- Raffinerien können auf die Produktion von biogenen und synthetischen Kraftstoffen umrüsten.
- Ein Anlagenumbau ist oft preiswerter als der Neubau.
- Die Hykero-Technologie ist für die Produktion von PtL-Kerosin, grünem Wasserstoff sowie PtL-Naphtha.
Aktuelle Klimaschutzrichtlinien, steigende Kosten für Energie und Grundstoffe sowie die Abkehr von fossilen Rohstoffen hin zu regenerativen Energiequellen – all das erhöht den Druck auf Raffineriegesellschaften und die gesamte Prozessindustrie, ihre bestehenden Produktionen umfassend zu transformieren. Welche alternativen Einsatzstoffe können zukünftig genutzt werden? Welche Technologien sind hierfür notwendig? Und wie lassen sich Reststoffe ökologisch und ökonomisch noch sinnvoll nutzen?
Die Ziele der Prozessindustrie sind bei der anstehenden Transformation sehr vielschichtig. Eine Transformation muss ökologisch nachhaltig und ökonomisch vertretbar erfolgen. Früher waren Anlagenmodernisierungen vielfach auf ökonomische Ziele ausgelegt: die Produktionsmengen zu erhöhen, die Betriebskosten zu optimieren, die Produktqualität zu verbessern oder auch sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Nun rücken viel stärker ökologische Aspekte unter Einbeziehung regenerativer Energiequellen oder alternativer Ausgangsstoffe in den Fokus. Vor dem Hintergrund der verbindlich festgelegten Treibhausgas-Minderungsziele wird dieser Trend zukünftig noch zunehmen. Somit kommt dem verfahrenstechnischen Anlagenbau eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, diese Ziele zu erreichen und bei der Energie- und Stahlerzeugung, der Kraftstoffproduktion oder den Chemieprodukten umzustellen. Denn es gilt, zunehmend neue „grüne“ Verfahren zu entwickeln und umzusetzen, die Ressourcen schonen und neue Wertschöpfungsketten aufbauen.
Raffinerien umbauen
Die Nachfrage nach Produkten aus fossilen Einsatzstoffen wird sinken und Treibhausgas-Emissionen müssen drastisch reduziert werden. Daher ist es für Raffinerien eine Option, biogene und vor allem synthetische Kraftstoffe (e-Fuels) herzustellen oder die Produktpalette vom Kraftstoff hin zu petrochemischen Vorprodukten zu verschieben. Dabei können Raffinerien ihre vorhandenen Anlagen und die Infrastruktur auch dazu nutzen, alternative Produkte herzustellen. Ein damit verbundener Anlagenumbau ist oftmals wesentlich kostengünstiger als der Neubau von Anlagen. Bereits mit geringen Veränderungen in der Anlagenkonfiguration kann das gewünschte Ergebnis erzielt werden. Planung und Durchführung sind komplex, verfahrenstechnisch anspruchsvoll und erfordern umfangreiches Know-how und fundiertes Fachwissen.
Revamp hin zu PtX-Technologien
Langjährige Erfahrung und eine präzise Planung im Vorfeld der Umsetzung, wie sie EDL Anlagenbau mitbringt, sind erforderlich, um alle Maßnahmen in den äußerst kurz bemessenen Werksstillstandszeiten termin- und budgetgerecht zu realisieren. Doch mit Hinblick auf die Energiewende steigen auch die Anforderungen an das Revamp-Geschäft, bei dem bestehende Anlagen modernisiert und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden. Dazu sind heute neue und umweltverträgliche Anlagenkonzepte, eine umfassende verfahrenstechnische Expertise und eigenes Know-how erforderlich, wie schwere Raffinerierückstände in werthaltige Produkte aufzuarbeiten oder durch Depolymerisation Kunststoff zu recyceln. Auch Power-to-X-Technologien (PtX) lassen sich bei der Umstrukturierung einsetzen. Konventionelle Erdölraffinerien können PtX-Produkte wie grünen Wasserstoff oder grüne Fischer-Tropsch-Kohlenwasserstoffe nutzen, um ihre CO2-Bilanz zu verbessern und den Anteil an erneuerbarem Kraftstoff zu erhöhen.
