Lorawan ist eine Technologie, um in Chemieparks ein umfassendes Netzwerk für IoT-Sensoren für die ansässigen Betreiber einzurichten.

Lorawan ist eine einfach nachzurüstende Technologie, um in Chemieparks ein umfassendes Netzwerk für IoT-Sensoren für die ansässigen Betreiber einzurichten. (Bild: Kiotera)

  • Wegen steigender  Anforderungen nutzen Chemiepark-Betreiber vermehrt datengetriebene Prozessautomatisierung, gestützt durch fortschrittliche Funkdatenübertragungstechnologien.
  • Dies ermöglicht kostengünstige Sensorinstallationen zur Überwachung von Anlagen, was Effizienz steigert sowie Energie- und Personalbedarf senkt.
  • Die Investition in solche digitale Infrastrukturen verspricht schnellen Return on Investment und unterstützt gleichzeitig die Einhaltung von Vorschriften.

Chemieparks sehen sich in Deutschland mit einer wachsenden Anzahl von Herausforderungen konfrontiert. Die Erwartungen an Umweltschutz und Nachhaltigkeit steigen, während gleichzeitig die Kosten- und Effizienzanforderungen zunehmen. Verschärft wird diese Situation durch gestiegene Energiepreise und den deutlich spürbaren Fachkräftemangel.

Dies zwingt die Betreiber von Chemieparks dazu, mit weniger Personal mehr Arbeit zu leisten, die Verschwendung von Ressourcen und Energie weiter zu verringern und ihre Prozesse sowie die dazugehörige Berichterstattung noch weiter zu optimieren, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden. Obwohl die Infrastruktur in Chemieparks historisch gewachsen ist, es also von sehr alten bis sehr modernen Anlagen alles gibt, sind die regulatorischen und wirtschaftlichen Anforderungen der Behörden und Kunden gleich.

Datengetriebene Prozessautomatisierung

Um die regulatorischen Anforderungen, etwa an Umweltschutz und Gesundheit, zu erfüllen, müssen Chemieparks seit langem viele Messwerte erheben, analysieren und darüber berichten. Auch in den großen, modernen Produktionsanlagen gehört das zum Standard, um Produktqualität und -sicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz von Sensoren, Datenanalyse und datengetriebener Prozessautomatisierung hatte jedoch enge Grenzen, weil die benötigte Technik oft teuer und aufwendig zu installieren war.


Das hat sich durch signifikante technische Fortschritte in der Funkdatenübertragung in den letzten Jahren deutlich geändert. Mehrere Funktechnologien haben sich zu Marktreife und Verlässlichkeit entwickelt, sodass sie im industriellen Umfeld hervorragend einsetzbar sind. Das bedeutet, dass jetzt günstige Sensoren auch an schwer zugänglichen Orten installiert werden können. Diese Sensoren sind hervorragend für die Nachrüstung an jeder Art von Anlagen und Infrastruktur geeignet, weil sie nicht invasiv, kabellos und batteriebetrieben sind. Beispiele für die neuen Übertragungsarten sind Lorawan, Narrowband-IoT oder Mesh-Netzwerke.

Mit Lorawan lässt sich beispielsweise im gesamten Chemiepark kostengünstig ein eigenes IoT-Netz für Sensoren aufbauen und betreiben, welches nur von im Park ansässigen Firmen genutzt wird. Die Technik ist darauf optimiert, kleine Datenpakete stromsparend über weite Strecken zu übertragen. Sie steht nicht in Konkurrenz zu 5G, sondern deckt ganz andere Anwendungsfälle ab – die beiden Technologien können sich sehr gut ergänzen. 5G ist gut geeignet, wenn große Datenmengen in Millisekunden, quasi Echtzeit, übertragen werden müssen – zum Beispiel die Bewegungen eines Roboters oder Video-Streams. Dafür müssen die 5G-Geräte eine dauerhafte Stromversorgung haben, und der Aufbau eines 5G-Netzes ist sehr kostenintensiv.

Der Standortbetreiber Infraserv Höchst setzt unter Anderem Lorawan ein, um den Betrieb und die Instandhaltung von Industrieanlagen zu optimieren. Hunderte von Sensoren erfassen laufend Betriebs- und Zustandsdaten, die kontinuierlich ausgewertet werden, um die Effizienz der Anlagen zu erhöhen und ungeplante Ausfälle und ihre Folgekosten zu vermeiden.

Dampfnetz auf Leckagen überwachen

Dampf ist in Chemieparks eine wichtige Ressource für die Produktion. Mit hohem Energieeinsatz wird der Dampf produziert, um dann mit konstanter Temperatur zu den Produktionsstätten geleitet zu werden. An vielen Stellen im Dampfnetz befinden sich Kondensatabscheider, um den Dampf zu reinigen. Wenn Kondensatabscheider Lecks aufweisen, entweicht Dampf. Das führt einerseits dazu, dass mehr Energie aufgewendet werden muss, damit ausreichend Dampf am Ziel ankommt. Andererseits kann es bewirken, dass nicht ausreichend Dampf an der Produktionsstätte ankommt oder die Temperatur zu niedrig ist. Der Betreiber des Netzes kann zu Strafzahlungen verpflichtet werden.

