
Dunkle Tage für den Industriepark Höchst: Bayer will den Frankfurter Standort verlassen. (Bild: Infraserv Höchst)
Die Maßnahmen seien Teil einer „Fokussierung“ der Agrarsparte Crop Science in Deutschland, teilte der Konzern mit. Diese sei angesichts der globalen Wettbewerbssituation ein „notwendiger Schritt“: Insbesondere asiatische Hersteller von Pflanzenschutzmittel-Generika haben demnach in den vergangenen Jahren große Überkapazitäten aufgebaut und drängten mit bleibenden Niedrigstpreisen in den Markt. Die Verkaufspreise lägen teilweise sogar unter den Herstellungskosten von Pflanzenschutzmitteln in Europa. Diese Situation würde durch zunehmende regulatorische Beschränkungen und nationale Exporthemmnisse noch weiter verschärft.
Diese Maßnahmen sind in Höchst geplant
Um sich von den asiatischen Generika-Herstellern abzusetzen, wolle sich Bayer in Zukunft stärker auf „innovative Technologien und Produkte“ fokussieren. Diese Umstellungen hätten zur Folge, dass das Unternehmen die Aktivitäten in Frankfurt am Main ab 2029 nicht fortführen werde. An dem Standort im Industriepark im Stadtteil Höchst betreibt Bayer sowohl Produktionskapazitäten für Herbizidwirkstoffe und -formulierungen als auch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort beschäftigt.
Die Arbeitsplätze sollen laut Bayer aber „nicht alle ersatzlos“ wegfallen: Für Teile der Produktionsaktivitäten solle ein Käufer gefunden werden, andere sollen auf die Bayer-Standorte in Dormagen und Knapsack übergehen oder ins europäische Formuliernetzwerk übergehen. Ähnlich sieht es für diese bisherige Forschung und Entwicklung am Standort Frankfurt aus. Zumindest die „essenziellen Aktivitäten“ sollen an den Hauptstandort in Monheim am Rhein verlagert werden, wo sich bereits die Forschung und Entwicklung für Insektizide befindet und wo Bayer vor zwei Jahren ein großes Bauprojekt gestartet hat.
Für die betroffenen Mitarbeitet in Frankfurt suche das Unternehmen nun „tragfähige Lösungen“, man sei sich seiner Verantwortung bewusst. „Die Kolleginnen und Kollegen sind hervorragend ausgebildet und leisten sehr gute Arbeit, die Anlagen sind auf dem modernsten Stand. Wir hoffen deswegen, dass Teile der Produktionsaktivitäten mit einem neuen Eigner fortgeführt werden können“, sagt Frank Terhorst, Leiter Strategie und Nachhaltigkeit der Division Crop Science.
Auch Standort Dormagen betroffen
Auch Standort Dormagen, der Bayer-Produktionsstätte mit dem größten Portfolio an Wirkstoffen und Pflanzenschutzmitteln, ist von den Maßnahmen betroffen. Hier will sich Bayer aber nicht komplett zurückziehen, sondern es mit der Ausrichtung „auf innovative und strategische Technologien und Produkte“ versuchen, mit denen sich der Hersteller vom asiatischen Wettbewerb differenzieren könne.

Die Produktion verschiedener generischer Pflanzenschutzwirkstoffe sowie der angeschlossenen Formulierungen werde jedoch auch hier beendet. Die Umstellungen sollen schrittweise bis Ende 2028 umgesetzt werden. Rund 200 Stellen von den knapp 1.200 am Standort sind laut den aktuellen Planungen betroffen. „Durch die Umstrukturierung richten wir den Standort Dormagen so aus, dass er auch in Zukunft weiter eine führende Rolle im globalen Produktionsnetzwerk von Bayer spielen kann. Auch für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen in Dormagen arbeiten wir mit den Arbeitnehmervertretungen an sozialverträglichen Lösungen“, erklärte Strategiechef Terhorst.
Folge eines „aussichtslosen Preiskampfs“
Die Maßnahmen in Frankfurt und Dormagen seien „schwierige Entscheidungen, die schmerzhaft für viele Kolleginnen und Kollegen sind“, sie seien aber „dringend notwendig“, so Terhorst. Ein Preiskampf mit den asiatischen Generika-Herstellern sei „aussichtlos“. „Wir bekennen uns ausdrücklich zum Standort Deutschland. Um diesem Bekenntnis in Zeiten erheblicher Herausforderungen gerecht zu werden, müssen wir uns jedoch neu ausrichten“, so Terhorst.
Die Chemiegewerkschaft IGBCE hat dagegen die Bayer-Pläne hart kritisiert: „Diese Schließungspläne sind eine Zäsur in der 162-jährigen Konzerngeschichte und stehen im Widerspruch zum erklärten Bayer-Bekenntnis zum Heimatstandort Deutschland. Hier soll ein moderner, zukunftsfähiger Standort abgewickelt werden – und das, obwohl er gerade erst bedeutende Aufträge akquiriert hat und mit seinen Forschungsergebnissen maßgeblich zum nachhaltigen Unternehmenserfolg beiträgt. Das ist inakzeptabel,“ erklärte Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands.
Bayer ist nicht der erste Chemiekonzern, der derzeit Anlagen und Standorte in Deutschland schließt. Auch der Ludwigshafener Konkurrent BASF beispielsweise hat in den vergangenen beiden Jahren Produktionskapazitäten zurückgefahren – unter anderem auch in der Düngemittel- und Pflanzenschutz-Produktion. Eine Übersicht über die aktuellen Anlagenschließungen finden Sie hier: