Schweißer

Instandhaltung von Rohrleitungen ist aufwendig und teuer, lässt sich aber per Korrosionsschutz und Fernüberwachung minimieren. (Bild: Gascade)

  • Kathodischer Korrosionsschutz und zugehörige moderne Messsysteme zusammen mit fachgerechten Prüfungen ermöglichen hohen Anlagenschutz für den sicheren Betrieb erdverlegter Installationen wie Rohrleitungen und Behälter.Das Verfahren ist auch besonders effektiv, um Schäden frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu beheben.
  • Betreiber erhalten eine kostengünstige und verlässliche Methode der Fernüberwachung, sparen Wartungs- sowie Instandhaltungskosten und minimieren das Risiko für Anlagenstillstände.

Die chemische Korrosion metallischer Bauteile – allgemein als Rost bekannt – ist ein gravierendes Problem: Die jährlichen Verluste, die in Deutschland durch Korrosion verursacht werden, entsprechen circa 3 bis 4 % des Bruttoinlandsprodukts. So entstanden allein im Jahre 2019 Schäden in Höhe von 110 bis 140 Mrd. Euro. Korrosion ist nicht nur mit hohen Folgekosten verbunden, sondern vernichtet auch wertvolle Ressourcen. Ungeachtet dessen kann Korrosion die Sicherheit von Menschen und die Umwelt ernsthaft gefährden. Das gilt besonders für Pipelines und Industriebehälter aus Stahl, in denen Erdöl oder Erdgas, Wasserstoff und andere flüssige oder gasförmige, teils hochentzündliche oder gewässergefährdende Stoffe transportiert oder gelagert werden.

Korrosion ist eine Reaktion metallischer Werkstoffe auf ihre Umgebung. Zwischen dem Bauteil aus Stahl und seiner elektrisch leitfähigen Umgebung fließt Strom, ausgelöst durch eine Potenzialdifferenz. Bei erdverlegten Rohren, Pipelines und Industriebehältern kann das mehr oder weniger feuchte Erdreich als leitfähiger Elektrolyt dienen. Die elektrochemische Reaktion verändert die atomare Gitterstruktur des Stahls. Eisen wird an der Oberfläche aufgelöst. Der Materialabtrag kann bei einer Stromdichte von 1 A/m2 jährlich 1,2 mm betragen und langfristig zu Leckagen führen.

Elektrochemisch erzeugter Schutzmantel

Messstelle zur Überwachung einer erdverlegten Rohrleitung.
Messstelle zur Überwachung einer erdverlegten Rohrleitung.

(Bild: TÜV Süd)

Vollständig eliminieren lässt sich Korrosion nicht. Wichtig ist deshalb, den Materialabtrag so weit wie möglich zu begrenzen. Maßgeblich für die Abtragrate sind die Oberflächenbeschaffenheit des Bauteils, die Leitfähigkeit der Umgebung und das Elektrodenpotenzial dazwischen. Daraus lassen sich zwei wirkungsvolle Methoden des Korrosionsschutzes ableiten: Einerseits ist das ein passiver Schutz mithilfe einer Ummantelung des Bauteils als elektrische Isolierung. Andererseits gibt es die Möglichkeit des aktiven Schutzes. Hier gleicht ein Schutzstrom die vorhandene Potenzialdifferenz aus.

Im Idealfall sollten passive durch aktive Schutzmaßnahmen ergänzt werden, denn Schäden an den Isolierungen von erdverlegten metallischen Rohrleitungen oder Behältern sind immer möglich. Sie entstehen gegebenenfalls bereits beim Verlegen, bei der Überdeckung oder im laufenden Betrieb durch Bewegungen des Erdreichs oder der Anlage selbst. Auch Temperatur- und Druckschwankungen können Schäden an den Isolierungen hervorrufen.

Als aktive Schutzmaßnahme kommt der Kathodische Korrosionsschutz (KKS) zum Einsatz. Dabei wird der notwendige Potenzialausgleich durch den Anschluss einer Opferanode erzielt. Elektrochemisch gesehen wird das zu schützende Objekt zur Kathode, das durch einen anodischen Strom polarisiert wird. Der gewünschte Schutzstrom entsteht durch die Potenzialdifferenz zwischen dem Schutzobjekt und der Opferanode. Letztere wiederum muss aus einem unedleren Metall (zum Beispiel Magnesium) bestehen, damit sie anstelle des Schutzobjekts korrodiert. Voraussetzung ist, dass Kathode und Anode durch eine Elektrolytphase, also ein elektrisch leitendes Element, verbunden sind. Gängig ist das Verfahren bei kleineren metallischen Behältern oder Anlagen, so zum Beispiel bei Heizkesseln.

Größere Anlagen wie Pipelines oder auch große Lagerbehälter haben einen größeren Schutzstrombedarf. Das Schutzpotenzial einer Opferanode allein reicht hier nicht aus. Deshalb werden in diesen Anwendungen KKS-Anlagen mit Fremdstrom verwendet. Hier leitet eine externe Gleichstromquelle über Fremdstromanoden – zum Beispiel aus Eisensilizium – kontinuierlich Elektronen an die zu schützende Stahloberfläche. Der in das Schutzobjekt eintretende Gleichstrom löst eine kathodische Polarisation aus, die das Metall-Medium-Potenzial zu negativeren Werten verschiebt. Diese elektrochemische Reaktion reduziert die Korrosionsgeschwindigkeit so weit, dass kein nennenswerter Abtrag mehr stattfindet. Bei Pipelines ist darauf zu achten, dass die Anoden über die gesamte Strecke verteilt angeschlossen werden. Je nach spezifischem Widerstand des Erdreichs variieren der Abstand und die Anordnung der Anoden. Die rechnerische Lebensdauer der Anoden beträgt mindestens 20 Jahre.

