„Ohne mutige Schritte ist eine Branche, die lange ein Grundpfeiler des europäischen Wohlstands war, von einem weiteren Niedergang bedroht und könnte ihre Zukunft auf diesem Kontinent verlieren“, setzt der Verband sein Statement fort, und beschreibt den Ernst der Lage: Ein Energiepreis-Niveau von zwei- bis viermal höher als an Wettbewerbsstandorten sei nicht tragbar. Zudem sei das regulatorische System der EU zu komplex, zu langsam und oft widersprüchlich.
„Keine Warnung mehr“
Unter diesen Bedingungen ist nicht nur der normale Betrieb erschwert, die Industrievertreter sehen auch die notwendige Transformation der Branche im Rahmen des Green Deal in Gefahr. Europa verliere dadurch seinen Rang bei Investitionen und Arbeitsplätzen an Regionen mit einfacheren, schnelleren und unterstützenderen Rahmenbedingungen, betont der Verband: „Das ist keine Warnung mehr – es passiert bereits.“ Ähnliche Forderungen nach konkreten, sofortigen und entschlossenen Maßnahmen für die europäische Wirtschaft hatte vor Kurzem bereits der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi in seinem Bericht gefordert.
„Wir appellieren an Sie, die neuen europäischen Entscheidungsträger, die Forderungen aus Antwerpen ernst zu nehmen und das wirtschaftliche Umfeld für Investitionen in Europa wiederherzustellen“, sagt Marco Mensink, Generaldirektor des Cefic. „Wir fordern Sie auf, die regulatorische Lage sowie den Mehrwert aller bestehenden politischen Maßnahmen sorgfältig zu bewerten, bevor neue umfassende Vorschläge gestartet werden. Die europäische chemische Industrie und die 1,2 Millionen Menschen, die direkt in ihr beschäftigt sind, zählen auf Sie und beobachten Ihre Entscheidungen genau. Nie zuvor haben die Mitarbeiter unserer Unternehmen so genau auf die in Brüssel getroffenen Entscheidungen geachtet. Es darf keine weiteren Werksschließungen und Arbeitsplatzverluste aufgrund von Europas schwerfälligem, teurem und langsamen System geben. Wir müssen schnell und effizient zusammenarbeiten, um Europa zum besten Standort für Unternehmen zu machen.“
Die chemische Industrie der EU gehörte zu den ersten Branchen, die den EU Green Deal unterstützten, und der Verband bekräftigte erneut seine Entschlossenheit, dessen Ziele zu erreichen. Doch die industrielle Führungsposition von Europa hänge von akuten Entscheidungen ab, und es bestünde das realer Risiko eines Green Deal, der außerhalb der EU stattfindet, so das Schlusswort der Cefic-Mitteilung. „Die chemische Industrie ist bereit, die Kommission dabei zu unterstützen, ein widerstandsfähiges, nachhaltiges und prosperierendes Europa zu schaffen. Jetzt ist die Zeit zu handeln – bevor es zu spät ist.“