Im Bereich der PtX-Technologien bietet EDL die gesamte Palette über das Erzeugen von Wasserstoff- und Synthesegas bis zum Herstellen von Power-to-Liquid-Kerosin (PtL) und chemischen Grundstoffen an. PtX erlaubt damit, die Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Chemie und industrielle Prozesse intelligent zu koppeln, wodurch erst die Dekarbonisierung möglich wird, die nötig ist, um die Klimaziele einzuhalten.
Emissionsfreie Power-to-Liquid-Technologie
So hat das Unternehmen als Technologieentwickler und Systemintegrator, kombiniert mit jahrzehntelanger Erfahrung im Anlagenbau, eine neue, industriell einsetzbare PtL-Anlagentechnologie entwickelt, die weitestgehend auf bereits industriell erprobten Einzeltechnologien mit Technologie-Reifegrad 9 (TRL 9) beruht. Der TRL 9 bedeutet, dass sich das entwickelte System bereits in der Praxis bewährt hat.
Die Technologie mit dem Namen Hykero – aus dem Englischen von hydrogen und kerosene – ermöglicht, die folgenden Treibstoffe CO2-emissionsfrei zu produzieren: strombasiertes Sustainable Aviation Fuel (e-SAF), auch als PtL-Kerosin bezeichnet, grünen Wasserstoff sowie PtL-Naphtha als weiteres chemisches Vorprodukt.
Anlage für grünes Kerosin
EDL arbeitet an zwei Vorhaben, die Important Projects of Common European Interest (IPCEI) sind: einer 110-MW-Elektrolyse und dem Hykero-Projekt zur Produktion von 50.000 t/a PtL-Kerosin. Damit verbindet das Unternehmen das Erzeugen von grünem Wasserstoff mit einer mobilitätsorientierten Wertschöpfung – der Herstellung von nachhaltigem PtL-Kerosin. Den für den Hykero-Prozess benötigten grünen Wasserstoff will der Anlagenbauer aus Wasser und erneuerbarem Strom mit einer 110-MW-Elektrolyseanlage erzeugen. In weiteren Prozessschritten plant er, aus grünem Wasserstoff, nachhaltigem Kohlenstoff und Kohlendioxid ein Synthesegas herzustellen, das er mittels Fischer-Tropsch-Synthese und nachfolgendem Hydrocracking zu PtL-Kerosin weiterverarbeiten möchte.
Die Hykero-Anlage, die im Industriepark Böhlen-Lippendorf, südlich von Leipzig entstehen soll, befindet sich bereits in Planung – das erste grüne Kerosin soll 2026 verfügbar sein. Doch nicht nur als Green-Field-Lösung schafft die Technologie Mehrwert: Hykero in bestehende Raffinerien zu integrieren, um synthetischen Flugkraftstoff, synthetische Chemikalien oder Methanol zu erzeugen, ist umsetzbar und wurde von EDL bereits im Rahmen von Studien betrachtet.
Die Zukunft des Anlagenbaus
Die Prozessindustrie steht am Beginn eines neuen Zeitalters und vor der Aufgabe, mit technologischen Neuerungen und einer energieeffizienten Produktion die Transformation zu meistern. Mit der im deutschen Anlagenbau vorhandenen Technologiekompetenz existiert eine Basis, weltweit eine führende Rolle bei klimafreundlichen Technologien einzunehmen und zukunftsfähige Anlagen mit Energieeinsparungen sowie Ressourcen- und Emissionsreduzierungen zu schaffen.
Dies erfordert, rasch die hierfür benötigten gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl die (Weiter-)Entwicklung industriell nutzbarer Technologien erlauben als auch den zügigen Markthochlauf in Deutschland und Europa sicherstellen, um nicht den Vorsprung einzubüßen.