Aerial view of chemical oil refinery plant, power plant on blue

Bisher sind die Mitgliedsunternehmen des VCI skeptisch, ob die wirtschaftliche Situation vor 2025 besser wird. (Bild: Yellow Boat - stock.adobe.com)

„Wir befinden uns mitten in einem tiefen, langen Tal. Und noch ist unklar, wie lange wir es durchschreiten müssen“, kommentiert der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Markus Steilemann, die Lage. Die Hoffnungen auf eine Belebung der Konjunktur haben sich nicht erfüllt. Unter der schwachen Konjunktur leidet die gesamte deutsche Wirtschaft, ebenso wie unter strukturellen Problemen.

Chemie- und Pharmaproduktion 2023

Insgesamt ging die Chemie- und Pharmaproduktion um 8 % zurück, ohne das Pharmageschäft, liegt der Rückgang bei 11 %. Den Unternehmen fehlten zunehmend die Aufträge. Die Kapazitäten der Branche waren mit durchschnittlich rund 77 % nicht ausgelastet. Damit liegt die Produktion seit neun Quartalen unterhalb der wirtschaftlich notwendigen Grundauslastung von 82 %.

Die Hersteller anorganischer Grundstoffe sowie von Seifen, Reinigungsmitteln und Kosmetika drosselten ihre Produktion um 10 %. In der Fein- und Spezialchemie lag der Produktionsrückgang bei 4 %. Auch die Pharmasparte hatte nach dem Impfstoffboom mit schlechten Standortbedingungen zu kämpfen und büßte 3 % ein.

Mit rund 230 Mrd. Euro lag der Branchenumsatz 12 % niedriger als im Vorjahr. Besonders kräftig fiel der Rückgang im Inlandsgeschäft aus. Die Verkäufe sanken um 16 % auf 86 Mrd. Euro. Der Auslandsumsatz lag mit 144 Mrd. Euro 10 % niedriger als im Vorjahr. Zum Umsatzrückgang haben auch rückläufige Chemikalienpreise beigetragen. Die Erzeugerpreise für chemisch-pharmazeutische Produkte waren 2023 durchschnittlich rund 1 % günstiger als im Vorjahr.

Ausblick auf die Chemie- und Pharmaproduktion 2024

Zum Jahresende herrscht in der Branche weiterhin Rezessionsstimmung. Sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden Monate sind negativ. Damit dürften weiter Aufträge im Chemiegeschäft fehlen. Der VCI geht deshalb für das kommende Jahr nicht davon aus, dass die Chemieproduktion wieder ansteigt. Beim Branchenumsatz wird ein Minus von 3 % erwartet.

Diese Prognose bestätigen auch die Ergebnisse der aktuellen Mitgliederumfrage: Die Unternehmen rechnen kurzfristig nicht mit einem Aufschwung – 45 % rechnen frühestens 2025 mit einer Besserung.

Konsequenzen der wirtschaftlichen Lage

Umsatzrückgang, sinkende Verkaufspreise und hohe Produktionskosten setzen die Gewinne der Unternehmen erheblich unter Druck. Laut aktueller VCI-Mitgliederumfrage beklagen knapp 40 % deutliche Gewinneinbrüche. Rund 15 % der Unternehmen schreiben bereits rote Zahlen.

Gleichzeitig zwingt die anhaltend schwierige Geschäftslage die Unternehmen zu schmerzhaften Anpassungen. „Je länger diese Situation anhält, desto mehr müssen wir damit rechnen, dass weitere Anlagen stillgelegt werden“, warnt Steilemann. Auch der Ausstieg aus defizitären Geschäftsfeldern, Investitionsverlagerung ins Ausland oder Personalabbau seien mittlerweile nicht mehr auszuschließen.

Wie kann die wirtschaftliche Lage 2024 verbessert werden?

Für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und eine grüne Transformation benötigt die Industrie konkurrenzfähige Energiepreise. Kurzfristig heißt das: Entlastungen bei den Energiepreisen. Langfristig heißt es: Tempo beim Umbau des Energiesystems – Stromangebot ausweiten, Netze ausbauen und Reservekapazitäten mit Back-up-Kraftwerken und Energiespeichern schaffen. Das Strompreispaket, das nach der Einigung im Haushaltsstreit weiter geplant ist, erhält jedoch lediglich den Status quo.

Das Energiethema ist aber nur eins von vielen ungelösten Problemen. Auf der Mängelliste stehen weiterhin die marode Infrastruktur, der Fachkräftemangel oder die überbordende Bürokratie und Regulierung.

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