Heute findet meistens eine regelmäßige manuelle Überprüfung, zum Beispiel jährlich, statt, um Leckagen zu finden und zu beheben. Das verursacht hohen Aufwand für die knappe Ressource Mensch und kann nach sich ziehen, dass eine Leckage 364 Tage lang unentdeckt bleibt und hohen Schaden verursacht.

Eine bessere Lösung ist das Überwachen der Kondensatabscheider mit Sensoren und die Auswertung der Daten, um Leckagen automatisiert und sofort zu erkennen. Hier gibt es zwei verschiedene technische Ansätze. Der erste Ansatz ist eine doppelte Temperaturüberwachung, das heißt ein Temperaturfühler misst die Dampftemperatur, der andere die Kondensattemperatur. Der entscheidende Faktor ist der Unterschied zwischen den beiden Temperaturen. Wenn dieser sehr klein wird, sind Dampf und Kondensat nicht mehr sauber voneinander getrennt, was auf eine Leckage schließen lässt. Der zweite Ansatz ist Ultraschall- und Schwingungsanalyse. Ein Kondensatabscheider unterliegt immer leichten Schwingungen. Bei Auftreten einer Leckage verändert sich das Schwingungsmuster. Diese Abweichung kann durch Schwingungssensoren sofort erkannt und gemeldet werden.
Die Sensoren können mit geringem Aufwand direkt an der Dampfleitung beziehungsweise am Kondensatabscheider angebracht werden und stehen auch für Atex Zone 1 (explosionsgefährdete Bereiche) zur Verfügung. Diese Anwendung spart Ressourcen und Kosten und reduziert erheblich den Aufwand für das Personal. Die daraus resultierende Energieeinsparung kann direkt ins Energiemanagementsystem einfließen und für ISO5000-Berichte dienen.

Monitoring von Rotating Equipment

Ultraschall-, Schwingungs- und Temperaturanalyse kommen auch im zweiten Beispiel zum Einsatz. Es gibt kaum eine Produktion, die ohne Rotating Equipment auskommt, wie Elektromotoren, Getriebe, Spindeln, Kugellager etc. Alle diese Geräte haben im normalen, unbeschädigten Einsatz konstante Muster in ihren Geräuschen, Schwingungen und Temperaturen. Bei Auftreten von Korrosion, zu wenig Öl, zu viel Spiel an einer Spindel etc. verändern sich diese Muster, erst leicht, dann immer stärker, bis es zu einer Fehlfunktion kommt. Der Fehler führt zu Folgeschäden und Produktionsausfällen – der berühmte ungeplante Stillstand. Je früher kleine Abweichungen und Fehler behoben werden, desto länger lebt die Gesamtanlage, desto weniger Geld, Ressourcen und Aufwand fallen für große Instandhaltungen an, und desto produktiver ist die Anlage.

Die kontinuierliche Überwachung des Anlagenzustands auch an vielen kleinen Teilen ist mit kabelgebundener Technologie aus Kosten- und Aufwandsgründen kaum umsetzbar, mit den neuen Funktechnologien wird sie jedoch wirtschaftlich sinnvoll. Sensoren werden direkt am Lager oder am Motor aufgeklebt oder geschraubt. Die Daten fließen an eine zentrale Plattform, wo sie kontinuierlich analysiert werden. Machine-Learning-Algorithmen (KI) und statistische Methoden kommen zum Einsatz, um den Normalzustand und Abweichungen davon zu erkennen. Die Algorithmen sind heute oft so gut, dass sie nach kurzer Trainingszeit nicht nur erkennen, dass ein Fehler vorliegt, sondern die Art des Fehlers bestimmen und Aktivitäten zur Behebung vorschlagen können. Die Ergebnisse lassen sich direkt in die bestehende Instandhaltungssoftware integrieren, etwa zum Erstellen von Instandhaltungsaufträgen. Die finanziellen Vorteile eines solchen Systems sind hoch.

Flexible Technologie für Chemieparks

Mit der gleichen Technik lassen sich Füllstände beobachten, Druck überwachen, Ventilstände kontrollieren und viele andere Anwendungsfälle günstig umsetzen. Wichtig ist, dass die eingesetzte Technologie für die Darstellung und Analyse von Daten genug Flexibilität für die große Anwendungsvielfalt besitzt, die ein Chemiepark mitbringt. Eine solche IoT-Plattform bringt Daten aus verschiedenen Bereichen und Technologien zusammen, wie 5G- und Lorawan-Daten, damit die Anwender nicht für jeden Sensor eine andere Plattform öffnen müssen. Auch die Integrationsfähigkeit in Bestandssysteme spielt eine große Rolle, um Prozessautomatisierung zu ermöglichen.

Durch die neuen zuverlässigen und kostengünstigen Funksensoren und vielseitigen analytischen Verfahren ist die IoT-Nachrüstung an Anlagen und Infrastruktur viel einfacher und wirtschaftlich sinnvoll geworden. Durch die umfassende und kontinuierliche Erhebung, Auswertung und Nutzung von Daten wird die Einhaltung regulatorischer Vorgaben einfacher. Ebenso werden Ressourcen, Aufwand und Kosten gespart, wodurch es einfacher wird, dem Fachkräftemangel und den gestiegenen Energiepreisen entgegenzuwirken. Die Investition in eine solche digitale Infrastruktur verspricht nun einen schnellen Return on Investment – nicht nur monetär, sondern auch für die Umwelt. Es ist daher an der Zeit, die Möglichkeiten dieser neuen Technologien voll auszuschöpfen.

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