
Nach "zähem Ringen" haben sich BAVC und IGBCE am Ende doch geeinigt. (Bild: BAVC)
Die Einigung erfolgte in der dritten Verhandlungsrunde und nur wenige Tage vor dem Ablauf der Friedenspflicht. Ab Juli wären im Tarifkonflikt auch Streiks möglich gewesen. Die Entgelterhöhung erfolgt in zwei Schritten: Ab 1. September 2024 erhalten die Beschäftigten zunächst 2,0 % mehr Geld, weitere 4,85 % gibt es ab 1. April 2025. Die Laufzeit beträgt 20 Monate.
Bei der Einigung handelt es sich um einen Kompromiss. Die Gewerkschaft konnte ihre Forderung von 7 % mehr Geld beinahe erreichen, die Arbeitgeber wiederum erhalten angesichts der konjunkturellen Situation zunächst noch ein wenig „Luft“ sowie Planungssicherheit bis ins Jahr 2026 hinein.
Ein besonderes Plus konnte die Gewerkschaft darüber hinaus noch exklusiv für ihre eigenen Mitglieder erreichen: Tarifbeschäftigte IGBCE-Mitglieder erhalten künftig einen freien Tag im Jahr zusätzlich. Eine solche Vorteilsregelung sei in einem großen Flächentarifvertrag „ein bundesweites Novum“, so die Gewerkschaft. Ziel ist es die Tarifbindung und Mitgliedschaft zu erhöhen.
Beide Seiten zeigen sich zufrieden
„Beide Verhandlungsseiten haben sich nichts geschenkt. Aber am Ende steht ein Ergebnis, mit dem die Chemie-Sozialpartner die Talfahrt bei den Reallöhnen stoppen und die Tarifbindung stärken“, erklärte der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis.
Auch die Arbeitgeberseite zeigte sich letztendlich zufrieden mit dem Ergebnis: „Wir haben eine sehr schwierige Tarifrunde in der dritten bundesweiten Verhandlung gemeinsam abschließen können“, kommentierte BAVC-Präsidentin Katja Scharpwinkel. „Für diesen hart erarbeiteten Kompromiss mussten sich beide Seiten erheblich aufeinander zubewegen. Aber es wird deutlich, was wir durch eine gute Sozialpartnerschaft auch unter schwierigen Rahmenbedingungen leisten können.“ Darauf könne man nun aufbauen, „um die Transformation zu einer nachhaltigen Chemie-Industrie erfolgreich zu gestalten.“
Die Einigung auf einen Blick
- Einkommensplus: Die Entgelte und Ausbildungsvergütungen steigen in zwei Stufen. Im laufenden Jahr 2024 erhalten die Beschäftigten ab September 2 % mehr. Ab April 2025 steigen die Einkommen um nochmals 4,85 %. Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten können die zweite Stufe um maximal drei Monate verschieben.
- Ein freier Tag für IGBCE-Mitglieder: Erstmals umfasst ein großer Flächentarifvertrag eine Vorteilsregelung für Gewerkschaftsmitglieder. Sie erhalten von 2025 an einen zusätzlichen freien Tag, über den sie frei verfügen können. In Jahren mit Mitgliedsjubiläum sind es zwei freie Tage. Diese Regelung ist verbunden mit dem klaren Commitment der Arbeitgeber, sie ausschließlich auf IGBCE-Mitglieder anzuwenden. Den freien Tag erhalten alle nach Tarifvertrag beschäftigten aktiven Mitglieder, die länger als drei Monate in der IGBCE organisiert sind, als Ausgleich für ihr gewerkschaftliches Engagement. Sie müssen ihre Mitgliedschaft dazu beim Arbeitgeber nachweisen.
- Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags: Höhergruppierungen und Vertretungsregelungen werden finanziell attraktiver gestaltet. Gleichzeitig bekennen sich beide Seiten dazu, in den kommenden Monaten den BETV nachhaltig weiterentwickeln zu wollen. Unter anderem sollen die Aufstiegschancen in den niedrigeren Entgeltgruppen verbessert und Unterschiede in den Entgelthöhen zwischen kaufmännischen, technischen und Meistertätigkeiten abgebaut werden. Ziel der Modernisierung ist es, den Beschäftigten bessere Jobperspektiven zu geben und die Branche als Arbeitgeberin attraktiver zu machen.
- „Fachkräfteradar“ zur Beschäftigungssicherung: Mit einem neuen Instrument wollen die Chemie-Sozialpartner Arbeitslosigkeit vermeiden und Fachkräfte in der Branche halten. Beschäftigte, deren Arbeitsplatz durch Jobabbau oder Standortschließungen gefährdet ist, sollen innerhalb der Branche weitervermittelt werden. Dazu schaffen die Tarifparteien gemeinsam mit einem externen Partner eine branchenweite Plattform, die aus dem Unterstützungsfonds der chemischen Industrie (UCI) finanziert wird.
Wie kam diese Einigung zu Stande? Die Entwicklung der Tarifverhandlungen seit Januar 2024 können Sie in unserem Tarifblog nachverfolgen: