Jahresanfang hatte der Branchenverband VCI bereits in seinem zweiten Quartalsbericht eine anhaltend schwache Nachfrage gemeldet, die sich auch jetzt nicht gebessert hat.

Als Folge passt der Branchenverband VCI seine Wachstumsprognose an und erwartet für das Gesamtjahr beim Branchenumsatz statt eines leichten Wachstums nun ein Minus von 2 %. Insgesamt tritt die deutsche Wirtschaft weiter auf der Stelle, die Bundespolitik ist aktuell größtenteils mit sich selbst beschäftigt und die Stimmung in den Unternehmen könnte kaum schlechter sein. Somit bietet der Ausblick auf die kommenden Monate wenig Hoffnung.

"Wir müssen an die Substanz"

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sagt zur Lage der Branche: „Unsere Industrie befindet sich in einer schweren Rezession. Die Nachfrage nach chemischen Produkten sinkt weiter, auch das Pharmageschäft schwächelt. Die Auslastung in unseren Betrieben hangelt sich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt. Eins ist klar: Die Krise ist weitgehend hausgemacht. Wir haben große strukturelle Probleme in Deutschland, die für unsere Industrie und unser Land immer mehr zur Last werden. Denn die Bedeutung einer starken Wirtschaft für Wohlstand, Sicherheit und politische Stabilität ist gewaltig. Das Fundament des Standorts ist nach wie vor gut, aber an vielen Stellen ist der Lack ab und es korrodiert. Da lässt sich mit Farbe nichts mehr übertünchen. Wir müssen an die Substanz. Unsere Industrie braucht daher zeitnah niedrige Energiepreise, ein wettbewerbsfähiges Steuersystem, schnellere Genehmigungen sowie weniger Bürokratie und Regulierung aus Brüssel. Auch mit Blick auf die USA muss eine neue Bundesregierung nun dringend für bessere Rahmenbedingungen sorgen.“

Für das Gesamtjahr rechnet der VCI nun mit einem Wachstum der Produktion von nur noch 2 %. Der Branchenumsatz dürfte in diesem Jahr um 2 % sinken. Sowohl der Inlandsumsatz als auch das Auslandsgeschäft sind rückläufig.

Die Zahlen im Überblick:

  • Die Produktion sank im Vergleich zum Vorquartal um 2,7 %. Damit erreichte sie nur noch das niedrige Vorjahresniveau. Die Kapazitätsauslastung nahm ebenfalls weiter ab und lag zuletzt mit 74,8 % weiterhin unter der Rentabilitätsschwelle.
  • Die schwache Nachfrage und sinkende Rohstoffkosten ließen die Erzeugerpreise im dritten Quartal im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten um 0,2 % sinken. Damit waren chemische und pharmazeutische Erzeugnisse 0,3 % günstiger als ein Jahr zuvor.
  • Der Gesamtumsatz der Chemie- und Pharmaindustrie ging deutlich um saisonbereinigt 2,5 % auf insgesamt 51,1 Milliarden Euro zurück. Das Vorjahresniveau wurde mit einem Minus von 1,8 % ebenfalls kräftig verfehlt.
  • Die schlechte wirtschaftliche Situation in der Chemie zeigt sich in rückläufigen Beschäftigtenzahlen. Aufgrund von Zuwächsen im Pharmabereich bleibt die Zahl der Arbeitsplätze von rund 479.500 Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie aber insgesamt auf einem weiterhin hohen und stabilen Niveau.

Auch über Deutschland hinaus zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Der Verband der europäischen Chemieindustrie Cefic meldet in seinem jüngsten Trendbericht zwar einen leichten Anstieg bei den Exporten, aber generell weiterhin eine schwache Nachfrage. Damit einhergehend herrscht in der Branche trübe Stimmung mit wenig Hoffnung auf unmittelbare Verbesserung vor. Wie der deutsche VCI hebt auch der europäische Verband die Bedeutung der Energiepreise hervor, die noch immer über dem Vor-Krisen-Niveau liegen und "im globalen Maßstab nicht wettbewerbsfähig" sind. So waren beispielsweise die Preise für Erdgas im Zeitraum von Januar bis August 2024 in Europa 3,9mal so hoch wie in den USA.

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