Funküberwachung spart Begehung

Die Funktion von KKS-Anlagen ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen. Über fest installierte Messstellen lassen sich die Schutzpotenziale, Rohrströme, Widerstände und Beeinflussungen von außen überwachen. Eine Messstelle besteht aus einer elektrisch leitenden Verbindung (Kabel) zur Rohrleitung sowie gegebenenfalls zu den zugehörigen Sensoren. Grundlegende Vorgaben zu den Messverfahren sind in den Normen DIN EN 13509 und DIN EN ISO 15589-1 festgelegt. Die passive Isolationsschicht hilft, den angelegten Schutzstrom zu verringern. Trotzdem können „vagabundierende“ Streuströme von Fremdanlagen die KKS-Anlage beeinflussen, zum Beispiel ausgehend von elektrifizierten Eisenbahnanlagen oder Hochspannungsfreileitungen. Solche Negativszenarien müssen bei der Auslegung der Anlage berücksichtigt werden und sind im laufenden Betrieb durch Messungen zu überwachen. Gegebenenfalls sind auch die Messmethoden darauf anzupassen. Bei den Messverfahren ist die sogenannte Ausschaltpotenzialmessung seit Langem etabliert. Neue Methoden kommen hinzu, aktuell gehören dazu die Intensivmessungen und die Intensive Fehlstellen Ortung (IFO).

GSM-basierte Funktechnik ermöglicht es, auf zeitintensive Begehungen der Anlage zu verzichten. Denn diese Technologie versetzt Betreiber in die Lage, die für die Messungen nötigen Regelungen fernzusteuern und alle relevanten Werte täglich abzufragen. Darüber hinaus lassen sich über die sensiblen Messfühler Fehlstellen orten. Die Kontrolle des Schutzpotenzials in regelmäßigen Abständen identifiziert Schäden am Rohrmaterial oder Fehler in der Ummantelung, die in einem weiteren Schritt über Intensivmessungen exakt lokalisiert werden können. Eine Früherkennung über entsprechend angepasste Messstellen ist ebenso möglich. Wenn beispielsweise Maschinen im Zuge von Bauarbeiten der Leitung zu nahekommen und die äußere Schutzhülle (Isolierung) beschädigen, nehmen die Sensoren bereits kleinste Schäden sofort wahr und melden diese dem System zurück. Laufende Arbeiten können sofort unterbrochen werden, um Leckagen an den Rohrleitungen effektiv zu verhindern.

Praxisbeispiel: Pipeline Eugal

Kathodischer Korrosionsschutz sichert auch die Ferngasleitung Eugal von der Ostsee bis in die Tschechische Republik. Im Bild die Anlieferung der Rohre am Bahnhof Lubmin an der Ostsee.
Kathodischer Korrosionsschutz sichert auch die Ferngasleitung Eugal von der Ostsee bis in die Tschechische Republik. Im Bild die Anlieferung der Rohre am Bahnhof Lubmin an der Ostsee.
(Bild: Heiko Meyer / Gascade)

TÜV SÜD hat die KKS-Anlage bei einem großen deutschen Pipelineprojekt vor Inbetriebnahme geprüft und ist hier auch weiterhin beratend tätig. Gegenstand der Untersuchungen ist die europäische Gasanbindungsleitung Eugal, die über eine Strecke von 480 km von der Ostsee bis an die deutsch-tschechische Grenze teilweise mit zwei Strängen verlegt wurde. Die einzelnen Rohrelemente mit einem Durchmesser von 1,4 m und rund 15 t Gewicht haben eine isolierende PE-Ummantelung. Ihr spezifischer Widerstand erfordert Wechselstrom-Ableiter für den Personenschutz. Sie begrenzen das Rohrpotenzial im Notfall gegen gefährliche Beeinflussungs- und Berührungsspannungen.

Herkömmliche Verfahren zum Nachweis des erforderlichen Schutzpotenzials sind für diesen Anwendungsfall nicht geeignet. TÜV SÜD nutzte deshalb spezielle vergleichende Messverfahren, um den KKS der Pipeline zu prüfen: Zunächst werden entlang der Rohrleitung für den Nachweis kreisrunde Probebleche in den Boden eingebracht. Die Messproben mit 1 oder 10 cm Durchmesser simulieren Fehlstellen in der Pipeline-Isolierung. Dann wird an den Proben das freie Korrosionspotenzial registriert. Im nächsten Schritt werden die Proben mit der Pipeline verbunden. Bei fließendem Schutzstrom wird der Verlauf der Einschaltpotenziale, also der Schutzobjektpotenziale, gemessen. Dann unterbrechen die Prüfer die Verbindung zur Pipeline wiederholt kurz, um den Verlauf der Ausschaltpotenziale und damit die Schutzobjektpotenziale unmittelbar nach dem Ausschalten des Schutzstroms zu messen. Schließlich wird der Verlauf der Schutz- und Wechselströme beziehungsweise die daraus errechneten Schutz- und Wechselstromdichten ermittelt. Die spezifischen elektrischen Widerstände des Erdreichs werden jeweils mit dem Wenner-Verfahren gemessen.

Bei der Bewertung der Schutzpotenziale werden die in der Norm DIN EN ISO 15589-1 festgelegten Kriterien zugrunde gelegt. Voraussetzung ist, dass die Isolierung der Rohre intakt ist beziehungsweise dass eventuelle Schäden kleiner sind als die Messproben. Die Ergebnisse der Polarisationsmessung und der Nachweis des erforderlichen Einschaltpotenzials über den gesamten Prüfabschnitt hinweg zeigen letztendlich, ob das KKS-System einwandfrei funktioniert.

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