Menschenansammlung hinter einem geöffneten Bühnenvorhang

(Bild: Sergey Nivens – stock.adobe.com)

Als Gründe nennt die Unternehmensberatung strenge regulatorische Rahmenbedingungen für Unternehmen, deren umweltbezogene Selbstverpflichtungen sowie das Überdenken ausgewählter Portfoliobestandteile oder gar einzelner Standorte.

Jede Firmenübernahme oder jeder Zusammenschluss hat indes Auswirkungen auf die Organisation, die IT-Landschaft, die Mitarbeitenden und die Unternehmenskultur. Aus IT-Sicht umfasst dies insbesondere die Analyse der Geschäftsprozesse im Hinblick auf Optimierungspotenziale und die Konsolidierung oder die Integration bestehender Softwarelösungen. Darüber hinaus ist ein aktives Change-Management unabdingbar, um die Mitarbeitenden von dem Vorhaben und seinen Vorteilen zu überzeugen.


Grenzen der Prozesskonsolidierung

Bei der Betrachtung bestehender Geschäftsprozesse geht es vor allem darum, diese innerhalb der neuen Unternehmensstruktur zu bewerten. So bilden sie administrative Tätigkeiten teils redundant ab, beispielsweise in der Buchhaltung oder bei Personalangelegenheiten, und können in den meisten Fällen für die gesamte Organisation konsolidiert werden. Es gibt aber vor allem in der hochspezialisierten Chemiebranche auch Prozesse, die spezifische Verfahren unterstützen.

So ist etwa ein Anbieter von chemischen Grundstoffen anders organisiert als ein Unternehmen, das pharmazeutische Produkte herstellt und vermarktet. Entsprechend den variierenden Geschäftsmodellen gestalten sich die damit verbundenen Prozesse in den Einkaufs-, Verkaufs- oder Logistikabteilungen sehr unterschiedlich. Diese zu standardisieren, ist aufgrund der spezifischen Ausrichtung kaum umsetzbar.

Hinzu kommt, dass die Unternehmen häufig auch unterschiedliche Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP) sowie diverse Softwarelösungen zur Produktionsplanung oder Angebotskalkulation einsetzen. Diese sind in der Regel historisch gewachsen und eng an die individuellen Anforderungen angepasst. Eine Konsolidierung der Lösungen wäre daher, wenn überhaupt, nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich.

CRM effizient migrieren

Anders sieht es bei Customer-Relationship-Management-Systemen (CRM) aus, da diese stets ähnlich strukturiert sind. Ihre Migration ist bei Übernahmen oder Zusammenschlüssen aus gleich mehreren Gründen sinnvoll: Zunächst haben alle Vertriebsmitarbeitenden eine vollständige Sicht auf die Kunden, und können so Synergieeffekte nutzen. Zudem können Unternehmen Kosten sparen, beispielsweise bei Softwarelizenzen und -wartungen.

Damit dieses Vorhaben gelingt, müssen die vorhandenen Kundendaten miteinander abgeglichen und etwaige Dubletten entfernt werden. Hierfür bieten einige CRM-Systeme entsprechende Funktionen, die bei der Datenbereinigung unterstützen. Anschließend werden die Kundendaten mit einer eindeutigen ID versehen.

Nach erfolgreicher Migration schließt sich die Integration der fortzuführenden ERP-Systeme sowie der weiteren Lösungen an. Auf diese Weise können die Vertriebsmitarbeitenden aus dem harmonisierten CRM-System heraus direkt auf die Bestellhistorie sowie die bevorzugten Produkte der Kunden zugreifen und erhalten einen Überblick über die Produktionsauslastung. Es empfiehlt sich, dieses Vorhaben mit einer geeigneten Integrationsplattform umzusetzen und nicht Point-to-point zu programmieren. Unternehmen sind so deutlich flexibler und damit zukunftssicherer aufgestellt.

„Bei Chemieunternehmen ist die IT-Landschaft in der Regel über Jahre gewachsen und umfasst hochspezialisierte Anwendungen“, resümiert Abdelghani Faiz, Geschäftsführer bei Integration Matters, und ergänzt: „Diese im Rahmen von Unternehmensübernahmen oder -zusammenschlüssen zu konsolidieren, wäre mit einem immensen Aufwand und hohen Risiken, beispielsweise im Hinblick auf Datenverlust, verbunden. Daher ist es zielführender, lediglich CRM-Lösungen zu konsolidieren und dann die spezifischen ERP-Lösungen, Price-Engines oder Anwendungen zur Produktionsplanung zu integrieren. Auf Basis dieser Systemarchitektur werden anschließend die Prozesse implementiert.“

Hohe Benutzerakzeptanz erreichen

Die Konsolidierung der IT-Landschaften wie auch der Prozesse ist aber nur ein Aspekt, der bei Firmenübernahmen oder -zusammenschlüssen sorgfältig vorbereitet und durchgeführt werden muss. Ebenso wichtig ist es, strategisch zu planen, wie das Unternehmen in Zukunft aufgestellt sein soll.

Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, welche Stand­orte oder Abteilungen zusammengelegt werden können. Solche Überlegungen führen zwangsläufig zu einer Verunsicherung bei den betroffenen Mitarbeitenden – sie fürchten um ihren Arbeitsplatz oder wissen nicht, ob sie sich mit den neuen Aufgaben identifizieren können.

Deshalb sollte bei Mergers & Acquisitions unbedingt ein schlüssiges Change-Management-Konzept mit auf der Agenda stehen, das die Mitarbeitenden von Beginn an in das Projekt einbezieht. Ziel ist es, ihnen einerseits Ängste zu nehmen und sie andererseits auf die neue Organisation und die konsolidierte IT-Landschaft vorzubereiten. „Der Erfolg von IT-Projekten steht und fällt mit der Akzeptanz der Mitarbeiter“, weiß Ines Marquardt, Projektmanagerin bei Integration Matters. Sie empfiehlt: „Gerade im Rahmen von Mergers & Acquisitions ist es daher wichtig, den Mitarbeitern offen zu kommunizieren, wohin die Reise geht. Hierfür bieten sich verschiedene Formate wie Workshops, Teammeetings oder Einzelgespräche an.“

Auch beim Change-Management wird zunächst der Ist-Zustand analysiert, um festzustellen, welche Teams es gibt, wo deren Know-how liegt und wie sie effizient zusammengeführt werden können. Dann gilt es, den Mitarbeitenden die angepassten Abläufe zu präsentieren. Hierbei ist es sehr wichtig, den Beteiligten transparent zu kommunizieren, welche Vorteile für sie mit den neuen Prozessen verbunden sind, etwa eine Entlastung von Routineaufgaben.

Aufgrund der zahlreichen Veränderungen, die ein Mergers-&-Acquisitions-Projekt mit sich bringt, ist auch hier ein schrittweises Vorgehen ratsam. „Insofern sollten Unternehmen für das Change-Management genügend Zeit einplanen“, rät Ines Marquardt. „Schließlich kann man nicht davon ausgehen, dass die Mitarbeiter alle Neuerungen auf Anhieb verinnerlichen. Deshalb ist es empfehlenswert, die neuen Prozesse zu priorisieren und anschließend sukzessive anzugehen. So können sich die Mitarbeiter peu à peu mit diesen vertraut machen.“


Fazit

Mergers & Acquisitions sind gerade in der Chemiebranche komplex. Die Unternehmen verfügen über hochspezialisierte Prozesse, und ihre IT-Infrastruktur ist über Jahre, teils Jahrzehnte gewachsen. Daher kann es von Vorteil sein, einen Dienstleister mit der Analyse der bestehenden Prozesse und der Konsolidierung der IT-Landschaften zu beauftragen. Dies ist zwar mit höheren Kosten verbunden, doch zugleich können Unternehmen vom Spezialisten-Know-how profitieren. Auch das Change-Management sollte in die Hände eines externen Beraters mit entsprechender Erfahrung gelegt werden, da er beispielsweise mögliche Interessenskonflikte neutral moderiert.

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